Nach dem schrecklichen Amok-Lauf in München am Freitagabend (22.7.2016 ab zirka 17:52 Uhr) lärmte mein Smartphone – zeitlich etwas verzögert zu den Ereignissen am OEZ – mehrmals lautstark los: Katwarn schlug Alarm. Allerdings lief die Warn-App regelrecht selbst Amok und legte immer wieder neu los, ohne dass sich am Inhalt des Alarms etwas geändert hatte. Entnervt deaktivierte ich die App. Perfekt hatte die App auf meinem Smartphone also nicht funktioniert, doch offensichtlich traf es viele Katwarnnutzer noch schlimmer: Sie erhielten überhaupt keine Warnungen oder diese nur viel zu spät, wie aus den Kommentaren unter diesem Tweet zum Freitagabend-Einsatz hervorgeht: „Amok München – insgesamt 3 Warnungen nach 20 Uhr ausgelöst: 2 von Stadt und 1 von Landkreis München. #KATWARN hat entsprechend übermittelt.“
Amok München – insgesamt 3 Warnungen nach 20 Uhr ausgelöst: 2 von Stadt und 1 von Landkreis München. #KATWARN hat entsprechend übermittelt.
— KATWARN (@katwarn_de) 22. Juli 2016
Mittlerweile haben die Verantwortlichen von Katwarn via Twitter die Probleme erläutert: „Durch parallele Belastung Unwetter und Amoklauf war Infrastruktur von #KATWARN kurzzeitig an der Grenze.“
Durch parallele Belastung Unwetter und Amoklauf war Infrastruktur von #KATWARN kurzzeitig an der Grenze.
— KATWARN (@katwarn_de) 22. Juli 2016
Rund 250.000 Menschen nutzten Katwarn im Raum München am Freitagabend. Das Problem soll sich noch durch zeitgleiche Unwetterwarnungen in anderen Teilen Deutschlands verschärft haben. Katwarn will reagieren und die Infrastruktur für seinen Warndienst verbessern.

©Katwarn
Ein bundesweites Katastrophenwarnsystem, das bei einem wirklich wichtigen Einsatz, bei dem Hunderttausende Menschen betroffen sind, gleich mal überlastet ist. Das ist keine gute Werbung für Katwarn. Doch was ist Katwarn überhaupt?
Katwarn für iOS, Android und Windows Phone
Der Verband öffentlicher Versicherer ließ Katwarn vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) entwickeln. Katwarn ist eine kostenlose App für iOS und Android sowie Windows. Sie warnt basierend auf Meldungen von Polizei, Feuerwehr, Gemeinden/Städten und dem Deutschen Wetterdienst den Smartphone-Besitzer deutschlandweit mit kurzem Text und einer Kartenansicht vor Katastrophen und anderen Gefahrensituationen wie Großbränden, schweren Unwettern, Bombenfunden und so weiter. Die App weiß basierend auf den Lokalisierungsdaten von Mobilfunk-Basisstationen und WLAN-Zugangspunkten wo sich der Katwarn-Nutzer befinden und warnt ihn somit nur, wenn er tatsächlich von einem Alarm betroffen ist (Schutzengel-Modus). Außerdem kann man bis zu sieben Orte in der App eintragen, zu denen man eine Warnung erhalten möchte. Sobald ein Warn-Vorfall vorliegt, stößt die App mehrere laute Warntöne aus (die Freitagabend nicht zu überhören waren).
Die Warnungen sollen bis auf die kommunale Ebene ortsgenau nur an wirklich betroffene Nutzer versendet werden. Und nicht pauschal an alle App-Nutzer. Bei einer Warnung sehen Sie, vor war Sie gewarnt werden, wo genau das Problem besteht und wer warnt.
Das seit 2011 nutzbare Katwarn ist kostenlos, steht aber nicht in allen Orten zur Verfügung. Per Twitter informiert Katwarn, wenn neue Gemeinden Katwarn beitreten. Zuletzt kamen beispielsweise Landau und Bad Türkheim dazu.
Auch Warnungen per SMS
Wer kein Smartphone, sondern nur ein Handy besitzt, kann sich kostenlos per SMS warnen lassen. Für die Anmeldung zum SMS-basierten Katwarn schicken Sie eine SMS (für die gegebenenfalls Kosten im Rahmen Ihres Mobilfunkvertrags anfallen) mit der Postleitzahl des Ortes, für den Sie Warnungen empfangen wollen, an diese Telefon-Nummer: 0163 755 88 42 (diese Nummer können Sie nicht anrufen, nur SMS sind möglich!). Beispiel: „KATWARN 80807 online@pcwelt.de“ veranlasst, dass Katwarn ab sofort Warnungen für den Standort der PC-WELT-Redaktion an unser Handy schickt und zusätzlich auch noch an unsere Mailadresse. Die Angabe der Mailadresse können Sie aber weglassen, „KATWARN 80807“ reicht also auch. Die Warn-SMS, die Ihnen Katwarn dann schickt, kosten Sie nichts.
Voraussetzung ist natürlich, dass für die von Ihnen angegebene Postleitzahl Katwarn-Warnungen verschickt werden. Die Kölner Polizei beispielsweise verwendet Katwarn nicht.
App installieren und einrichten
Sobald Sie das kostenlose Katwarn für iPhone oder Android oder Windows Phone installiert haben, müssen Sie noch den Schutzengelmodus aktivieren und können zusätzlich noch die bis zu sieben Orte eingeben, für die Sie Warnungen erhalten wollen.
Gute Alternativen: Twitter und Facebook
Sie haben keine Garantie dafür, dass Katwarn im Ernstfall funktioniert. Gerade im Fall des Amok-Laufs von München hatten sich Facebook und vor allem Twitter als zeitnahe Warnungen bewährt. Mit der Einschränkung, dass auch viele Falschmeldungen und sogar bewusste Fakes über die sozialen Medien verschickt wurden. Speziell die Münchner Polizei warnte rasch via Twitter und Facebook. Die Münchner Polizei twitterte ihre Warnungen und Informationen während der Katastrophennacht sogar in unterschiedlichen Sprachen. Facebook aktivierte beim Münchner Amok-Lauf außerdem seinen Safety Check.
NINA
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) bietet mit NINA (Notfall-Informations- und Nachrichten-App) eine eigene Warn-App für iPhone und Android an. Wenn Sie nur an Umweltereignissen wie Gewitter, Glatteis oder Nebel interessiert sind, können Sie sich auch die Apps des Deutschen Wetterdienstes installieren. Für Android und iPhone.