ABS und ESP sind längst auch bei Klein- und Kleinstwagen Standard. Navigationsgeräte sowie die vielen neuen Assistenzsysteme wie ACC, Spurhalteassistent oder Spurwechselassistent halten ebenfalls immer öfter Einzug in modernen PKWs. Doch der dadurch erzielte Komfort- und Sicherheitsgewinn wird teuer erkauft: Die Autos werden schwerer, wodurch die Verbrauchsersparnis moderner Motoren bis zu einem gewissen Grad wieder aufgebraucht wird. Einer der wichtigsten Zulieferbetriebe für Fahrassistenzsysteme ist Bosch. Das Unternehmen weiß also, wovon es spricht, wenn es anhand einer Beispielrechnung zeigt, wie viel die moderne Sicherheitstechnik wiegt.
Technische Voraussetzungen Die meisten Assistenzsysteme setzen ihre Eingriffe um, indem Sie die Bremse (ESP), den Antriebsstrang (über die Motorsteuerung) oder die Lenkung (elektrische Servolenkung) beeinflussen. Diese drei Systeme zählen nahezu durchgängig mittlerweile auch bei Fahrzeugen ohne jegliche Assistenzsysteme zur Serienausstattung. Ergänzt werden diese Systeme nun um Umfeldsensoren, maßgeblich Radarsensoren (an der Frontseite der PKWs, beispielsweise im Kühlergrill verbaut. Der Radar misst den Abstand zum vorausfahrenden PKW) und Videosensoren (zum Beispiel die Kamera hinter der Windschutzscheibe, die für den Spurhalteassistenten benötigt wird. Oder Kameras in den Außenspiegeln, die für den Spurwechselassistenten benötigt werden. Oder Kameras in den Seiten des Frontstoßfängers), sowie für die Parkfunktionen Ultraschallsensoren (die den Abstand zu Hindernissen messen), sowie eine Multimediaeinheit, die die Navigation und vielfältige Anzeigemöglichkeiten bietet. Das wiegen die Helferlein: Das ESP-Basis-Gerät wiegt nur 1,6 kg, ein leistungsfähiges System mit allen zusätzlichen Sensoren wiegt knapp unter vier Kilogramm. Ein Radarsensor wiegt zwischen 0,5 und 1 kg pro Sensor, abhängig von Technik und Generation. Meist befindet sich einer im Fahrzeug, Premium-Hersteller wie Audi, BMW oder Daimler verbauen in ihren Fahrzeugen ab den Oberklasse-Modellen auch zwei Exemplare. Ein Videosensor kommt ebenfalls auf 0,5 bis 1 kg Gewicht pro Sensor, abhängig von Technik und Generation (mindestens einer pro Fahrzeug, in machen Fahrzeugen mit Spurwechselwarner und Rundumsicht können es aber durchaus mehr sein).
Gratis-PC-WELT-Newsletter Auto & Technik abonnieren Bei den Ultraschallsensoren für Einparkhilfe muss man 1 kg für das Steuergerät rechnen plus meist acht Sensoren (4xvorne, 4xhinten). Die Navigation bringt mit einer hochwertigen Multimediaeinheit (mit großem Bildschirm) rund 2,5 kg auf die Waage. Gegenüber einem einfachen Radio bedeutet das ein Mehrgewicht von rund 1,5 kg.
Mehrgewicht Vergleichen wir nun beispielhaft ein Fahrzeug der Kompaktklassem von vor rund 10 Jahren und heute. Mit der Annahme, dass das zehn Jahre alte Fahrzeug bereits ESP und E-Servolenkung an Bord hat, aber sonst nichts. Ein gut ausgestattetes aktuelles Modell besitzt ESP, einen Radarsensor, einen Videosensor plus die Einparkhilf, und hat damit alle Informationen für umfassende Assistenzfunktionen.
Dies ergibt ein abschätzbares Zusatzgewicht: Radar: 1,0 kg Video: 1,0 kg Parkassistenz: 1,0 kg Multimediaeinheit: 1,5 kg Alles zusammen: 4,5 kg . Dazu kommt noch das ESP mit 4,0 Kilogramm. Hier fehlt nun das Zusatzgewicht für angepasste Scheinwerfer, die nun auch Light Assist etc. ermöglichen können. Mit 1 bis 2 kg pro Scheinwerfer sollte dieser Aspekt abgedeckt sein. Und dann kommt dann noch das Thema zusätzliche Verkabelung. Hier fällt schon die Abgrenzung schwer. Da die meisten Geräte aber an leistungsfähigen Bussystemen hängen, sind dies auch keine endlosen Meter schwerer Kupferkabel.
Je nachdem, wo man nun die Grenze zieht, kommen die Experten von Bosch auf rund 5 kg (nur die Umfeldsensoren), rund 10kg (Sensoren plus ESP) oder vielleicht sogar auf zirka 20 kg Mehrgewicht mit allem Drum und Dran. Bei einer vollausgestatteten Oberklasselimousine ist vielleicht noch ein klein wenig mehr dran.
Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch
Mehr Sicherheit bedeutet also mehr Gewicht. Allerdings sind die zwischen 5 und 20 Kilogramm Mehrgewicht für sicherheitsrelevante Funktionen nicht wirklich relevant für den Kraftstoffverbrauch. Nach der alten Faustregel „100 Kilogramm Mehrgewicht steigern den Spritverbrauch um ungefähr 0,6 Liter pro 100 gefahrene Kilometer“ wirken sich die bis zu 20 kg für ESP und Sensoren nicht spürbar aus. Es ist also nicht so sehr die aktive Sicherheitstechnik (zu der man auch noch die Airbags rechnen muss), die dafür sorgt, dass moderne Autos trotz deutlich effizienterer Motoren im Alltag oft enttäuschend viel Sprit verbrauchen. Sondern hier spielen andere Faktoren eine viel größere Rolle.
Beispielsweise Klimaanlagen, hochkomplizierte Heizsysteme, Sitzheizung (teilweise wie in der E-Klasse gibt es sogar beheizte Armlehnen), elektrische Fensterheber, Zuziehhilfen für Türen und Kofferraumklappen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dazu die heute üblichen massiven Dämmmaterialien, die dafür sorgen sollen, dass die Insassen kaum noch Fahr-, Wind- und Motorgeräusche wahrnehmen – vergleichen Sie nur einmal die Dämmung eines VW Käfers von 1970 mit der eines VW Golf VII von 2013 oder die eines T5.1 Multivan Startline von 2007 mit der eines T6 Multivan Highline von 2015.
Ebenfalls massiv ins Gewicht fallen die Verbesserungen an der passiven Sicherheit, also bei der Crashsicherheit. Moderne Autos sind deutlich robuster gebaut als ältere PKWs – das bedeutet ein erhebliches Mehrgewicht. Ein Gegensteuern ist hier nur durch Leichtmetalle und hochfeste Stahle sowie Carbon (wie beim 7er BMW und beim BMW i3) möglich. Erstere kommen aus Kostengründen bisher nur in der Oberklasse vor (wie bei der neuen S-Klasse) beziehungsweise sind gefloppt, weil sie den Verkaufspreis des Wagens zu sehr in die Höhe getrieben haben (Audi A2). Die hochfesten Stahle dagegen sind klar auf dem Vormarsch, wie auch der Golf VII zeigt.