Eine Parkettschleifmaschine braucht man genauso wenig alle Tage wie einen Transportanhänger, einen Bautrockner oder einen Teppichreiniger. Bau-und Drogeriemärkte verleihen solche Geräte deshalb seit jeher stunden- oder tageweise. Das spart Geld und Platz, weil man die Geräte nur so lange behält, wie man sie wirklich benötigt.
Die Idee der Mietgeräte ist also keineswegs neu, doch bisher gab es diese Möglichkeit bei IT, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräten lediglich als regionale Nischenangebote. Dabei gelten hier abgesehen vom Platzargument die gleichen Gründe, ein Gerät nicht notwendigerweise kaufen zu müssen. Wer seinen Freunden nach einer großen Reise Bilder großformatig vorführen möchte, braucht den Beamer vielleicht nur dieses eine Mal. Ähnlich ist es beim 3D-Drucker: Es wäre ja geradezu absurd, sich für einen einzigen Ausdruck ein solches Gerät zu kaufen.
Bei elektronischen Artikeln kommen zwei weitere Aspekte hinzu, die das Mieten interessant machen. Zum einen lässt sich eine Hardware so ausprobieren und auf Herz und Nieren testen: „Taugt mir die Xbox von Microsoft mehr oder die Sony Playstation?“ ist nur eine Frage, die bisherige „Nicht-Spieler“ ohne Ausprobieren kaum beantworten können. Ob man persönlich Spaß an einer VR-Brille wie der Oculus Rift oder an einer Drohne hat, muss man ebenfalls ausprobieren. Da helfen auch noch so viele Testberichte oder Videos kaum weiter.
Zum anderen veraltet die Technik von IT anders als die von Baugeräten schnell, ein zwei Jahre altes Gerät ist in aller Regel technisch längst überholt. Auch deshalb kann es sinnvoll sein, ein Gerät bei seltenem Gebrauch besser zu leihen. Und wer einen Farbdrucker nur für den Ausdruck einer Broschüre anlässlich eines runden Geburtstags benötigt, fährt mit einem Mietgerät oder dem Ausdruck im Copyshop ebenfalls besser. Bei einem Einsatz nach längerem Nichtgebrauch wären die Düsen des Tintenstrahlers vermutlich ohnehin eingetrocknet. Beim Leihen dagegen bekommt man jedes Mal aktuelle und funktionierende Hardware.
Mietdauer für Hardware beträgt bei Otto mindestens drei Monate

Der Versandhändler Otto hat seinen Mietservice bereits vor Monaten zum Weihnachtsgeschäft gestartet. Unter Otto Now gibt es vorerst die drei Leihkategorien „Haushalt“ mit Elektrogroßgeräten und Kaffeemaschinen, „Sport“ mit Fahrrädern (inklusive E-Bikes) sowie Fitnessgeräten und „Technik“. Diese Rubrik bietet die größte Auswahl, hier stehen Beamer, Drohnen, Kameras, Fernseher, Tablets, Notebooks und so manches mehr zur Verfügung. Die Mindestmietzeit beträgt meist drei Monate, insbesondere bei größeren Geräten aber sogar sechs Monate.
Einige Beispiele sollen zeigen, was der Service kostet. Ein 55-Zoll-TV-Gerät mit 4K-Auflösung bietet Otto für 40 Euro pro Monat an, macht bei drei Monaten Leihfrist also mindestens 120 Euro. Neu kostet das gleiche Gerät 750 Euro. Der Acer-Beamer zu einem Neupreis von etwa 500 Euro kostet 20 Euro Monatsmiete, für das Samsung Galaxy S7 (Neupreis rund 600 Euro) muss man monatlich 30 Euro zahlen. Kosten für Versand und Rückversand fallen nicht an.
Bei langfristiger Miete reduzieren sich die Kosten ab dem 12. sowie nochmals nach dem 24. Monat. Unsere Beispielrechnungen zeigen allerdings, dass man den Neupreis über die monatlichen Gebühren meist ohnehin schon nach zwei Jahren bezahlt hat – ohne dass einem das Gerät danach gehören würde. Wirklich günstig ist die Miete also nicht und besonders die vergleichsweise lange Mindestmietdauer dürfte manchen Interessenten abschrecken, der das Gerät nur kurzfristig benötigt.
Bezahlt wird per Kreditkarte, Lastschrift oder Paypal. Eine Kaution muss nicht bezahlt werden, die Kündigung muss spätestens 14 Tage vor dem Ende des laufenden Nutzungsmonats erfolgen, komplikationslos per E-Mail. Zudem verspricht das Unternehmen, Geräte mit persönlichen Daten wie bei Smartphones, Tablets und Notebooks auf den Werkszustand zurückzusetzen. Da private Daten dabei jedoch nicht wirklich sicher gelöscht sind, sollten sensible Nutzer dies vor dem Zurückschicken in Eigenregie durchführen .
Im Fall eines Defekts verspricht Otto einen Austauschservice. Das Argument, dass „der Stress mit der Gewährleistung und das oft wochenlange Warten auf den Reparaturdienst endlich ein Ende hat“, wirft aber eher ein schlechtes Licht auf den eigenen Reparaturservice. Beim Kauf eines Neugerätes hat der Verbraucher nämlich zwei Jahre lang über die gesetzliche Gewährleistung Anspruch auf kostenlose Reparatur oder ein funktionierendes Gerät. Immerhin hält Otto in seinen Mietbedingungen und FAQs fest, dass Gebrauchs-und Abnutzungsspuren ebenso wie Defekte bei sachgemäßer Nutzung nicht zulasten der Kunden gehen.
Mediamarkt zieht mit günstigeren Konditionen nach

Erst in diesem Jahr ins Vermietungsgeschäft eingestiegen ist der Mediamarkt mit den Mietwochen . Der Elektromarkt kooperiert dabei mit dem Berliner Startup-Unternehmen Grover, das für die Endkunden auch als Vertragspartner agiert. Zum Start waren rund 500 verschiedene Produkte aus den Bereichen Fernsehen und Audio, Entertainment, Smartphones, Wearables sowie IT, Foto/Video und Haushaltsgeräte verfügbar – alles Neugeräte, wie Mediamarkt verspricht.
Anders als bei Otto beträgt die Mindestleihdauer aber nur einen Monat, dieser Dienst eignet sich also sehr viel besser zum Ausprobieren oder für den kurzzeitigen Gebrauch. Auf der anderen Seite zieht dies zwangsläufig eine höhere Miete nach sich, denn Versandgebühren oder eine Kaution fallen auch bei Mediamarkt/Grover nicht an. So kostet das Galaxy S7 statt bei Otto monatlich 30 Euro hier das Doppelte, der gleiche Fernseher anstatt 40 Euro immerhin 70 Euro. Nach zwei Monaten wird die Miete damit bei Otto günstiger, auch wenn Mediamarkt/Grover bei Festlegung auf drei Monate 15 Prozent Rabatt gewährt. Bei nur einem Monat Nutzung aber kommt Mediamarkt trotz der formal höheren Miete definitiv günstiger.
Siehe auch: Mieten statt Kaufen: Media Markt testet neues Angebot
Außer beim Preis und bei der Mindestvertragslaufzeit unterscheiden sich die Konditionen der beiden Anbieter auch in anderen Punkten. So ist die Ware bei Grover bei einem „Unfall“ immerhin zu 50 Prozent versichert. Für eine Hälfte des Schadens muss man also selbst aufkommen, die andere übernimmt die Versicherung. Damit sind wirklich nur selbst verursachte Schäden gemeint, nicht aber gebrauchstypische Abnutzungen oder schlichte Defekte der Geräte, wie Grover auf Nachfrage versichert.
Darüber hinaus lässt sich das gemietete Gerät jederzeit übernehmen, wobei sich der Kaufpreis um 30 Prozent der bisher bezahlten Miete reduziert. Wer also nach einem Monat das genannte Samsung-Smartphone übernehmen will, zahlt den aktuellen Mediamarkt-Preis abzüglich 18 Euro (30 Prozent von 60 Euro Miete). Damit ist das Telefon dann immer noch 42 Euro teurer, als wenn man es gleich gekauft hätte, dafür konnte man es einen Monat risikolos testen. Das ist wie eingangs beschrieben insbesondere bei neuartiger Hardware wie VB-Brillen, Drohnen und Ähnlichem viel wert.

Ansonsten läuft der Bestellprozess bei Grover oder über den Mediamarkt ähnlich wie bei Otto Now: Gerät auswählen, anmelden, mittels Kreditkarte oder Paypal zahlen und ein paar Tage warten, bis das Paket eintrifft. Die Mietabwicklung über die Grover-Webseite gefiel uns im Test besser, sie ist übersichtlicher aufgebaut und bietet außerdem Fragen und Antworten (FAQs). Darin wird auch die Kündigung über das Kundenkonto beschrieben: „Die Miete wird beendet, sobald Grover das Produkt zurückerhalten und geprüft hat“, heißt es dort.
Noch versteht Mediamarkt seine „Online-Mietwochen“ als eine Art Test, allerdings soll das verfügbare Sortiment dann sukzessive erweitert werden. Mittelfristig sei auch eine Ausweitung des Mietservice auf die stationären Mediamärkte denkbar, teilt der Konzern mit.
3D-Druck und 3D-Drucker
Kaum jemand, der sich für 3D-Druck interessiert, kauft sich sofort so einen Drucker. Aus Kundensicht sind solche Geräte also perfekt fürs Mieten, doch sowohl beim Mediamarkt als auch bei Otto ist das derzeit nicht möglich. Die Bedienung und Handhabung sind eben nicht ganz so einfach wie bei vielen anderen IT-Produkten, hinzu kommt die Abrechnung des Verbrauchsmaterials. Doch auch hier haben sich Firmen auf das Vermieten spezialisiert, die Sie schnell per Google finden.
Daneben gibt es Services für den 3D-Print, an die man seine fertigen Formen online übermittelt und die dann gegen Gebühr den Ausdruck auf Industriegeräten übernehmen. Noch auf wenige Gelegenheiten beschränkt sich die Möglichkeit, den Platz einer Druckstation zu buchen – im Idealfall mit Anleitung, wie dies der Elektronikversender Conrad in zwei Filialen in München und Stuttgart anbietet. Dort kostet die Printstation 10 Euro pro halbe Stunde, maximal 80 Euro pro Tag.
Sharing und überregionale sowie lokale Gerätevermietung
Mit Otto und Mediamarkt wagen sich zwei etablierte Firmen in die Vermietung vor. Sie erschließen sich damit ein neues Geschäftsfeld, so wie es Hersteller in anderen Bereichen ebenfalls versuchen: Die Carsharing-Anbieter Car2 go und Drive Now von Mercedes und BMW sind bekannte Beispiele hierfür. Andererseits beschränkt sich die Vermietung von IT-Geräten keineswegs auf Otto und Mediamarkt. Wenn Sie anderweitig ein bestimmtes Produkt leihen möchten, dann hilft wie üblich die Google-Suche weiter – unter Umständen kombiniert mit der Stadt, in der oder in deren Nähe Sie wohnen. Gerade bei etwas ausgefallenerer Hardware wie VR-Brillen, Drohnen, Satellitentelefonen oder Ähnlichem gibt es bereits eine ganze Reihe spezialisierter Verleihunternehmen.
Daneben existiert eine Reihe teils nicht kommerzieller Tausch-und Verleihplattformen wie beispielsweise Nebenan.de , Leihdirwas.de oder Fairleihen.de . Das hält zwar den ursprünglichen Sharing-Gedanken hoch, doch zahlreiche rechtliche Fragen sind hier ungeklärt.
Widerrufsrecht, B-Ware und Gerätevermietung

Das 14-tägige Widerrufsrecht bei Onlinebestellungen dient dazu, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Ware ähnlich wie beim Kauf im Geschäft vor Ort in Augenschein zu nehmen und auszuprobieren – also genau das zu tun, was im Internet sonst eben nicht möglich ist. Doch mancher Kunde ordert eben auch Produkte, um sie kurzzeitig zu benutzen – man könnte auch sagen, um sie kostenlos zu leihen: den Beamer für den TV-Fußballabend, die Kamera für den Urlaub oder sonst etwas. Studien zufolge liegt die Retourenquote im Bereich Consumer Electronics bei rund zehn Prozent, beim Kauf auf Rechnung sogar noch höher. Als Folge der „Benutzung“ können viele zurückgeschickte Produkte nicht erneut als Neuware verkauft werden, davon zeugen die vielen Onlineangebote von „B-Ware“. Weil die Händler diese Praxis kaum unterbinden können, ist der neue Mietservice auch als Reaktion darauf zu verstehen. Auch aus Kunden-und Verbrauchersicht ist das Leihen gegen Entgelt vernünftig, denn die Kosten für das Retouren-Handling und den Wertverlust schlagen die Händler ansonsten zum Nachteil aller auf ihre Verkaufspreise auf.