Update 31.7.: Doch kein Verkauf, sondern nur “teilen”
iRobot hat in einer weiteren Stellungnahme erneut betont, dass es die Kartendaten seiner Kunden nicht verkaufen wolle. Reuters habe iRobot-CEO Angle unbeabsichtigt falsch zitiert, sagt iRobot. Reuters schreibt jetzt nur noch, dass iRobot die Kartendaten „teilen“ wolle. Nach vorheriger Zustimmung durch die Kunden. Wobei „teilen“ nach wie vor bedeutet, dass die Daten weitergegeben werden. Der einzige Unterschied zwischen der ursprünglichen Fassung und der jetzt korrigierten Fassung: Es ist nicht mehr von „verkaufen“ die Rede. Weitergegeben würden die Daten aber nach wie vor, sofern die Nutzer dem zustimmen. Unser Screenshot weiter unten zeigt die ursprüngliche Fassung des Reuters-Text. Wobei jetzt aber die Frage offen bleibt, welchen Nutzen denn iRobot aus der Weitergabe der Kartendaten ziehen würde, wenn es kein Geld dafür verlangt,
Das offizielle Statement von iRobot-CEo Colin Angle zu diesem Thema lautet: „iRobot verkauft keine Daten, da unsere Kunden und ihre Interessen für uns immer an erster Stelle stehen. Wir werden niemals das Vertrauen unserer Kunden enttäuschen, indem wir Kundendaten – einschließlich Daten, die von unseren internetfähigen Produkten gesammelt werden – verkaufen oder missbrauchen. Derzeit befähigen die gesammelten Daten den Roomba, das Zuhause effektiv zu reinigen. Zusätzlich liefern sie Kunden Informationen über die Reinigungsleistung. iRobot glaubt, dass diese Informationen zukünftig noch stärkeren Nutzen für unsere Kunden bieten könnten, weil sie es dem Smart Home und den zugehörigen Geräten ermöglichen, besser zu arbeiten – ausschließlich bei ausdrücklicher Einwilligung der Kunden.“
Auf unsere Nachfrage, mit welchen Abnehmern iRobot bereits konkret über die Weitergabe der Daten verhandeln würde, antwortete uns iRobot: „iRobot ,,,hatte bisher keinerlei Austausch mit den in diesem Zusammenhang genannten Akteuren (Apple, Amazon und Google, Anm. der Redaktion) zum Thema Datentransfer“,
In diesem Zusammenhang wichtig: Verweigert ein Kunde seine Zustimmung zur Weitergabe der Daten, dann kann er die smarten Zusatzdienste natürlich nicht mehr nutzen. Das bestätigte uns iRobot auf unsere Nachfrage: „Unsere derzeitigen Nutzungsbedingungen bedürfen der Zustimmung, damit WLAN-fähige Roomba-Modelle die Verbindung zur Cloud herstellen und Daten an die Cloud senden können. Kunden mit WLAN-fähigen Roomba-Modellen müssen keine Verbindung zur Cloud herstellen, um ihren Roomba zu verwenden. Das Gerät an sich funktioniert im Offline-Modus auch ohne Verbindung zum Internet oder zur Cloud.“ In diesem Fall kann der Kunde aber eine Menge Geld sparen und sich gleich direkt ein preiswerteres Saugrobotermodell ohne smarte Zusatzdienste anschaffen.
Und weiter: „Die Roomba 900er-Serie setzt die VSLAM-Technologie ein, um Informationen für das Mapping und die Navigation zu erfassen. Diese Daten bleiben auf dem einzelnen Gerät. Von allen internetfähigen Roombas können Nutzungsdaten (z. B. wie lange hat der Roomba gesaugt, wie weit hat er sich bewegt, hat es Fehlermeldungen gegeben, arbeitet der Roomba korrekt) an die Cloud gesendet werden, um sie auf den mobilen Endgeräten der Kunden anzuzeigen.
Wenn der Nutzer zustimmt, seine Mapping-Daten auf dem mobilen Endgerät anzeigen zu lassen, wird die Karte, die der Roomba während eines Reinigungslaufs erzeugt, an die Cloud gesendet, wo Sie verarbeitet und vereinfacht wird, um eine benutzerfreundlichere Ansicht zu produzieren, die letztendlich in der iRobot Home App erscheint. Für die Navigation verwendete Bilder werden dabei nicht an die Cloud gesendet.“
Update 28.7.: Neue Stellungnahme von iRobot
Offensichtlich dämmert iRobot so langsam, welchen PR-Gau Colin Angle, der CEO von iRobot, mit seinem Reuters-Interview angerichtet hat. Doch bei dem Versuch Angles Äußerung zum Verkauf der Kartendaten an andere Unternehmen zu relativieren, agiert iRobot ähnlich ungeschickt wie die – vor allem deutsche – Automobil-Industrie beim Thema Diesel-Abgase und Defeat Device.
iRobot hatte zunächst eine Stellungnahme verschickt, die an Lustlosigkeit kaum noch zu überbieten war – siehe unten den Abschnitt nach „Stellungnahme von iRobot“. Am 28.7. hat iRobot eine weitere Stellungnahme nachgeschoben, die den von Reuters zitierten Worten von iRobot-CEO Angle widerspricht:
„iRobot hat keinerlei Pläne, Daten zu verkaufen. Für iRobot ist die Sicherheit der Daten seiner Kunden besonders wichtig, einschließlich derjenigen Daten, die von Netzwerkprodukten gesammelt werden. Daten werden nicht an Dritte verkauft. Ohne Einwilligungserklärung der Kunden werden keine Daten mit Dritten geteilt. Derzeit erstellt iRobot Karten, mit deren Hilfe Roombas effizient und wirkungsvoll das Zuhause reinigen können. In Zukunft – die Erlaubnis des Kunden vorausgesetzt – könnten diese Informationen smarten Endgeräten dabei helfen, besser zu funktionieren. Möchte beispielsweise ein Nutzer, dass sein Smart Home versteht, welche vernetzten Leuchten sich in welchem Raum befinden, damit das sprachgesteuerte Endgerät besser funktioniert, könnte der Roomba dies ermöglichen. Dies wäre lediglich möglich, wenn der Nutzer dem zustimmt. Zudem ist es noch unklar, welche – wenn überhaupt – “Firmen-Partnerschaften” dafür nötig wären.“
„iRobot hat keinerlei Pläne, Daten zu verkaufen“ heißt es darin also, wohingegen iRobot-CEO Angle laut Reuters sagte: „iRobot… could reach a deal to sell its maps to one or more of the Big Three (gemeint sind Amazon, Apple und Google) in the next couple of years.“ Dem Aktienkurs von iRobot hat Angle mit seiner am 24. Juli 2017 veröffentlichten Aussage jedenfalls deutlich nach oben getrieben.

© http://www.reuters.com/article/us-irobot-strategy-idUSKBN1A91A5?il=0
Wie manche US-Unternehmen mit dem Thema Datenschutz umgehen, zeigte erst vor kurzer Zeit Facebook: Nachdem das soziale Netzwerk zunächst versprochen hatte, die Nutzerdaten von Facebook und Whatsapp nicht zusammenzuführen, landeten schließlich doch die Whatsapp-Nutzerdaten bei Facebook. Die EU verhängte deshalb 110 Millionen Euro als Strafe gegen Facebook. Und Facebook bezahlte diese Summe…

©finanzen.net
iRobot erklärt aber nicht, ob die smarten Funktionen wie App und Clean Map dem Kunden auch dann noch zur Verfügung stehen, wenn dieser die Zustimmung zur Weitergabe der Daten verweigert. Falls er danach nämlich nicht mehr die smarten Funktionen nutzen kann, gibt es keinen Grund, sich den teuren Roomba 980 zu kaufen. Denn für die reine Reinigungsleistung reichen die preiswerten 300-Euro-Modelle der 6xx-Reihe genauso aus. Oder Sie greifen zu einem der zahlreichen Saugroboter von konkurrierenden Anbietern, die teilweise deutlich preiswerter als die Roomba-Modelle sind.
Update Ende, Beginn des ursprünglichen Berichts
iRobot will laut einem Bericht von Reuters die Daten, die iRobots, smarte Roomba-Saugroboter in den Wohnungen der Kunden sammeln, an andere Unternehmen weiterverkaufen. Das habe Colin Angle, CEO von iRobot Corp. Reuters gesagt.
Clean Maps von Roomba 980
Konkret handelt es sich dabei um die Navigationsdaten, mit denen Roomba 980 und die anderen Highend-9xx-Modelle von iRobot ihre Maps (Karten) der Wohnungen erstellen (Clean-Map-Berichte). Dafür haben die hochpreisigeren Roomba-Saugroboter eine Kamera verbaut. iRobot hat seinerzeit auf unsere Nachfrage erklärt, dass diese Kameras nur ein relativ unscharfes Bild liefern würden. Aber Fakt ist, dass die Roombas die von ihnen gesaugten Wohnungen eben genau vermessen und auf der Basis ihrer Bewegungsdaten und Kameradaten eine genaue Karte des gesaugten Bereiches erstellen. Auf dieser Karte (Clean Map) erkennt der Roomba-Besitzer dann genau, wo der Roboter gesaugt hat und wo er Probleme hatte.

Konkret umfassen diese Daten also nicht nur die Abmessungen und die Form der Räume und Wohnungen, sondern auch Details wie beispielsweise der Abstand zwischen der Couch und dem Fernseher, dem Wohnzimmerschrank und einer großen Lampe. Also sehr intime Einsichten in das Wohn-Leben der Menschen.
Für Hersteller von Smart-Home-Geräten sind diese Insider-Daten Gold wert. Genau deshalb will iRobot die gesammelten Kartendaten an andere Unternehmen weiterverkaufen. Denn die Heiz-Thermostate, Lichtsysteme, Funksteckdosen und selbst die fest installierten Überwachungskameras erfassen solche Innenraumdetails nicht. Weil sie sich ja nicht in der Wohnung bewegen können.
Apple, Amazon und Google als potenzielle Abnehmer
Besonders im Zusammenspiel mit einem persönlichen Assistenten mit Sprachsteuerung und künstlicher Intelligenz wie Amazon Echo (Alexa), Google Home (Google Assistant) und dem Apple Homepod (mit Siri) dürften die Kartendaten von Roomba wertvoll sein. Roomba 980 kann zumindest in den USA bereits jetzt durch Alexa gesteuert werden.
iRobot-CEO Angle hofft, dass iRobot in den nächsten Jahren sein Kartenmaterial an einen oder sogar an mehrere der drei großen Player Amazon, Apple und Google verkaufen kann. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Roombas genügend Kartenmaterial sammeln. Das machen derzeit nur die höherpreisigen Modelle mit Kamera und WLAN sowie App. Die meisten Roombas, die derzeit in den Wohnungen saugen, haben diese Features aber noch nicht und scheiden damit als Datenlieferanten aus. Doch mit zunehmender Verbreitung der moderneren Roombas wie dem Modell 980 ändert sich das und iRobots Datenschatz wächst.
Erste Stellungnahme von iRobot
Wir haben iRobot einige konkrete Fragen zu dieser Problematik vorgelegt. Deren Beantwortung durch iRobot steht noch aus. iRobot hat bis jetzt nur eine sehr allgemein formulierte Stellungnahme veröffentlicht, aus der wir hier im englischsprachigen Original zitieren: “iRobot takes privacy and security of its customers very seriously. We will always ask your permission to even store map data. Right now, iRobot is building maps to enable the Roomba to efficiently and effectively clean your home. In the future, with your permission, this information will enable the smart home and the devices within it to work better. For example, in order for the lights to turn on when you walk into a room, the home must know what lights are in which rooms.”
Datenschutzbedenken
Ob iRobots Plan aufgeht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst einmal von den Datenschutzbedenken der Nutzer. Diese dürften derzeit den Nutzungsbedingungen von iRobot noch widerspruchslos zustimmen, damit sie die App und die Fernbedienung-Funktionen nutzen können. Doch akzeptieren die Kunden auch den Weiterverkauf Ihrer Privatsphäre in den eigenen vier Wänden?
Kunden kaufen eher einfache Roboter
Ein echtes Problem könnte zudem das Kaufverhalten der Kunden sein: Denn vielen Kunden dürfte ein deutlich günstigerer Saugroboter, der einfach nur saugt und keine smarten Zusatz-Funktionen bietet, völlig ausreichen. In diesem Fall könnte iRobot nicht genügend Daten für sein neues Geschäftsmodell sammeln.
So entgehen Sie iRobots Datensammeln
Denn für die Qualität der Saug- und Reinigungsleistung spielen App und WLAN-Zugriff sowie Kamera keine Rolle. Unsere Tests zeigen, dass die einfachen, nicht-smarten Saugroboter mindestens genauso gründlich saugen. Allenfalls die Dauer eines Reinigungsvorgangs kann dank smarter Zusatzfunktionen kürzer werden. Wenn Sie sich also in Ihrer Wohnung nicht von einem Saugroboter ausspionieren lassen wollen, dann greifen Sie einfach zu einem preiswerten Modell wie der Roomba-600er-Reihe. Oder zumindest zu einem Saugroboter ohne Kamera wie dem Kobold VR200 von Vorwerk.
Saugroboter: Die besten smarten Staubsaugroboter
Dass die durch die Wohnung rollenden Saugroboter noch viel mehr können als nur Staub aufsaugen, hat auch Miele erkannt. Und stellt auf der IFA 2017 in Berlin mit dem Scout RX2 Home Vision einen Saugroboter vor, der eine Überwachungskamera besitzt, deren Bild der Kunde jederzeit auf seinem Smartphone abfragen kann.