Fast 100 Onlinekonten besitzt der Durchschnittsbürger in Deutschland, in anderen Ländern sind es noch mehr. Weil sich kaum jemand sichere Passwörter für so viele Accounts merken kann, nutzen viele Anwender die Single-Sign-on-Dienste von Facebook und Google. Das ist zwar bequem, doch dabei sammeln die US-Firmen zusätzliche persönliche Daten. Dem will ein Konsortium deutscher Unternehmen nun einen eigenen Log-in-Dienst entgegenstellen, der wie der von Facebook und Google arbeitet, aber vertrauenswürdiger sein und mehr Funktionen bieten soll. Über Verimi , so der Projektname von Allianz, Deutscher Bank, Telekom, Lufthansa und weiteren Firmen, kann man sich nach einmaliger Registrierung bei Shops, Behörden und Firmen ohne zusätzliche neue Passwörter einloggen. Verimi wirbt mit europäischem Datenschutz sowie dem Versprechen, dass die Nutzer bestimmen können, welche Daten an wen übertragen und genutzt werden dürfen. Ferner könnten die Daten jederzeit angepasst und wieder gelöscht werden. Außerdem bietet Verimi mit der Personen- und Ausweiskontrolle per WebID-Videoüberprüfung ein rechtssicheres Verfahren, wenn man später online beispielsweise auch ein Bankkonto eröffnen, ein Behördenportal nutzen und Ähnliches erledigen möchte, ohne das WebID-Verfahren erneut zu starten.
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Mühsamer Start, kaum Partner
Am Anfang steht die Registrierung, die mit der Eingabe sämtlicher persönlicher und der Personalausweisdaten, der Einrichtung der Zwei-Faktor-Authentifizierung sowie der einmaligen WebID-Identifizierung rund 20 Minuten in Anspruch nimmt. Dagegen sind die Möglichkeiten enttäuschend, denn zum Start unterstützen gerade einmal drei Unternehmen und die Bundesdruckerei den neuen Dienst. Unverständlich ist insbesondere, dass das Single-Sign-on in der Verimi-App beziehungsweise über die Webseite nicht einmal bei allen Partnern möglich ist. Hier muss Verimi schleunigst nachlegen, denn der Erfolg eines zentralen Login-Portals steht und fällt mit der Zahl und Auswahl der Kooperationspartner.
Quam, Joyn, Paydirekt, Tolino & Co.
Der neue Log-in-Dienst Verimi ist nicht der erste Versuch deutscher Firmen, der etablierten Konkurrenz einen eigenen Service entgegenzustellen. Gescheitert ist Quam 2001 mit dem Versuch, in Deutschland beim Mobilfunk einen fünften Netzanbieter zu etablieren. Ebenso erging es Joyn: Der Dienst sollte als multimedialer SMS-Nachfolger mit Whatsapp konkurrieren. Außerdem stellte die Deutsche Telekom ihre Bezahl-App Mywallet ein; Vodafone gibt seine digitale Geldbörse jetzt im Juni auf.
Über den deutschen, 2015 gestarteten Paypal-Konkurrenten Paydirekt lässt sich noch kein abschließendes Urteil abgeben. Allerdings kann man mit Paydirekt nur in den wenigsten der 1000 führenden Online-Shops zahlen. Ein schlagender Erfolg dagegen ist der deutsche E-Book-Reader Tolino. 2012 gegründet, sind die Tolino-Lesegeräte in Deutschland inzwischen ähnlich beliebt wie die Kindle-Reader von Amazon.