Die Projektseite https://ubuntumate.org von Ubuntu Mate nennt als Motto „For a retrospective future“. Das trifft den Kern der Distribution ganz gut: Das Bedienkonzept ist konservativ und vom alten Gnome-2-Desktop übernommen. Jedoch hat die Oberfläche so viel detaillierten Feinschliff erhalten, dass sie keineswegs angestaubt wirkt und außerdem hervorragend individualisierbar ist. Hinzu kommt eine für Einsteiger stimmige Softwarevorauswahl sowie eine „Software-Boutique“, die eine bequeme Installation populärer Linux-Programme bei der ersten Einrichtung per Klick im Willkommensbildschirm ermöglicht. Ubuntu Mate ist ohne jede Anpassung komplett und attraktiv für Linux-Neulinge, aber gleichzeitig bei Linux-Bastlern aufgrund seiner Flexibilität beliebt.
Universalsystem Ubuntu Mate
Ubuntu Mate hat geringe Hardwareanforderungen und kommt daher auch auf älteren Geräten flott voran. Aufgrund ihrer Allzwecktauglichkeit und Flexibilität ordnen wir die Distribution dennoch an dieser Stelle unter und nicht unter die Spezialisten für schwächere Hardware. Die 32-Bit-Ausführung belegt nur 250 bis 300 MB Speicher und somit ist der Betrieb schon mit einem GB RAM praktikabel. Generell arbeitet das System auch ohne 3D-fähigen Grafikchip und durch Aufräumarbeiten im Code haben sich auch die CPU-Anforderungen reduziert. Wenn allerdings eine leistungsfähige Grafikkarte von Intel, AMD oder Nvidia vorliegt, kann Ubuntu Mate diese sehr wohl nutzen: Aufwendige 3D-Effekte lassen sich mit einem Wechsel zum mitgelieferten Fenstermanager Compiz aktivieren. Den Wechsel erledigen Sie unter „System -> Steuerzentrale“ über den Punkt „Mate Tweak-> Fenster“. In der Drop-down-Liste können Sie im laufenden Betrieb auf „Compiz“ umschalten. Ebenso schnell kommen Sie hier auch wieder zum angestammten und anspruchslosen Marco-Fenstermanager zurück. Am Desktop bringt Ubuntu Mate alles mit, was man von einer Arbeitsumgebung erwartet. Menü, Systemleiste(n) und Konfigurationszentrale sind aufgeräumt und einfach zu bedienen, zudem reaktionsfreudig. Das bereits angesprochene Tool Mate Tweak bietet viele Optionen zur Anordnung der Desktopelemente. Hinzu kommt der richtig gute Dateimanager Caja, der gegenüber seinem Vorbild Nautilus einige Pluspunkte sammelt. Die Auswahl an vorinstallierten Programmen (Firefox, Libre Office, VLC, Rhythmbox) macht das System vom ersten Start an alltagstauglich. Ubuntu Mate können sie im Downloadbereich der Hauptseite herunterladen. Dort finden Sie eine 32- sowie eine 64-Bit- und eine ARMv7-Ausführung für den Raspberry.
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Praxistipps für die Mate-Oberfläche

Ubuntu Mate hat wie jedes Desktop-Linux eine Konfigurationszentrale, die sich hier „Steuerzentrale“ nennt und im Hauptmenü unter „System“ erscheint. Der Programmname lautet mate-control-center. Hier sind die typischen Applets zur Geräteeinrichtung (Bildschirm, Drucker), Systemaktualisierung, Benutzerverwaltung oder Sprachunterstützung zu finden. Die allermeisten Anpassungen des Desktops können Sie aber bei Mate praktisch durchgängig direkt und intuitiv über Kontextmenüs an den Elementen erledigen. In der Steuerzentrale gibt es unter „Erscheinungsbild -> Thema“ über ein Dutzend Themes für Fenster und Menüelemente. Das Untermenü „Anpassen“ erlaubt für jedes Schema noch Feineinstellungen zum Stil der Leiste, Farben, Mauszeiger und Symbole. Es empfiehlt sich, ein selbst zusammengestelltes und gelungenes Schema mittels „Speichern unter“ zu sichern, um bei misslungenen Änderungen wieder zur Vorlage zurückkehren zu können.

Systemleiste(n): Systemleisten sind an allen vier Bildschirmrändern möglich – in ganzer Länge oder auf den Inhalt gekürzt (ohne Option „Ausdehnen“). Alle optischen und inhaltlichen Optionen stehen nach Rechtsklick auf eine freie Leistenstelle über die Optionen „Zur Leiste hinzufügen“ und „Eigenschaften“ bereit. Ein neue Leiste erstellen Sie ebenfalls mit Rechtsklick auf eine bereits bestehende, indem Sie „Leiste anlegen“ wählen. Der kleine Dialog, den Sie über die „Eigenschaften“ starten, bietet alles zur Positionierung und Größe, zum Ausblendverhalten und zur optischen Verfeinerung. Über die Kontextoption „Zur Leiste hinzufügen“ können Sie die Leisten mit insgesamt 46 verschiedenen Modulen bestücken – zum Standard gehören „Herunterfahren“, die „Fensterliste“ der gestarteten Programme, das „Benachrichtigungsfeld“ mit Netzwerk- und Lautstärkeindikatoren, die Zeitanzeige und natürlich das Hauptmenü. Ein weiteres Leistenapplet „Arbeitsflächenumschalter“ ist nicht Standard, aber sehr zu empfehlen. Zwar ist der Wechsel zum nächsten virtuellen Desktop auch mit den Tastenkombinationen Strg-Alt-Cursor rechts/links möglich, die Miniübersicht im „Arbeitsflächenumschalter“ bietet aber visuelle Kontrolle und den Wechsel per Mausklick. Außerdem kann die Miniübersicht per Drag & Drop Programmfenster auf andere Desktops ziehen. Eine weitere wichtige Ergänzung beim Einsatz von virtuellen Arbeitsflächen ist eine Option des Applets Fensterliste: Die zeigt standardmäßig nur die Tasks der aktuellen Arbeitsfläche an, kann aber auch sämtliche Fenster aller Arbeitsflächen anbieten. Das lässt sich nach einem Rechtsklick auf den Anfasser links der Fensterliste über die „Eigenschaften“ einstellen.

Hauptmenü: Die Systemleiste nutzt standardmäßig von vier möglichen Menüapplets das großzügige „Advanced Mate Menu“. Es zeigt eine kategorisierte Liste der installierten Programme, unter „System“ Links zur Steuerzentrale und zum Terminal sowie „Abmelden“ und „Herunterfahren“, ferner Programmfavoriten und Ordnerfavoriten. Wer nicht alles im Hauptmenü sehen will, findet nach Rechtsklick und „Einstellungen“ minutiöse Anpassungsoptionen über Inhalt und Aussehen. Über die Registerkarte „Module“ können Sie das Menü stark reduzieren, indem Sie etwa „Orte“ (Verzeichnisse) oder „System“ ausblenden. An gleicher Stelle gibt es Transparenzeffekte, während auf der Registerkarte „Thema“ eigene Farbdefinitionen vorgesehen sind. Selbst das Menüsymbol und der Name lassen sich unter „Hauptknopf“ individuell bestimmen. Für das „Advanced Mate Menu“ gibt es außerdem einen Menüeditor (mozo), mit dem Sie das komplette Anwendungsmenü und dessen Kategorien inhaltlich bearbeiten, umsortieren oder ausmisten. Der Editor ist am schnellsten durch Rechtsklick auf das Menü und die Option „Menü bearbeiten“ zu erreichen.
Tipp: Die besten Linux-Distributionen für alte Hardware Desktop als Dateiablage: Anders als „moderne“ Oberflächen versteht Mate den Desktop als klassische Dateiablage. Der Rechtsklick am Desktop zeigt daher die Optionen „Ordner anlegen“ und „Starter anlegen“. Für einen Programmstarter müssen Sie nur einen Namen angeben und den Programmbefehl. Das passende Symbol für den Starter holt sich Mate automatisch. Zur Ausrichtung der Desktopsymbole verwenden Sie nach Rechtsklick die Option „Anordnung fixieren“. Wie fast bei jedem Desktop-Linux gibt es nach Rechtsklick auch das Angebot „Hintergrund des Schreibtischs ändern“.

Dateimanager Caja: Der Dateimanager hat diverse Anpassungsspezialitäten an Bord, die sein Vorbild Nautilus längst ausgemistet hat. Caja kann den Ordnerhintergrund einzelner oder aller Ordner verändern. Voraussetzung ist die Symbolansicht („Ansicht -> Symbole“) oder die Kompaktansicht. Die Listenansicht zeigt diese Gimmicks weder an, noch kann sie Änderungen übernehmen. Zum Ändern des Hintergrunds eines Ordners wählen Sie „Bearbeiten -> Hintergründe und Symbole“ und ziehen ein Muster oder eine Farbe auf den Ordner. Bei Verwendung der rechten Maustaste können Sie entscheiden, ob die Aktion nur für den einen Ordner oder generell gelten soll. Um eine Wahl wieder zu korrigieren, ziehen Sie den Eintrag „Zurücksetzen“. Die Navigationsspalte in Caja ist multifunktional und kann außer dem Standard „Orte“ jede Menge mehr. Das Drop-down-Menü über der Spalte zeigt unter anderem „Orte“, „Baum“, „Verlauf“, „Notizen“. Beachten Sie, dass sich „Notizen“ immer auf den aktuellen Ordner bezieht. Das eröffnet die Möglichkeit, Zusatzinformationen über den Status und Inhalt von Verzeichnissen abzulegen. Wenn für einen Ordner „Notizen“ existieren, erhält dessen Icon ein kleines Notizensymbol.
Alternative: Debian Mate
Viele populäre Desktopdistributionen wie etwa Linux Mint, Fedora oder Manjaro bieten auch eine Variante mit der Mate-Oberfläche. Wer ein mit Ubuntu Mate weitgehend identisch benutzbares System sucht, das noch etwas sparsamer sein soll als Ubuntu Mate, kann Debian Mate wählen (siehe Debian-Images ). Ein 32-Bit-Debian-Mate kommt schon mit gut 200 MB für System und Desktop aus und die Alltagsbenutzung unterscheidet sich kaum. Der Debian-Installer ist etwas spröder als jener von Ubuntu, aber auch für Einsteiger keine Hürde. Für Softwareinstallationen gibt es hier kein hübsches Software-Center, sondern nur Synaptic oder apt im Terminal. Die sonstigen Unterschiede sind überwiegend kosmetischer Natur: Ubuntu Mate ist ab Installation deutlich attraktiver voreingestellt, aber dies lässt sich durch manuelle Anpassung nicht vollständig, jedoch weitgehend ausgleichen.