Als DHL im Dezember 2013 die erste Version ihres Paket-Kopters vorstellte, war das mediale Echo riesig.
Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits weniger bekannte, aber durchaus wirtschaftliche Anwendungen für Drohnen, insbesondere im Bereich der Fotografie bzw. Videografie und Vermessung.
Neben den klassischen Foto- und Videoaufnahmen werden bereits heute vor allem schwer erreichbare Industrieanlagen wie Windkraftwerke, Staudämme oder Brücken mit Hilfe einer Drohne inspiziert. Das bietet nicht nur geringere Kosten im Vergleich zu Konkurrenzlösungen wie einem Industriekletterer oder Helikopter, sondern ermöglicht eine sofortige Sicherung der Fotos bzw. Videos zu Dokumentationszwecken.
Darüber hinaus können Drohnen mit angebrachter Sensorik eingesetzt werden. Dabei reicht die Spanne der Einsatzmöglichkeiten von 3D-Vermessung von Steinbrüchen über die Wassersuche in Afrika bis hin zur Strahlungsmessung im verunglückten Kernkraftwerk Fukushima.
Kaum ein Unternehmen ist heute noch in der Lage, sein Artikelspektrum oder seinen Durchsatz in fünf oder gar zehn Jahren vorherzusagen. Dementsprechend schwierig ist es, Produktionsanlagen, Lager- und Fördertechnik langfristig auszulegen. Es bedarf neuer technischer Lösungen, die anpassbar, flexibel und skalierbar sind.
Drohnen sind durch ebendiese Merkmale charakterisiert und bieten zudem den Vorteil, dass sie die dritte Dimension der Höhe erschließen können. Somit sind die optimalen Voraussetzungen gegeben, um konventionelle Fördertechnik zu ergänzen oder in einigen Fällen gar zu ersetzen.
Neben dem bereits erwähnten Paket-Kopter von DHL gibt es weitere prominente Beispiele wie Amazon Prime Air oder Google Project Wing, die den außerbetrieblichen Einsatz von Drohnen in der Logistik untersuchen. In diesem Einsatzfeld sind jedoch viele gesetzliche Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die einen kommerziellen Einsatz derzeit erschweren. Die Restriktionen bei innerbetrieblichen Anwendungen sind hingegen geringer, weshalb der Einsatz von Drohnen in diesem Feld immer mehr in den Vordergrund rückt.
Doch wie sehen diese alternativen Transportmöglichkeiten mit Drohnen im Detail aus?
Am Dortmunder Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML wird diese Frage bereits seit 2014 erforscht und an technischen Lösungen gearbeitet. Im Rahmen dessen wurde Delivairy entwickelt, ein innovatives Lastaufnahmesystem für die einfache und robuste Aufnahme von Transportgütern.

©Fraunhofer IML
Das Lastaufnahmesystem besteht im Wesentlichen aus einem an der Last angebrachten Adapter und einem Greifmechanismus. Der Adapter kann dabei an beliebigen Lasten angebracht werden und führt damit zu einer Standardisierung des Greifvorgangs. Die Lastaufnahme besitzt ein Kameramodul, welches durch entsprechende Software in der Lage ist, den Adapter zu finden und die Bildinformation in Steuerungsbefehle für die Drohne zu übersetzen. Somit können Anflug sowie Aufnahme und Abgabe der Last vollautomatisch erfolgen, und dies unabhängig vom Drohnentyp. Dieser kann je nach Anwendungsfall gezielt und herstellerunabhängig ausgewählt werden.
Gleichzeitig ist die Lastaufnahme in der Lage, an einer Bodenstation der Drohne Strom zuzuführen, wodurch sich die Drohne eigenständig aufladen kann. Diese Technologie stellt das fehlende Puzzlestück für einen produktiven Einsatz von Drohnen in (intra-) logistischen Anwendungen dar.
Ein weiteres Anwendungsfeld für Drohnen wird im Forschungsprojekt Inventairy entwickelt. In dem vom BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) geförderten Projekt arbeiten die Unternehmen Aibotix, Spedition Wiedmann, Imperial Group, der Lehrstuhl AIS der Universität Bonn und das Fraunhofer IML zusammen.

©Fraunhofer IML
Inventairy bietet eine Lösung zur automatischen Inventur in Lagern mit Hilfe autonomer Drohnen. Durch die manuelle Einlagerung von Paletten in Lagern kommt es häufig zu Fehlern beim Einlagerungsprozess, so dass mindestens einmal im Jahr eine Inventur zur Bestandsaufnahme aller Artikel gesetzlich vorgeschrieben ist. Viele Logistikunternehmen führen Bestandskontrollen darüber hinaus häufig mehrfach im Jahr durch, um Bestandsabweichungen frühzeitig erkennen zu können.
Heutzutage sind daher vor allem drei Varianten für die manuelle Inventur verbreitet: Bei der ersten Variante läuft ein Mitarbeiter mit einem Fernglas durch die Gassen und dokumentiert, welche Artikel sich auf welchem Stellplatz befinden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Paletten mit Hilfe eines Staplers aus- und anschließend wieder einzulagern, um zu überprüfen, ob sich der richtige Artikel auf dem richtigen Stellplatz befindet. Bei der dritten Variante wird ein zweiter Mitarbeiter benötigt, der sich im Korb eines Gabelstaplers befindet und von dort aus die Inventur durchführt. Dabei darf der Gabelstapler nur mit eingefahrenem Mast am Boden versetzt werden. Alle drei Varianten haben gemeinsam, dass sie manuell durchgeführt werden müssen und dadurch kostenintensiv sind und viel Zeit in Anspruch nehmen.
Im Forschungsprojekt Inventairy wird eine Drohne entwickelt, welche mit Hilfe integrierter Kameratechnik in der Lage ist, beim Durchfliegen einer Gasse sowohl Leerplätze als auch die Paletten auf den entsprechenden Stellplätzen zu identifizieren. Diese automatische Inventur gestaltet vor allem die Bestandsaufnahme in den hohen Ebenen eines manuellen Lagers deutlich effizienter, da die Zeit für das Aus- und Einlagern durch einen Stapler entfällt.
Neben der Ausstattung der Drohne mit einer Kamera kann diese mit weiteren Sensoren versehen werden, so dass beispielsweise Temperatur oder Luftfeuchtigkeit im Lager gemessen und eventuelle Änderungen dokumentiert werden können.
Bingo , eine andere Entwicklung des Fraunhofer IML, dient dem innerbetrieblichen Transport von kleinen und leichtgewichtigen Gütern. Während es sich bei den zuvor vorgestellten Entwicklungen um Anbaukomponenten für Drohnen handelt, ist Bingo eine eigenständige Transportdrohne, die durch ihre Energieeffizienz und Sicherheit überzeugt. Diese Eigenschaften liegen im technischen Aufbau begründet, da der kugelförmige Käfig, der die Drohne umgibt, ein Rollen der Drohne über den Boden ermöglicht. Dadurch ist Bingo in der Lage, sich den größten Teil der Zeit mit nur etwa 20 Prozent des Energiebedarfs einer ausschließlich fliegenden Drohne über den Boden fortzubewegen und besitzt im Vergleich zu klassischer Fördertechnik weiterhin den Vorteil, Hindernisse überfliegen zu können.

©Fraunhofer IML
Neben diesem Aspekt dient der Käfig sowohl als Schutz für die Rotoren im Inneren als auch natürlich für die Mitarbeiter in der Umgebung. Somit muss eine räumliche Trennung von Mitarbeitern und Drohnen nicht sichergestellt werden, kann bei Bedarf aber gewährleistet werden.
Darüber hinaus ist Bingo in der Lage, eigenständig durch Rohre zu manövrieren und dabei hohe Geschwindigkeiten zu erzielen. Dieses System ist wartungsarm und hochgradig skalierbar, wodurch es der Konkurrenz – beispielsweise der klassischen Rohrpost – eindeutig überlegen ist.
Die besten Drohnen – Marktübersicht