„Kein Glück mit der Software Limux“ – so überschreibt der Bund der Steuerzahler seine Kritik an dem mehrfachen Betriebssystemwechsel der Stadt München. 19,1 Millionen Euro kostete laut Bund der Steuerzahler seinerzeit der Wechsel von den veralteten Windows-Versionen zu Linux. Durch den Wechsel auf das quelloffene Linux mit Openoffice als Bürosuite wollte München unabhängiger von großen IT-Unternehmen wie Microsoft werden und Lizenz- und Hardwarekosten sparen.
München sei damals davon ausgegangen, so der Steuerzahler-Bund, dass „der mit ‘Limux’ verfolgte Open-Source-Ansatz von mehreren Organisationen verfolgt werden würde, so dass sich das Betriebssystem Linux als ernstzunehmende Alternative zu Windows für Arbeitsplätze in größeren Organisationen entwickeln würde. Doch leider kam es anders als gedacht.“
Der Bund der Steuerzahler zitiert einen namentlich nicht genannten Vertreter der Stadt München folgendermaßen: „Heute sind wir mit einer vornehmlich auf Linux ausgerichteten Client-Landschaft in vielen Fällen mit teilweise großen Schwierigkeiten und zusätzlichen Kosten konfrontiert, wenn es darum geht, professionelle Anwendungssoftware am Markt zu erwerben und zu betreiben. Wir sind bereits seit Jahren gezwungen, neben den Linux-Systemen auch Windows-Systeme zu verwenden, da wir anderweitig unsere Geschäftsprozesse nicht geeignet unterstützen können. Auf Dauer führt dieser Zustand dazu, dass der Betrieb der nicht einheitlichen Client-Landschaft nicht mehr kosteneffizient gestaltet werden kann“.
Der Münchner Stadtrat beschloss daher im Februar 2017 „eine Neuorganisation der eigenen IT und die Gründung eines neuen IT-Referats“. Die Verwaltung soll ein Konzept erstellen, „wie auf Basis eines neu zu entwickelnden Windows-Clients eine stadtweit einheitliche Client-Architektur geschaffen werden kann“. Diese Konzepterstellung läuft derzeit, der Münchner Stadtrat will sich im November 2017 mit der Neuorganisation der städtischen IT befassen.
Der Bund der Steuerzahler zieht dieses Fazit: „Das rund 19 Millionen Euro teure Limux-Betriebssystem hat sich offenbar als folgenschwere Fehlentscheidung erwiesen… Die nunmehr beabsichtigte Entwicklung eines neuen Windows-Basis-Clients für die Münchner Stadtverwaltung wird weitere Steuergelder in Millionenhöhe verschlingen.“
Oberflächliche Kritik
Der Bund der Steuerzahler lässt mit seiner Kritik aber einige wichtige Punkte unberücksichtigt: So sparte München seinerzeit viele Millionen Euro ein, weil es keine Lizenzen für Windows und Microsoft Office kaufen und weniger neue Hardware für das ressourcen-hungrige Windows anschaffen musste. Vor allem aber analysiert der Bund der Steuerzahler überhaupt nicht, warum die Linux-basierte IT-Infrastruktur nicht beibehalten wird und München stattdessen zu Windows zurückkehren will. Es fehlt jegliche technische Analyse im Bericht des Steuerzahler-Bundes, und der Steuerzahler-Bund geht auch mit keinem Wort auf die vermutlich politischen Gründe für den erneuten Umstieg von Linux zu München ein.
So lässt der Bund der Steuerzahler außer Acht, welche Bedeutung für die Wahl des künftigen Betriebssystems die Entscheidung von Microsoft haben könnte, seine Deutschland-Zentrale nach München zu verlegen und somit dort Steuern zu bezahlen… Außerdem geht der Bund der Steuerzahler nicht der Frage nach, wieso der Umstieg von Windows zu Linux in München scheitern soll, wenn andere Städte wie Schwäbisch-Hall den Wechsel durchaus erfolgreich stemmen.
Limux: So stieg München von Windows auf Linux um
Kurz nach dem Jahr 2000: Die vorhandene Software war veraltet, Münchens Stadtverwaltung brauchte ein neues Betriebssystem und neue Office-Anwendungen. Doch statt einfach auf die damals aktuelle Windows- und Microsoft-Office-Version upzugraden, evaluierte München den Umstieg auf Linux und Openoffice.org samt weiterer Open-Source-Software. München wollte unabhängig von dem IT-Giganten Microsoft werden und vor allem erhebliche Lizenzkosten sparen.
Der Umstieg lief unter den Stichworten Limux (ein Wortspiel aus Linux und München) und Wollmux – das neu zu entwickelnde Briefkopf- und Vorlagensystem. Rund 15.000 Desktop-Rechner in der Münchner Verwaltung sollten von der veralteten Windows-Version (ältere Versionen als das damals aktuelle Windows XP) auf Linux mit Openoffice.org (das später durch Libreoffice ersetzt wurde) umgestellt werden. Rund 2000 Rechner mit Windows 2000 blieben aber erst mal weiter im Einsatz, damit speziell für Windows programmierte Anwendungen weiter nutzbar blieben. . Die CSU bekämpfte den vom damaligen Münchner Oberbürgermeister Christian Ude vorangetriebenen Umstieg heftig. Auch Microsoft wehrte sich, der damalige Microsoft-Chef Steve Ballmer unterbrach extra seinen Ski-Urlaub und flog nach München , um Ude und die Münchner Verantwortlichen doch noch umzustimmen – vergebens.
Ab dem Jahr 2006 stellte die Landeshauptstadt München dann ihre Desktop-Rechner von Windows auf Linux um. Zwischendurch ging das Gerücht um, dass Ubuntu als Desktop-Client zum Einsatz kommen solle – das war aber ein Hoax. 2013 meldete München dann den Abschluss der Umstellung.
Doch immer wieder gab es Kritik an der verwendeten Anwendungssoftware. Denn für die speziellen Einsatzzwecke im Rathaus mussten viele Programme angepasst oder neu programmiert werden. Linux wurde immer mehr zum Sündenbock für IT-Probleme in der Landeshauptstadt. Kaum an der Macht, äußerten sich der neue OB Dieter Reiter und sein Stellvertreter Josef Schmid kritisch über Linux. Ganz offensichtlich betrieben sie den Rückumstieg auf Windows.
Im Jahr 2016 schloss Microsoft den Umzug seiner Deutschland-Zentrale von Unterschleißheim nach München ab. Seit 2016 wird das Deutschland-Geschäft von Microsoft also aus dem großen Neubau in der Parkstadt Schwabing im Norden von München direkt am Ende der Autobahn A9 aus gelenkt.
Tipp: Falls Sie wissen wollen, wie die Microsoft-Mitarbeiter zuvor viele Jahre lang in der alten Microsoft-Zentrale gearbeitet haben, so zeigt Ihnen das unsere Bildergalerie.