Der Raspberry Pi 3 bringt eine 64-Bit-Architektur (ARMv8) mit. Die meisten Raspberry-Distributionen nutzen aber noch 32 Bit. Suse und Open Suse bieten inzwischen die ersten 64-Bit-Distributionen an. Von Open Suse gibt es genau genommen zwei Versionen: Die eine nennt sich „Leap“, die zweite „Tumbleweed“. Leap ist als stabil deklariert, während Tumbleweed sich als Rolling Release kontinuierlich erneuert.
Laut den Entwicklern kann es bei beiden Raspberry-Pi-Systemen Ecken und Kanten geben. Beide sollten aber alltagstauglich sein. Wir haben sowohl Leap als auch Tumbleweed ausprobiert und geben für die verschiedenen Systeme an den entsprechenden Stellen einige Hinweise. Da diverse Komponenten noch nicht funktionieren, ist beim Einsatz etwas Experimentierfreude Voraussetzung.
Hinweis: Open Suse 42.2 lässt sich auch auf einem Raspberry Pi 2 starten (ARMv7 mit 32 Bit). Im Abbild ist die 32-Bit-Version enthalten, die dort zum Einsatz kommt. Wir haben die Distribution auf einem Raspberry Pi 3 ausprobiert.
Die verschiedenen Systemabbilder
Auf der Downloadseite https://en.opensuse.org/HCL:Raspberry_Pi3 finden Sie mehrere Abbilder. Je-OS steht für „Just enough Operating System“. Es ist ein Minimalabbild mit dem Nötigsten inklusive Kernel. Alle anderen Varianten bringen eine grafische Oberfläche mit.
Wir haben uns die XFCE-Variante angesehen. Nach dem Download des gewünschten Abbilds schreiben Sie dieses auf eine Micro-SD-Karte. Die Open-Suse-Entwickler empfehlen xzcat und dd. Als root oder mit einem vorangestellten sudo führen Sie den folgenden Befehl aus:
xzcat [name].raw.xz | dd bs=4M of=/dev/sd[x] iflag=fullblock oflag=direct; sync
Für „[name]“ setzen Sie den Namen des Downloads ein, für „[x]“ die Kennung der SD-Karte. Stellen Sie mit lsblk sicher, den richtigen Datenträger zu beschreiben.
Wir empfehlen als Alternative den Einsatz von Etcher ( https://etcher.io/ ). Etcher kann mit den „raw.xz“-Dateien umgehen und verhindert versehentliches Überschreiben von Festplatten.
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Tumbleweed und Leap starten
Der erste Start dauert eine Weile, da die Partitionen und das System automatisch eingerichtet werden. Irgendwann scheint das Tumbleweed-System zu stoppen und Sie erhalten die Meldung „Reached Target Remote File System“. An dieser Stelle ist nicht so ganz offensichtlich, dass der Anwender nun die Spracheinstellungen vornehmen soll. Springen Sie am besten mit der Leertaste durch die Seiten. Verwenden Sie die Eingabetaste, um die Sprache auszuwählen.
Nach der Wahl der richtigen Nummer dauert der weitere Start noch eine Weile. Warten Sie einfach, bis der grafische Anmeldebildschirm erscheint. Die Anmeldedaten sind bei beiden Systemen der User „root“ und das Passwort „linux“.
Bei Open Suse Leap kann der erste Start zu einem Fehler führen, den Sie mit einem Neustart des Raspberry beantworten. Danach sollte sich nach einer Weile der Anmeldebildschirm zeigen. Bei Open Suse Leap sind keine Spracheinstellungen während des Bootvorgangs vorgesehen.
Das System konfigurieren
Sie werden feststellen, dass der Mechanismus unter Tumbleweed für die Spracheinstellung noch nicht richtig funktioniert. Die Sprache und Tastaturbelegung sind trotz der Einstellung beim Bootvorgang englisch und auch eine Umstellung auf Deutsch unter „openSUSE -> Settings -> YaST“ bringt nicht den gewünschten Erfolg. Nach einem Neustart sprechen dann zwar einige Komponenten Deutsch, die Tastaturbelegung bleibt aber weiter US-amerikanisch.

Bei Open Suse Leap besteht das gleiche Problem. Stellen Sie die Tastatur bei Tumbleweed allerdings am Anmeldebildschirm mit einem Klick oben rechts ein, erhalten Sie ein deutsches Keyboard-Layout. Die Einträge sind wild sortiert und Sie müssen etwas nach „German“ suchen. Bei Leap ist es uns nicht gelungen, die Tastatur auf Deutsch umzustellen.
Yast ist seit jeher die Kommandozentrale von Open Suse und eines der besten Administrationstools. Verwechseln Sie das Tool nicht mit den „System Settings“ der XFCE-Version. Damit konfigurieren Sie nur die Desktopumgebung XFCE, mit Yast das restliche System. Yast gibt es nicht nur als grafisches Programm, sondern auch für die Kommandozeile.
Sie rufen es mit dem Befehl yast auf. Damit konfigurieren Sie nicht nur Einstellungen für Sprache, Netzwerk, Hardware, sondern können auch zusätzliche Software aus dem Open-Suse-Repository installieren.
Die Softwareverwaltung ist selbsterklärend. Wollen Sie stöbern, klicken Sie oben links bei „Anzeigen“ auf „Paketgruppen“. Hier sind die Pakete logisch nach Gruppen wie „Office“ oder „Multimedia“ sortiert. Für den kleinen Raspberry eignet sich nicht jede Software, Libre Office läuft aber ganz ordentlich.
Den WLAN-Adapter aktivieren
Der Ethernet-Anschluss funktioniert bei beiden Systemen ohne Probleme. Für viele dürfte aber ein Ärgernis sein, dass WLAN zunächst nicht funktioniert. Um das unter Open Suse Leap zu korrigieren, editieren Sie die Datei „/etc/dracut.conf.d/raspberrypi_modules.conf“. Löschen Sie in der ersten Zeile den Eintrag „sdhci_iproc“. Entfernen Sie, falls vorhanden, in der letzten Zeile („omit_drivers“) das Kommentarzeichen („#“). Speichern Sie die Datei und führen Sie auf der Kommandozeile den Befehl
mkinitrd -f
aus. Nach einem Neustart sollte der WLAN-Adapter funktionieren.
Achtung: Unter Tumbleweed zerschießt dieselbe Vorgehensweise das System. Hier konnten wir den WLAN-Adapter mit der uns vorliegenden Version nicht zum Laufen bringen.

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Noch nicht ausgereift
Open Suse für den Raspberry Pi ist vor allem für Entwickler im Suse-Umfeld hochinteressant. Der Kernel von Open Suse Leap 42.2 hat die gleiche Codebasis wie für andere Architekturen. Es funktionieren zwar einige Funktionen noch nicht, wie zum Beispiel Audio via HDMI und Videobeschleunigung, dafür läuft auf dem kleinen Gerät entwickelter Code auch auf größeren Geschwistern, die sich vielleicht in einem Rechenzentrum befinden. Die getesteten 64-Bit-Distributionen sind allerdings noch relativ jung und die Entwickler räumen ein, dass noch viel Arbeit notwendig ist. Diese Aussage müssen wir bestätigen. Das Fundament ist aber schon recht solide und außerdem recht flott. Sind Sie ein fortgeschrittener Linux-Anwender, können sich selbst helfen und wollen ein 64-Bit-System auf dem Raspberry Pi 3, dann ist es für Experimente mit Open Suse nicht zu früh. Dabei ist die Variante Leap dem holprigeren Tumbleweed klar vorzuziehen. Wer ein problemloses System will, bleibt besser beim bewährten Raspbian mit 32 Bit.