Kabel sind immer ein Problem. Je mehr davon man verwenden muss, desto größer ist die Gefahr, irgendwann ein chaotisches Knäuel zu erzeugen und den Überblick zu verlieren. Insofern ist es sinnvoll, das Kabelaufkommen soweit wie möglich zu reduzieren. Wenn es beim Netzwerk nicht gerade um große Datenmengen und kurze Übertragungszeiten geht, dann ist WLAN das Mittel der Wahl, um das eine oder andere CAT-Kabel auszumisten. Was man so nicht löst, ist das Problem von Stromkabeln respektive einer Flut von Netzteilen. Da kommt nun doch das LAN-Kabel wieder ins Spiel, denn es ist in der Lage, nicht nur Daten, sondern eben auch Strom zu übertragen. Power over Ethernet, kurz PoE, heißt dieses Prinzip und es ermöglicht gleich mehrere Dinge. So lässt sich durch die Reduzierung von Steckernetzteilen nicht nur mehr Ordnung und Übersicht schaffen, es kommt auch der Energieeffizienz zugute. Denn man eliminiert so auch eine ganze Menge Blindleistung, die am Ende nur die Stromrechnung nach oben treibt.
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Power over Ethernet – Strom, wo keiner ist
Noch einen weiteren Vorteil besitzt PoE. Das Netzwerkkabel ist wesentlich einfacher und unauffälliger zu verlegen als eine Stromleitung. Soll also beispielsweise eine Überwachungskamera installiert werden, so kann es extrem sinnvoll sein, diese per LAN-Kabel anzubinden und darüber gleichzeitig mit Energie zu versorgen. Auch VoIP-Telefone können auf diese Weise gespeist werden, ein Raspberry Pi ebenfalls.
Fritzbox unterstützt PoE nicht

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Die aktuellen Fritzbox-Modelle unterstützen kein Power over Ethernet. Wir fragten bei AVM nach dem Grund. AVMs Antwort: „Das hat zum einen mit dem höheren Energieverbrauch durch PoE zu tun, zum anderen müsste man Bauteile der FRITZ!Box-Modelle neu dimensionieren.“
Grenzen
Wenn jetzt aber jemand denkt: „Wie praktisch, dann kann ich ja auch meinen Laserdrucker endlich in die Ecke hinterm Schreibtisch stellen“, dann wird das nicht funktionieren. Denn Power over Ethernet ist limitiert, was den Strombedarf angeht. Denn der IEEE 802.3af-2003-Standard sieht gerade einmal 15,4 Watt Leistungsabgabe vor, der neuere IEEE 802.3at-2009 immerhin 25,5 Watt. Allerdings pro Gerät, was zunächst einmal nach nicht so viel klingt, aber ohne Probleme reicht, um viele Access-Points, Kameras oder sogar auch manche kleine NAS zu nutzen.
Funktionsprinzip
Es gibt zwei verschiedene Arten, Strom durch das Netzwerkkabel zu transportieren. Entweder nutzt man die freien Adernpaare des Netzwerkkabels, was aber eigentlich nur bei älteren Netzwerkstandards funktioniert, die nicht alle vier Adernpaare zur Signalübertragung benötigen. Andernfalls wird der Strom – übrigens 48 Volt Gleichstrom – unter das Signal moduliert, sodass es die Datenübertragung nicht beeinflusst. Technisch ist das kein Problem, wobei der Standard voraussetzt, dass alle beteiligten Geräte beide Verfahren beherrschen.

PoE in der Praxis
Wie aber kommt denn nun der Strom ins Netzwerk? Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten der Einspeisung: entweder mittels eines PoE-Switches oder über einen PoE-Injector. Ersteres ist die zweifellos einfachste Variante, weil außer dem Switch keine weiteren Geräte bzw. Netzteile nötig sind. Zweites ist allerdings die Variante, die sich anbietet, wenn man keine großen Umbauten an seinem Netzwerk vornehmen möchte. Für komplexere Vernetzungen gibt es auch noch PoE-Switches, die ihrerseits wieder per Netzwerkkabel mit Energie versorgt werden. Viel mehr ist übrigens auch nicht nötig, um PoE nutzen zu können, sofern man entsprechende Endgeräte besitzt. Es kann nur sein, dass man bei diesen noch aktivieren muss, dass sie sich ihren Strom aus dem Netzwerkkabel holen.
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Geräte ohne PoE
Es stellt übrigens keine Probleme dar, in einem PoE-gespeisten LAN auch Komponenten zu verwenden, die ohne Power over Ethernet auskommen (müssen). Sie ignorieren einfach die Tatsache, dass unter dem Datensignal noch eine Spannung anliegt. Managebare Switches bieten zudem die Option, PoE auf einzelnen Ports zu aktivieren bzw. zu deaktivieren. Das ist allerdings nur nötig, wenn man in großen Netzwerken verhindern will, dass zu viele Verbraucher unkontrolliert Strom aus dem LAN beziehen und so womöglich andere Geräte lahmlegen. Es ist aber im Gegenzug möglich, Geräte via Netzwerk mit Energie zu versorgen, die eigentlich nicht dafür vorgesehen sind.

Voraussetzung ist allerdings, dass sie über ein externes Netzteil verfügen. Dann bringt man einen PoE-Splitter zum Einsatz, der im Prinzip nichts anderes ist als eine Art Frequenzweiche, die Datenpakete und PoE-Gleichspannung voneinander separiert. Der Strom wird dann über ein Abzweigkabel abgegriffen und kann so einen Verbraucher speisen. Doch Achtung: Es gibt sehr einfache Splitter für etwa zwei bis drei Euro, die dann die vollen 48 Volt durchreichen. Andere Modelle können 5 Volt, 12 Volt oder auch einen variablen Bereich bedienen, weil sie die Spannung heruntertransformieren. Sie kosten um 20 Euro und lassen sich problemlos in das LAN-Kabel einschleifen.

Einen Raspberry PI per PoE betreiben
Um einen Raspberry per PoE zu betreiben, kann es gute Gründe geben. Etwa den, den Mini-Computer mit einer USB-Kamera als netzwerkfähige Überwachungskamera zu nutzen. Dazu bietet sich unter Raspbian beispielsweise das Motion-Paket an. Unter https://elinux.org/RPi_USB_Webcams findet sich eine Liste mit Webcams, die aktuell unterstützt werden. Es empfiehlt sich ein Modell, das in der Tabelle den Eintrag „works fine without powered hub“ besitzt; so kann man sich eine zusätzliche Versorgung der Kamera sparen. Um den Raspberry mit Strom zu versorgen, existieren nun zwei Möglichkeiten:
Die Firma Xtronix bietet ein PoE-Shield an , das auf den Pi gesteckt wird und die Energieversorgung über die GPIO-Pins realisiert. Auf der kleinen Platine sind zwei Ethernet-Ports, dazwischen der PoE-Splitter. Diese Lösung ist sehr kompakt und elegant, kostet aber auch 55 Britische Pfund, also rund 75 Euro. Deutlich preiswerter geht es mit einem handelsüblichen Splitter und etwas Adapter-Bastelei. Die größte Herausforderung ist nämlich tatsächlich der Wechsel vom typischen runden Niedervolt-Stecker, den viele Splitter besitzen, auf den Micro-USB des Raspberrys oder alternativ auf die GPIO-Pins.

In unserem Fall nutzen wir einen 5-V-Splitter von Cisco/Linksys, dessen Stromkabel mit einem JST XHP-2-Stecker auf der Platine aufgesteckt ist. Es macht wenig Arbeit, diesen gegen ein anderes Exemplar zu tauschen, dass zunächst einmal nur mit zwei Kabeln ohne Stecker bestückt ist. Wer sich gar keine Arbeit machen will, schließt am anderen Ende einen schraubbaren Micro-USB-Stecker an. Oder man greift zum Lötkolben und nimmt einfach ein Micro-USB-Kabel, das man zerschneidet. Dabei ist darauf zu achten, dass man die richtigen Litzen verwendet: In den meisten Fällen ist Rot der Plus-und Schwarz der Minuspol. Hat man das Kabel dann fertig modifiziert, steckt man das Netzwerkkabel, das vom PoE-Injector oder wie bei uns vom PoE-Switch kommt, ein, verbindet den Raspberry zunächst mit dem durchgeschleiften LAN-Anschluss und dann mit dem Stromkabel. Und schon muss man nur noch die Kamera richtig platzieren und das System ist betriebsbereit.

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