Mit der zunehmenden Verbreitung von Assistenzsystemen wird deren Bedeutung beim Gebrauchtwagenkauf immer wichtiger. Wir haben zusammen mit der Dekra einige Tipps zusammengestellt, worauf Gebrauchtwagenkäufer in Zusammenhang mit lebensrettender Elektronik achten sollten.
Zunächst einmal gilt: Wer ein Fahrzeug mit modernen Sicherheitssystemen nutzt, kann das Unfall- und Verletzungsrisiko stark verringern. Ein elektronischer Notbrems-Assistent und weitere Fahrer-Assistenzsysteme im Auto sind unter dem Gesichtspunkt Sicherheit also wichtiger als Offroad-Optik, Metallic-Lackierung oder Konnektivität zum Smartphone. Zumal gerade letzteres – nämlich die Smartphone-Verwendung im Auto – in vielen Fällen überhaupt erst einen Unfall verursacht. ESP sollte vorhanden sein Das Antiblockiersystem ABS ist mittlerweile selbstverständlich, aber auch das Elektronische Stabilitätsprogramm ESP/ESC (je nach Auto-Hersteller zum Beispiel auch als DSC oder VCS bezeichnet) gehört mittlerweile selbst bei Klein- und Kleinstwagen zur Serienausstattung. ESP kann im Rahmen des physikalisch Möglichen ein Ausbrechen und Schleudern des Fahrzeugs verhindern. Gebrauchtwagenkäufer sollten deshalb darauf achten, dass ESP im gewünschten Fahrzeug – zum Fertigungstermin des gebrauchten Wagens eventuell nur als aufpreispflichtiges Extra erhältlich – verbaut ist.
Laut Dekra rechnen Unfallforscher mit jährlich 5.000 Verkehrstoten weniger in der Europäischen Union, nachdem im Jahr 2014 elektronische Fahrdynamik-Regelsysteme wie ESP für alle Fahrzeuge sowie Notbrems- und Spurhalte-Warnsysteme für Lkw und Busse verpflichtend eingeführt wurden. Vor dem Jahr 2014 zugelassene Fahrzeuge haben zumindest in den unteren Fahrzeugklassen nicht automatisch eine Fahrdynamik-Regelung, sprich ESP oder ESC, an Bord. Bei Neuwagen, die reimportiert wurden, ist darauf zu achten, dass der günstigere Preis nicht mit einem niedrigeren Sicherheitsstandard erkauft wird.
Airbags
Achten Sie auf eine möglichst umfangreiche Airbag-Ausstattung im Gebrauchten. Es sollten also nicht nur Front-Airbags für Fahrer und Beifahrer, sondern auch Seiten- und Kopf-Airbags sowie vielleicht sogar noch Knie-Airbags verbaut sein. Während der Probefahrt sollte nicht die Airbag-Kontrollleuchte an sein – denn dann ist ein Airbag fehlerhaft und funktioniert nicht.
Notbremssysteme
Ein noch relativ junges Feature, dafür aber umso wichtiger, sind die Kollisionswarner oder aktiven Notbrems-Systeme – letztere warnen nicht nur optisch und akustisch vor einem Unfall, sondern können das Fahrzeug sogar selbstständig abbremsen. Diese Systeme können einen Unfall ganz verhindern oder zumindest dessen Schäden reduzieren. In Klein- und Kleinstwagen, deren hauptsächlicher Einsatzraum die Stadt ist, sind zumindest oft City-Notbrems-Assistenten erhältlich, die wenigstens bei niedrigeren Geschwindigkeiten Unfälle vermeiden helfen sollen.
Da die Leistungsfähigkeit der Notbrems-Systeme aber stark von der Modellgeneration und dem Hersteller abhängt, sollte man sich die Ausstattungspakete der in Frage kommenden Modelle genau anschauen. In der Regel sind in neueren Modellreihen modernere Assistenzsysteme verfügbar.
Sonstige Sicherheitssysteme
Müdigkeitswarner, Fernlicht-Assistent, adaptiver Tempomat und Tempolimit-Anzeige, vielleicht auch noch Spurhaltesysteme oder Spurwechsel-Assistenten können ebenfalls dazu beitragen, dass ein Unfall nicht passiert. Allerdings schwankt nach unseren Erfahrungen die Leistungsfähigkeit gerade der Spurwechsel-Assistenten erheblich. Informieren Sie sich hier in Foren über deren Zuverlässigkeit, bevor Sie einen Wagen mit einem Spurwechsel-Assistenten erwerben, der durch falschen Daueralarm nervt und deshalb bald vom Fahrer abgeschaltet wird (wir hatten einen derart unbrauchbaren Spurwechsel-Assistenten in einem nagelneuen Testwagen).
Ganz wichtig: Funktionieren die Systeme auch tatsächlich?
Die Käufer eines älteren Gebrauchtwagens sollten darauf achten, ob die angegebenen Sicherheitssysteme tatsächlich vorhanden sind und auch funktionieren. Bei Untersuchungen der Dekra stellte sich heraus, dass mit zunehmendem Fahrzeugalter Mängel deutlich häufiger werden. Im Durchschnitt bei mehr als jedem zehnten Fahrzeug zwischen drei und acht Jahren waren ESP/ASR-System, Airbag oder Antiblockier-System nicht in Ordnung.
Ob die Systeme richtig arbeiten, können Werkstätten und Sachverständige häufig mit einem speziellen System-Check ermitteln, der versteckte Mängel an der Elektronik aufspürt, unter Umständen hohe Folgekosten, und noch wichtiger, Einbußen bei der Sicherheit vermeidet, wie die Dekra warnt.
Crashtest-Ergebnisse
Beim Gebrauchtwagenkauf sollten natürlich auch die Ergebnisse der verschiedenen Crashtest-Verfahren berücksichtigt werden. Für in Deutschland verkaufte Fahrzeuge ist EuroNCAP zuständig. Allerdings sind die EuroNCAP-Bewertungen mit Vorsicht zu genießen. Die neuen Testkriterien berücksichtigen bei der Sternevergabe auch die aktive Sicherheit. Diese hilft im Falle eines Unfalls aber nichts. Achten Sie in den EuroNCAP-Berichten also auch gezielt auf die angegebenen Belastungswerte für die Insassen und auf die Hinweise zur Verformung der Fahrgastzelle und zu eventuell erhöhten Verletzungsrisiken. Nur diese Aspekte zählen bei einem Zusammenstoß.
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