Eine der Säulen des Internets steht mal wieder zur Diskussion: Die Netzneutralität. Sie besagt, dass alle im Internet übertragenen Inhalte gleichberechtigt sind. Internet-Provider und Mobilfunkunternehmen dürfen also keine Inhalte, mit denen sie mehr Geld verdienen können, schneller durchleiten als Inhalte, an denen sie nichts oder weniger verdienen. Diese Netzneutralität ist Telekommunikationsunternehmen immer wieder ein Dorn im Auge. Im Oktober 2015 hat das EU-Parlament ein Gesetz beschlossen, das die Gleichbehandlung aller im Internet bewegten Daten nicht explizit und ohne Ausnahme festschreibt. Stattdessen wird der Begriff Netzneutralität in dem Gesetzestext überhaupt nicht mehr verwendet. Das Gesetz erlaubt Internetzugangsanbietern ausdrücklich zwischen verschiedenen Kategorien von Datenverkehr zu unterscheiden, um Gesamtqualität und Nutzererlebnis zu optimieren. “Spezialdienste” für besondere Inhalte dürften die Zugangsprovider dafür privilegiert behandeln. Das Gesetz definiert in seinem Text jedoch nicht, was diese Spezialdienste sind.
TK-Unternehmen üben Druck auf Regulierungsbehörde aus Wie die Financial Times berichtet, wollen nun 17 Telekomkonzerne die Netzneutralität deutlich aufweichen, um mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G mehr Geld zu verdienen. Zu den Unterzeichnern des so genannten 5G Manifesto gehören auch die Deutsche Telekom und Vodafone. Die Unternehmen wollen von der Behörde “European Regulators for Electronic Communications” (BEREC), dass diese die Vorgaben für die Netzneutralität so sehr aufweicht, dass Internetunternehmen selbst entscheiden können, welche Daten sie schneller weiterleiten und welche sie drosseln. Und dass die Internetzugangsprovider Spezialdienste bevorzugen dürfen. Nur, wenn den Telekommunikationsunternehmen solche Rechte und die damit verbundenen Renditemöglichkeiten eingeräumt würden, würden die Unternehmen verstärkt in den Ausbau der neuen 5G-Mobilfunktechnologie investieren.
Andersherum formuliert: Wenn die Regulierungsbehörde BEREC den Telekommunikationsunternehmen nicht entgegenkommt, dann würden diese ihre Mobilfunkdienste für 5G nicht so schnell ausbauen. Als Beispiel für ein Anwendungsgebiet, dessen Daten bevorzugt übertragen werden sollen, nennen die Unternehmen die Datenübertragung zwischen und zu Autos. Damit diese in Echtzeit vor Gefahren aller Art gewarnt werden können. Der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger unterstützt die Forderungen der Unternehmen.
Glad to see @Siemens, @deutschetelekom & other industr players contributing to #5G Manifesto https://t.co/N5HRew6v4P pic.twitter.com/vavRG1yyvU
— Günther H. Oettinger (@GOettingerEU) 8. Juli 2016
Webformular gegen Aufweichung der Netzneutralität
Mit ihrem 5G Manifesto wollen die Telekommunikationsunternehmen also Druck auf die EU beziehungsweise deren Regulierungsbehörde ausüben. Netzaktivisten sind entsetzt. Über dieses Webformular können Sie Ihre Meinung zur Netzneutralität der BEREC mitteilen und gegen die Abschaffung der Netzneutralität votieren. Bei Redaktionsschluss hatten 94.393 Menschen eine Nachricht an die Regulierungsbehörde geschickt.