Am Anfang war der Diesel und am Ende war der Diesel. Nur dazwischen war Strom. So könnte man die Keynote von VW auf der CES in Las Vegas etwas flapsig zusammenfassen. Der VW-Markenchef Herbert Diess versprach bei der Aufklärung der Abgasaffäre mit den US-Behörden zu deren Zufriedenheit zusammenarbeiten zu wollen. Diess entschuldigte sich ausdrücklich für den Abgasbetrug. Danach drehte sich aber alles nur noch um E-Autos mit voller Konnektivität. Konkret waren es zwei Modelle, mit denen VW in die nahe und in die ferne Zukunft starten will: Der e-Golf Touch und der BUDD-e.

Letzterer kommt aber – wenn überhaupt – erst zum Ende des Jahrzehnts, der e-Golf Touch dagegen soll noch 2016 zu den Kunden rollen. Nur mit Stromenergie angetrieben soll der e-Golf moderne Bedienkonzepte in einem Serienmodell mit Null Emissionen bieten. Dr. Volkmar Tanneberger, bei VW für die Entwicklung der Elektronik verantwortlich, stellte den e-Golf Touch während der CES-Keynote von Volkswagen ausführlich vor.

Der e-Golf Touch besitzt einen 9,2-Zoll großen Touchscreen (1280×640 Pixel Auflösung), der Touchscreen im e-Golf Touch ist also größer als der derzeit im VW-Top-Infotainmentsystem Discover Pro verbaute Bildschirm. Außerdem gibt es im e-Golf Touch eine verbesserte Sprachsteuerung und Gestensteuerung. Der e-Golf Touch wird damit das erste VW-Serienmodell, in dem VW die Gestensteuerung anbietet. Denn obwohl Volkswagen dieses Feature bereits auf der CES 2015 im Golf R Touch vorstellte, gibt es die Gestensteuerung bis jetzt in keinem Serienfahrzeug zu kaufen. BMW ist da schon etwas weiter und verkauft diese Bedienfunktion unter der etwas sperrigen Bezeichnung Gestiksteuerung im neuen BMW 7er. Fairerweise muss man aber sagen, dass der 7er in einer anderen Preisklasse als der e-Golf spielt.
Für die Integration von Smartphones sind unter anderem Carplay für Apple iPhones, Android Auto und Mirrorlink vorhanden. Diese drei Schnittstellen sind aber auch schon in einigen aktuellen Fahrzeugen des VW-Konzerns verbaut, unter anderem im Seat Connect mit Full Link.

Der Touchscreen besteht standardmäßig aus einem großen Hauptfeld und zwei kleinen Kacheln. Diese beiden Kacheln des Touchscreens kann mit den gewünschten Funktionen belegen. Also zum Beispiel eine Kachel für das Telefon oder für die Musikauswahl prominent platzieren. Man kann aber auch den Hauptbildschirm auf den ganzen Touchscreen aufziehen, beispielsweise für die Navigationskarte.

Die Sprachsteuerung kann per Aktivierungsbefehl “Hallo Volkswagen” gestartet werden, man muss also keinen Einschaltknopf am Lenkrad oder neben dem Touchscreen mehr drücken. Im Innenraum bietet der e-Golf Touch das kabellose Aufladen von Smartphones nach dem Qi-Standard an. Der moderne USB-Typ-C-Port ist ebenfalls im Golf verbaut. Für die bessere Kommunikation zwischen den Frontpassagieren und den Heckpassagieren ist eine elektronische Sprachverstärkung verbaut. Mit Mikrofon und Lautsprechern. Weitere Verbesserungen betreffen die Personalisierbarkeit (so lassen sich Einstellung für das Infotainmentsystem beim Fahrzeugwechsel mitübernehmen) und die Steuerung des Infotainmentsystems per Tablet.

Die Fernzugriffs-App e-Remote wird zur Volkswagen Car-net-App ausgebaut, sie soll nun auch bei der Routenplanung helfen.
Mit dem e-Golf Touch will VW seine Zukunftsfähigkeit zeigen und beweisen, dass der Wolfsburger Konzern wesentlich die Weiterentwicklung der Automobils mitbestimmen kann. Speziell in den USA soll der e-Golf auch für gute Stimmung bei den Kunden und bei der Regierung sowie der US-Umweltbehörde EPS sorgen. In nennenswerten Stückzahlen dürfte er dagegen vorerst kaum produziert werden.

Update 7.1.2016, 00:55: PC-WELT probierte den e-Golf auf der CES aus
Der große und durchaus umstrittene Hingucker auf dem CES-Messestand von VW ist zwar der BUDD-e, doch auch der e-Golf Touch stößt auf großes Interesse. Wir setzten uns in den Wagen und probierten die neuen Funktionen aus.
Die Sprachverstärkung auf dem Fahrersitz funktioniert gut, wir können auf dem Rücksitz die Worte des Mitarbeiters von Volkswagen of America, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, gut verstehen. Trotz des großen Messelärms um uns herum. Auf dem Rücksitz gibt es aber kein Mikrofon, wir müssen also deutlich lauter sprechen, damit uns der Amerikaner vorne noch versteht. Die Sprachverstärkung ist derzeit also noch eine Einbahnstraße von vorne nach hinten.

Die Gestensteuerung scheint grundsätzlich zu funktionieren, man kann zum Beispiel mit Wischgesten durch die Bildersammlung navigieren. Allerdings klappte das im Test vom Beifahrersitz aus besser als vom Fahrersitz – es sollte aber genau anders herum sein. Denn das gesamte Infotainmentsystem ist auf den Fahrer ausgerichtet. Das ist schon allein deswegen nötig, damit zum Beispiel die auf dem Rücksitz tobenden Kinder nicht so ohne weiteres die Bedienung des Infotainmentsystems stören können.
Der Weckruf “Hallo Volkswagen” funktioniert grundsätzlich auch. Das zum Fahrer ausgerichtete Mikrofon hört also ständig mit, wenn man diese Funktion aktiviert – genauso wie bei Apple Siri, Microsoft Cortana und Google Now sowie bei den Navigationsgeräten von Garmin. VW betont aber, dass nichts aufgezeichnet wird. Im Test ließ sich die Sprachsteuerung des e-Golf Touch recht zuverlässig mit “Hallo Volkswagen” starten.
Der große Bildschirm gibt Fotos beeindruckend scharf aus und reagiert gewohnt schnell auf Fingereingaben. Das kennen wir so auch schon vom Discover Pro im Golf GTD und im Passat, der größere Bildschirm ist insofern nur eine Weiterentwicklung. Alles in allem macht das Bedienkonzept des e-Golf Touch einen guten Eindruck, es hat aber noch nicht ganz die Serienreife erreicht. Doch VW hat ja noch einige Monate Zeit, um es zu finalisieren.