Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil (4 Ss 543/15) festgestellt, dass Aufnahmen, die mit einer im Auto angebrachten Dashcam wie der Garmin Nüvicam oder der Gembird DCAM-005 erstellt wurden, durchaus als Beweis in einem Bußgeldverfahren verwendet werden dürfen, auch wenn bei der Aufzeichnung vielleicht gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen wird.
Wörtlich sagt das OLG Stuttgart: „Aus einem Verstoß eines Verkehrsteilnehmers beim Betrieb einer dashcam (On-Board-Kamera) gegen das datenschutzrechtliche Verbot gem. § 6b BDSG, nach dem die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur in engen Grenzen zulässig ist, folgt nicht zwingend ein Beweisverwertungsverbot im Bußgeldverfahren.” Denn „§ 6b BDSG, insbesondere dessen Absatz 3 Satz 2, enthält kein gesetzlich angeordnetes Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren“, führt das Gericht weiter aus.
“Ob ein (möglicherweise) unter Verstoß gegen § 6b BDSG erlangtes Beweismittel zulasten eines Betroffenen in einem Bußgeldverfahren verwertet werden darf, ist im Einzelfall insbesondere nach dem Gewicht des Eingriffs sowie der Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden”, schlussfolgert das Stuttgarter Gericht.
Und weiter: „Der Tatrichter ist grundsätzlich nicht gehindert, eine Videoaufzeichnung, die keine Einblicke in die engere Privatsphäre gewährt, sondern lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiert und eine mittelbare Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs zulässt, zu verwerten, wenn dies zur Verfolgung einer besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigenden Ordnungswidrigkeit erforderlich ist.“
Autofahrer fährt bei Rot über die Kreuzung
Hintergrund: Ein Autofahrer war sechs(!) Sekunden, nachdem seine Ampel auf Rot geschaltet hatte, noch über eine Kreuzung gefahren. Ein Zeuge filmte mit seiner Dashcam den Rotlichtverstoß. Aus der Dashcam-Aufnahme konnte zuverlässig rekonstruiert werden, dass die Ampel bereits sechs Sekunden lang Rotlicht zeigte als der Autofahrer die Kreuzung überfuhr. Zuvor hatte der Rotlichtsünder bereits eine andere Ampel bei Rot überfahren.
Das Amtsgericht Reutlingen verhängte wegen dieses derben Rotlichtverstoßes eine Geldstrafe von 200 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot. Der Rotlichtsünder legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein, weil er durch „die Fertigung der Bildaufzeichnung …einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht“ und Datenschutzaspekte verletzt sah.