Containerformate haben Konjunktur. Sie bieten distributionsunabhängige Software, umgehen das Problem der Paketabhängigkeiten und erlauben den portablen Einsatz der Software. Gegenüber den technisch aufwendigeren Techniken Snap, Flatpak und Docker haben hier die Appimages einen entscheidenden Vorteil: Auf dem Zielrechner ist keinerlei Werkzeug erforderlich – keine Laufzeitumgebung, kein Paketwerkzeug. Die Images werden einfach heruntergeladen, ausführbar geschaltet und – laufen. Da Appimages keine Sandbox-Isolation (wie Docker & Co.) gegenüber dem übrigen System gewährleisten, wird der Einsatz allerdings zur Vertrauensfrage – ganz ähnlich zu Windows. Wer sich an die vertrauenswürdigen Quellen hält, hat jedoch eine überaus komfortable Technik an der Hand, seine Softwareausstattung zu ergänzen oder gezielt auf den portablen Einsatz auszurichten.
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Das Appimage-Format
Appimages gehen auf das schon 2004 geschaffene Format „klik“ zurück. Über dessen Folgeprojekt „Portable Linux Apps“ erhielt die Weiterentwicklung 2013 die Bezeichnung „Appimage“. Es gilt das Prinzip „1 app = 1 file“. Typischerweise hat diese eine Containerdatei die Endung „.appimage“ oder nur „.app“. Dies dient nur der Erkennung für den Nutzer, technisch ist die Endung bedeutungslos und kann nach dem Download auch gelöscht werden. Die Containerdatei enthält neben dem eigentlichen Programm alle notwendigen Komponenten und Bibliotheken. Beim Start durch Doppelklick entpackt ein Wrapper-Script zur Laufzeit zunächst alle Komponenten in ein Verzeichnis „/tmp/.mount […]“ und lädt dort dann das eigentliche Programm. Typischerweise erscheint die Software in Taskmanagern dann zweimal – eine Instanz für das eigentliche Programm, die zweite für den Start-Wrapper. Der gesamte Ladevorgang ist komplexer als bei einer nativ installierten Software, was sich aber auf modernen Rechnern allenfalls messbar, aber nicht spürbar auswirkt. Der autarke Container benötigt kein besonderes Ausgangverzeichnis, sondern ist an beliebiger Stelle, auch auf externen USB-Medien lauffähig.
Appimages in der Praxis

Die wichtigsten und vertrauenswürdigen Quellen für Appimages sind folgende: https://github.com/AppImage/AppImageKit/wiki/AppImages : Diese Liste wurde zwar inzwischen durch https://appimage.github.io/apps/ ersetzt, ist aber einfacher und übersichtlicher als ihr Nachfolger. Hier finden Sie namhafte Software wie Avidemux, Etcher, Gimp, Kdenlive, Krita, Openshot, Qupzilla, Scribus oder Xnview. Zum Download führt jeweils der Link „Releases“ neben dem Produktnamen und nachfolgend der Downloadlink mit der Extension „.App- Image“ im Dateinamen. https://bintray.com/probono/AppImages/ ist eine weitere große Fundgrube für Appimages unter anderem mit relativ aktuellen Browsern (Firefox, Chromium, Vivaldi) und viel Softwareprominenz wie Calibre, Clementine, Fritzing, Geany, Inkscape, Nightingale, Thunderbird, VLC, Wireshark. Nutzen Sie hier bei der jeweiligen Software den Link „Files“ und dort das Downloadangebot mit der Endung „.AppImage“. Hier lohnt es sich ferner, auf den Zeithinweis „Updated“ zu achten, um das möglichst aktuelle Image auszuwählen. Ergänzend kann das kleinere Angebot auf https://www.linux-appimages.org/ besucht werden. Es führt aber aktuell nur in Einzelfällen über den Umfang der beiden bereits genannten Quellen hinaus. Nach dem Download sollten Sie bei aller Portabilität des Pakets dieses in ein Verzeichnis verschieben, wo es dann voraussichtlich verbleiben wird. Das dient erstens der Ordnung und ist zweitens sogar notwendig, wenn Sie die spätere Option zur Systemintegration wahrnehmen wollen (siehe unten). Danach schalten Sie die Imagedatei ausführbar, entweder mit
chmod +x [name]
im Terminal oder über „Eigenschaften -> Zugriffsrechte“ im Dateimanager. Ab sofort ist die Software einsatzbereit. Beim ersten Start erscheint häufig die Abfrage „Would you like to integrate…“. Wenn Sie mit „Yes“ zustimmen, schreibt das Programm unter „/usr/share/app-install/desktop“ seine „.desktop“-Datei. Dies führt dazu, dass es künftig im Startmenü oder Such-Dash des Systems auftaucht, außerdem im „Öffnen mit“-Dialog des Dateimanagers, was die Verknüpfung mit Dateitypen erlaubt. Kurz: Das portable Programm ist damit praktisch wie eine echt installierte Software in das System integriert.
Siehe auch: Diese Linux Software sollte auf Ihrem PC nicht fehlen

Beachten Sie ferner, dass die Imagesoftware selbst zwar „readonly“ ist, aber durchaus anpassungsfähig, da sie die Einstellungen im Home-Verzeichnis des Benutzers unter „~/.config/[Software]“, zum Teil auch direkt unter „~/.[Software]“ speichert. Das gewährleistet eine weitestgehend normale Nutzung. Ein Chromium-Appimage kann also durchaus Designs integrieren, eine Software wie Openshot kann wie gewohnt individuell eingerichtet werden. Die „Deinstallation“ ist natürlich ebenso einfach: Es genügt, die Appimage-Datei auf Dateiebene manuell zu löschen, gegebenenfalls auch noch den Konfigurationsordner unter „~/.config“. Da Appimages nicht updatefähig sind, sind sicherheitskritische Programme wie Browser und Mail nicht unbedingt erste Kandidaten. Einschlägig sind hingegen Tools wie Avidemux, Etcher, Krita, Openshot, Xnview, die man immer wieder mal und eventuell auf verschiedenen Linux-Systemen benötigt.
Appimages: Vorteile und Nachteile
+ universelles, distributionsunabhängiges Format: Appimages laufen auf den allermeisten
Linux-Distributionen
+ keine Installation, keine Paketabhängigkeiten
+ keine root-Rechte erforderlich, da keine Systemdateien berührt werden
+ eine Software = eine einzige Datei: läuft portabel aus jedem Ordner – auch von
USB oder DVD
+ Appimages erlauben die Verwendung verschiedener Versionen nebeneinander
+ simple „Deinstallation“ durch Löschen der Appimage-Datei
+ individuelle Einstellungen durch Konfigurationsdateien unter „~/.config/[Software]“
oder „~/.[Software]“
+ optionale Systemintegration (Menü, „Öffnen mit“-Dialog) durch „.desktop“-Datei
– Appimages sind „readonly“ und folglich nicht updatefähig
– Appimage bieten keine Sandbox-Isolation
– Appimages stammen ohne Drittkontrolle direkt vom Softwareentwickler