Populär wurde die Blockchain ursprünglich, weil sie die Basistechnologie für den Bitcoin und andere sogenannte Kryptowährungen ist. Und der Kurs des Bitcoins stieg 2017 von einem Allzeithoch zum nächsten – auch wenn immer wieder Kurskorrekturen stattfanden (Wechselkurs am 12.11.2017: 1 Bitcoin = 5.411,55 Euro).
Mittlerweile wird aber auch deutlich, dass die Blockchain-Technologie für Anwendungsfelder jenseits des Finanzsektors erhebliche, teilweise disruptive Potenziale bietet. So wird diese Technik auch gern als die Meta-Ebene des Internets bezeichnet ( vgl. Mougayar, William, S. 11 ). Entsprechend entstand innerhalb kürzester Zeit eine vitale Gründerszene, die dynamisch darangeht, neue Use Cases zur Marktreife zu bringen.
Zum Hintergrund: Im Jahr 2008 schuf Satoshi Nakamoto die digitale Währung „Bitcoin“ und machte damit die dahinterstehende Technologie namens Blockchain populär ( vgl. Nakamoto, Satoshi: Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System ). Seitdem hat die Blockchain-Technologie die Grenzen des Finanzsektors übersprungen und mit ihrem Einzug in die digitale, aber auch reale Wirtschaft begonnen.
Bei der Blockchain-Technologie handelt es sich vereinfacht gesagt um eine gigantische, verschlüsselte Textdatei, die sämtliche in ihr getätigte Transaktionen abspeichert. Die Blockchain-Technologie ist daher zunächst eine große, jedoch dezentrale Datenbank – man spricht auch von der Distributed Ledger Technology (DLT), um die Assoziation zu digitalen Währungen zu mindern. Es handelt sich bei dieser Technologie um eine sogenannte Open-Source-Software, die von jedermann eingesehen und genutzt werden kann. Darüber hinaus ist es ein Peer-2-Peer-Netzwerk, das die derzeit bekannte Funktion von klassischen Intermediären (Vermittler) in Frage stellt.
Beispielsweise ist eine Bank ein Intermediär, der sämtliche Transaktionen durchführt. Im Gegensatz dazu wird beim Peer-2-Peer-Ansatz die Kommunikation / Transaktion unter Gleichen durch- und ausgeführt, da die Protagonisten gleichberechtigt sind und sowohl Dienste in Anspruch nehmen als auch entsprechende Dienste anbieten.
Zu den Besonderheiten, die die Technik bzw. diese Datenbank auszeichnet, gehört, dass man eine valide Transaktion nicht rückgängig machen kann, sämtliche Transaktionen transparent und schnell sind, keine zentrale Instanz benötigt wird und alle Transaktionen durch kryptografische Verschlüsselung sicher sind.
Bei Transaktionen, die mittels Blockchain-Technologie abgewickelt werden können, kann es sich praktisch um jede Form der Übertragung handeln. Ein Geldbetrag kann ebenso übertragen werden wie Rechte (Musik, sonstige Künstlerrechte, Eigentumsrechte usw.), Informationen etc. Hierzu werden die Transaktionen über kryptografische Verfahren verschlüsselt, aneinandergereiht und in Blöcken gespeichert, so dass die Originalnachricht nur noch als ein stark verkleinerter Zahlenwert (Hash-Wert) erscheint.
Lesetipp: Wir und die Blockchain
Die Technologie ist in dieser Form neu, und gleichzeitig wird ihr das Potenzial zugestanden, unsere uns bekannte Welt auf den Kopf zu stellen. Sie bringt große Veränderungen in der Art und Weise, wie die Welt Vertrauen, Sicherheit und den Schutz des geistigen Eigentums betrachtet bzw. sichert. Mittels Blockchain-Technologie lassen sich prinzipiell alle Produkte schützen, die man online verkaufen oder übertragen kann. Diese Technologie ist somit in den Fokus vieler Marktteilnehmer gerückt, und neue Business-Modelle beginnen, die Digitalisierung neu zu definieren.
Lesetipp: Digitale Identität in der Blockchain verwalten
Jedoch lassen sich diese zum Teil ungewöhnlichen Geschäftsmodelle nicht immer klassisch finanzieren. Und auch hier hat sich die Blockchain-Community erlaubt, herkömmliche Denk- und Finanzierungsstrukturen aufzubrechen.
Initial Coin Offering (ICO)
Initial Coin Offerings (ICOs) ist ein neuer Finanzierungsmechanismus auf der Grundlage von Kryptowährungen. Es handelt sich hier um einen virtuellen Börsengang im Gegensatz zum Initial Public Offering (IPO), mit dem Unternehmen nach intensiver Prüfung erstmalig ihre Aktien dem Kapitalmarkt anbieten. Auch wenn die Begriffe einander ähneln, so ist ein ICO rechtlich und finanztechnisch nicht mit einer Aktienemission vergleichbar. Traditionelle Finanzierungsmechanismen wie Venture Capital verlieren an Zuspruch, da es vermeintlich viel einfacher ist, über einen ICO Kapital als Startup einzusammeln. Allein in 2017 wurden hunderte von Millionen so eingesammelt, teilweise im Minutentakt.
Mittlerweile warnen viele Stimmen vor einem Investment dieser Art, so auch die BaFin am 09.11.2017 .
Zum Vergleich: Bei einem sogenannten Initial Public Offering werden Unternehmensanteile zum Kauf angeboten. Ein Erwerber dieser Anteile wird Aktionär, also Miteigentümer am Unternehmen. Als Aktionär ist man damit am Unternehmenserfolg (oder –verlust) beteiligt, dem Unternehmen wird frisches Kapital zugeführt.
Bevor ein Unternehmen jedoch die Anteile erstmalig zum Verkauf anbieten kann, muss es ein standardisiertes Verfahren durchlaufen. Dazu gehört neben der Auswahl der begleitenden Banken (sogenannte Emissionsbanken) das Erstellen eines Emissionsprospektes. Um diesen erstellen zu können, wird das potenziell emittierende Unternehmen mittels eines Börse-Reifetests auf „Herz und Nieren“ geprüft (beispielsweise Zusammenfassung der internen Unternehmensdaten, Unternehmensbewertungen nach verschiedenen Methoden, Peer-Group-Vergleich, Branchen-, Produkt- und Wettbewerbsanalyse etc.).
Darüber hinaus gibt eine Due Diligence Aufschluss über die rechtlichen, wirtschaftlichen und organisatorischen Gegebenheiten des Unternehmens. Alle Analysen und Erkenntnisse werden schließlich im Emissionsprospekt aufgeführt, der den Vorgaben der Regelwerke entsprechen muss. Zusätzlich müssen jährliche Hauptversammlungen veranstaltet werden, um den Aktionären gegenüber Rechenschaft abzulegen. Insgesamt ist dieser Prozess lang und kostenintensiv ( vgl. z.B. Berk / DeMarzo, S. 684 ff).
Die nunmehr in 2017 stark von sich Reden machenden ICOs haben (bisher) kein verbindliches Regelwerk als Vorgabe, an die sich ein Emittent zwingend halten muss. Auch hier sammeln die Unternehmen (üblicherweise Startups, die den herkömmlichen Kapitalmarkt umgehen) Kapital ein, um ihre Geschäftsidee samt zukünftiger Produkte weiter zu entwickeln.
Während beim vorher beschriebenen IPO Unternehmensanteile erworben werden können, sind es beim ICO sogenannte Token, die sich entweder auf eine zum ICO herausgebrachte eigene digitale Währung oder auf Eigentumsrechte (ähnlich wie beim IPO) beziehen können. Diese Tokens werden gegen offizielle Währungen zum Kauf angeboten und können ebenfalls gehandelt werden, wenngleich derzeit kein richtig funktionierender Zweitmarkt existiert.
Grundsätzlich ermöglicht dieser frühzeitige Erwerb einer Kryptowährung die Chance auf hohe Gewinne – wenn, ja wenn das entsprechende Produkt ein Erfolg wird. Im Falle eines Scheiterns wird sich kein Käufer für den entsprechenden Token finden lassen, und damit wäre das Investment ein Totalausfall.
Trotz der vorhandenen Risiken vergeht derzeit kein Tag, an dem nicht irgendwo weltweit ein hippes Startup ankündigt, seinen ICO durchzuführen. Es werden teilweise im Minutentakt Millionen eingesammelt und gegen entsprechende Tokens umgetauscht.

©Statista
Mehr Informationen zur Grafik finden Sie unter de.statista.com
Fazit
Das ICO-Konzept ist einfach, genial und konsequent, wenn es darum geht, den klassischen Kapitalmarkt mit samt seinen Intermediären zu umgehen. Gleichzeitig ist das Konzept aber auch extrem anfällig, da man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass eine Vielzahl an ICOs darauf abzielen, die Initiatoren sehr reich zu machen und weniger, ein hervorragendes Projekt auf den Markt zu bringen.
Daher erscheint die Warnung der BaFin sehr berechtigt, dass Investoren sich zumindest darüber im Klaren sein müssen, dass sie einen Totalverlust erleiden können.
Die Kehrseite darf man jedoch auch nicht übersehen – und das sind dann zum Teil fantastische Gewinne.
Daher wird dieses neue – auch und gerade wegen der Blockchain-Technologie mögliche – Investmenttool noch viele spannende Stories liefern.