Musikstreaming, Video on Demand, Fernsehen und Telefonieren funktionieren längst digital, nur beim Radio steht der analoge UKW-Empfang weiterhin an erster Stelle. Doch auch hier tut sich etwas, immerhin rund ein Viertel aller bundesdeutschen Haushalte hört inzwischen auch digital, wie der neueste Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten ausweist. Dass viele Menschen Radio sowohl analog als auch digital empfangen, liegt an den vielen verschiedenen vorhandenen Geräten und Gelegenheiten: zu Hause, am Arbeitsplatz, im Auto und unterwegs.
Dieser Ratgeber zeigt Vor- und Nachteile von digitalem Empfang auf und erklärt, welche ganz unterschiedlichen Techniken dieser Begriff zusammenfasst, worauf man beim Kauf eines Digitalradios achten sollte, welche Möglichkeiten zum Nachrüsten verfügbar sind und wie man im Urlaub Radio hören kann. Einige Nachbarländer sind der Bundesrepublik beim Digitalradio nämlich weit voraus und haben den UKW-Sendebetrieb ganz oder teilweise eingestellt.
Aus aktuellem Anlass liegt der Fokus beim „Digitalradio“, so wie der Begriff meist verwendet wird: also beim terrestrischen Empfang über Antenne wie bei UKW, nur eben digital. Denn ab dem Stichtag 21. Dezember müssen die Radios in Neuwagen den Digitalstandard DAB+ unterstützen. Eine ähnliche Digitalpflicht gilt auch für neue stationäre Geräte zu Hause. Ausgenommen sind nur Empfänger ohne Display und solche, bei denen der Radioempfang eine Nebenfunktion darstellt.
Siehe auch: DAB+-Überblick – Das Digitalradio in Deutschlands Bundesländer
Digitaler Empfang über Antenne, Internet, Mobilfunk oder …
Radio lässt sich digital prinzipiell über ganz unterschiedliche Wege senden und empfangen. Die beiden wichtigsten Techniken sind DAB+ (Digital Audio Broadcasting) und das Streaming über das Internet, oft auch als „Internetradio“ oder „Webradio“ bezeichnet.
Wodurch unterschieden sich die Verbreitungsarten denn nun? Gemeinsam ist beiden, dass sie gegenüber UKW besseren Klang, mehr Sender, besseren und rauschfreien Empfang sowie zusätzliche Informationen wie Verkehrsdaten oder Nachrichten in Textform bieten. Ansonsten aber unterscheiden sich „Digitalradio“ und „Internetradio“ in vielen Punkten: So lassen sich über DAB+ je nach Bundesland und Standort zwar über 100 Sender hören, im Internet sind es jedoch tausende aus aller Welt. Webradio wiederum setzt einen Internetanschluss voraus – zu Hause, per WLAN oder über Mobilfunk –, während terrestrisches Digitalradio über Antenne funktioniert. Wo welche Stationen über DAB+ zu empfangen sind, erfahren Sie unter www.dabplus.de/empfang .
Insgesamt ist der Antennenempfang insbesondere im ländlichen Raum besser und stabiler als das Streamen via mobiles Internet; nach Betreiberangaben erreichen die DAB-Sender bis zu 98 Prozent der Fläche des Bundesgebiets.
Webradio verbraucht unterwegs zudem mobile Daten: Streamt man täglich eine Stunde, summiert sich dies auf monatlich rund zwei GByte, die jeden Monat mit durchschnittlich knapp fünf Euro zu Buche schlagen. Der Empfang von DAB+ ist für die Hörer dagegen gratis, ein Digitalradio vorausgesetzt. Einfache DAB-Geräte starten bei 30 oder 40 Euro.
Nur der Vollständigkeit halber sei der digitale Radioempfang über Satellit und Kabel genannt, beides findet jedoch kaum Verwendung.
Digitalen Radioempfang in den eigenen vier Wänden nachrüsten
Neue Radios für zu Hause, die ab dem Stichtag kurz vor Weihnachten verkauft werden, müssen also digitalen Empfang bieten. Auswirkungen auf vorhandene Empfänger hat das nicht, Sie können Ihre Wohnräume auch nachträglich mit DAB+ ausstatten. Bevor Sie nun ein Digital- beziehungsweise Webradio oder ein Zusatzgerät anschaffen, prüfen Sie, ob die vorhandene Stereoanlage eventuell über DAB+ verfügt: Viele Modelle der vergangenen Jahre tun dies. Dann benötigt man nur noch Stab- oder Zimmerantenne, die es schon für zehn Euro gibt. Leistungsstärkere Außenantennen kosten mindestens 20 Euro.
Doch auch nicht DAB-fähige Musikanlagen lassen sich digital nachrüsten. Für hoch wertige Hi-Fi-Komponenten bieten die Gerätehersteller oft spezielle Zusatztuner an, ansonsten kommen Sie mit DAB-Zusatzgeräten zum Ziel. Diese finden Sie im Internet mit den Begriffen DAB+, Adapter und Stereoanlage. Je nach Ausführung, Hersteller und Preisklasse gelangt das Audiosignal über Bluetooth, Cinchkabel, digital per S/PDIF oder optisch vom Tuner zum Wiedergabegerät. Die Adapter kosten meist zwischen 50 und 100 Euro, die Geräteauswahl ist beachtlich, eine Fernbedienung erhöht den Bedienkomfort.
Auf ähnliche Weise lässt sich die Musikanlage je nach Adaptermodell auch mit Web-/Internetradio ausstatten, mit Web- und DAB-Radio oder sogar zusätzlich mit Musikstreaming über Spotify und ähnliche Anbieter. Eine weitere bequeme und kostengünstige Höroption zu Hause stellt die Bluetooth-Übertragung vom Smartphone auf Funklautsprecher oder die Musikanlage dar. Für das Streamen genügt eine der vielen Radio-Apps aus dem Appstore von Apple oder dem Playstore von Google. Praktisch alle Festnetzverträge bieten unlimitiertes Datenvolumen, und WLAN haben ebenfalls die meisten Internet-Haushalte.
UKW-Abschaltung und DAB+ im Ausland
Das Abschalten des UKW-Betriebs ist politisch heikel und wurde bisher immer wieder hinausgezögert, schließlich nutzen noch viele Millionen Deutsche ihre analogen Radiogeräte. Ein fester Abschalttermin ist noch nicht festgelegt, realistisch ist ein Zeitpunkt um das Jahr 2030.
Deutlich weiter sind andere europäische Länder, wo sich digitales Radio bereits durchgesetzt hat: in Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Belgien, in der Schweiz und der italienischen Provinz Südtirol. Die genannten Länder garantieren also sehr guten DAB-Empfang, einige schalten dafür UKW ab. Norwegen hat den analogen Sendebetrieb bereits eingestellt, Südtirol ist teilweise gefolgt und in der Schweiz ist mit UKW Anfang 2023 Schluss. Mehr Infos zum Auslandsempfang lesen Sie hier .
Im Auto ist Digitalradio DAB+ besonders komfortabel
Während man daheim Radio über unterschiedliche Empfangswege hören kann, spielt DAB+ im Auto seine Vorteile aus: störungsfreier Empfang, keine laufenden Kosten – auch nicht im Ausland – und mehr Komfort. Hört man einen der bundesweiten Sender, muss man zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen nichts verstellen. Die bei UKW häufig notwendigen Frequenzwechsel gehören der Vergangenheit an. Das Nachrüsten mit digitalem Empfang lohnt sich deshalb im Auto besonders.
Verfügt das Fahrzeug über einen klassischen Radioschacht im 1- oder 2-DIN-Format, ist der komplette Gerätewechsel eine einfache und mit etwa 100 Euro zudem günstige Lösung. Ansonsten greift man auch hier auf DAB-Adapter zurück, die sich von denen für zu Hause jedoch durch eine kompakte Bauform, den 12-Volt-Anschluss für den Zigarettenanzünder und eine Halterung für Armaturenbrett, Scheibe oder Lüftungsschlitze unterscheiden.
Die Zusatzempfänger selbst kosten oft zwischen 50 und 80 Euro, hinzu kommen 20 bis 30 Euro für eine Scheibenantenne. Wer hingegen die vorhandene UKW-Antenne für DAB+ mitnutzen möchte, benötigt einen speziellen FM-/DAB-Splitter. Die Wahl des passenden Modells ist jedoch nicht ganz einfach.
Schön sind die zusätzlichen DAB-Adapter nicht, da sie zwei oder drei lose Kabel am Armaturenbrett nach sich ziehen. Eleganter ist der DAB-Adapter Dension DAB+U , der per USB ans Autoradio angeschlossen wird, im Idealfall auf der Rückseite. Dann verschwinden Adapter und Kabel vollständig im Radioschacht oder Handschuhfach. Vor dem Kauf sollte man allerdings die Kompatibilität des eigenen Radios beziehungsweise Autos prüfen; dazu führt der Hersteller eine umfangreiche Liste . Diese führt die ab Werk eingebauten Radios („Original compatibility“) und die im Handel erhältlichen („Aftermarket compatibility“) auf.
Der Adapter allein kostet in der aktuellen, dritten Version etwa 140 Euro, mit Scheibenantenne rund 170 Euro.
DAB+ am Smartphone
Für den Digitalempfang auf Android-Smartphones benötigen Sie wie beim PC (siehe Abschnitt links auf dieser Seite) einen DVB-T-/DAB-Tuner-Stick. Hinzu kommt ein OTG-Kabel für wenige Euro, das den USB-Stick mit dem Telefon verbindet. Achten Sie beim Kauf darauf, dass das Anschlusskabel den für Ihr Telefon passenden Anschluss hat, also Micro-USB oder USB-C. Ferner muss Ihr Mobilgerät OTG unterstützen, das überprüfen Sie mit der App „ OTG USB Checker “ aus dem Playstore.
Kostenlos Radiohören können Sie mit der App „ welle.io DAB+ SDR “ in Verbindung mit der Treiber-App „SDR driver“, beides ebenfalls aus dem Playstore. Nach der Installation der beiden Apps verbinden Sie den Empfangsstick über das OTG-Kabel mit dem Smartphone, bestätigen bei der App-Auswahl für das USB-Gerät „Rtl-sdr driver“ und starten in Welle.io den Sendersuchlauf. Es dauert ein paar Minuten, bis das gesamte Frequenzband gescannt und alle Stationen aufgelistet sind. Etwas schöner als das schlicht-funktionale welle.io ist die App „ Wavesink Plus DAB+ FMRDS “, die im Playstore allerdings 12,90 Euro kostet. Ausprobieren lässt sich der DAB-Betrieb mit der kostenlosen Trial-Version .
Digitales Radio unter Windows am Notebook oder Desktop-PC
So wie im Auto bietet sich DAB+ unterwegs am Notebook und Smartphone (siehe Kasten rechts unten) auch deshalb an, weil es im Gegensatz zum Webradio keinen Internetanschluss voraussetzt und keine mobile Daten verbraucht.
Voraussetzung für den Empfang ist ein DVBT- Stick: Ein solcher empfängt über digitales terrestrisches Fernsehen hinaus auch Digitalradio. Weil die für den TV-Betrieb hierzulande erforderliche DVB-T2-Unterstützung für DAB+ nicht erforderlich ist, können Sie auch einen günstigen „Nicht-T2-Empfänger“ verwenden. Den finden Sie mit dem Suchbegriff RTL2832U (für den Chipsatz) im Internet. Bei Amazon starten die Preise für ein Set aus Stick und Antenne bei 20 Euro, noch günstiger sind ausländische Online-Shops wie AliExpress oder Deal Extreme .
Am Windows-Notebook oder -PC installieren Sie die Radiosoftware welle.io , schließen den USB-Stick mit eingesteckter Antenne an den Rechner und starten das Programm. Meldet welle.io den Fehler „Kein Gerät gefunden“, starten Sie ohne Installation das Tool Zadig . Darin klicken Sie oben in der Menüleiste auf „Options –› List All Devices“ und wählen darunter den (ersten) Eintrag Ihres USB-DVB-T-Empfängers. Die Bezeichnung, in unserem Beispiel „Bulk-In Interface“, ist häufig wenig aussagekräftig, der Eintrag lässt sich jedoch über das Ausschlussprinzip oder durch das Ab- und Wiederanstecken identifizieren.
Klicken Sie, nachdem Sie rechts vom grünen Pfeil die Option „WinUSB (v…)“ ausgewählt haben, auf „Replace Driver“ und warten Sie, bis Zadig „The driver was installed successfully“ anzeigt. Schließen Sie das Tool und starten Sie welle.io neu. Daraufhin sollte die Software den Tuner erkennen. Sie können durch Anklicken der drei Punkte neben der noch leeren Senderliste und „Suchlauf starten“ die Sendersuche beginnen und im Anschluss eine der digitalen Stationen auswählen und hören.