Zwei Jahre lang hat die Türkei den Zugang zu Youtube blockiert. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg entschieden (englischsprachige Pressemitteilung als PDF zum Download): Mit der Youtube-Sperre hat die Türkei gegen den Artikel 10 (Recht auf freie Meinungsäußerung) der europäischen Menschenrechtskonvention zur Informationsfreiheit verstoßen. Die Straßburger Richter stellten zudem fest, dass die Türkei damit auch gegen türkische Gesetze verstoßen habe. Diese erlauben es nicht, den Internetzugang generell oder den Zugang zu einer Webseite zu blockieren.
„Eine Blockade der Youtube-Zugänge ohne rechtliche Grundlage hat das Recht zum Empfang und zur Verbreitung von Informationen verletzt“, zitiert die FAZ in ihrer Online-Ausgabe die Straßburger Richter. Und weiter: Youtube habe „die Entstehung eines Bürgerjournalismus ermöglicht, der die Verbreitung politischer Informationen erlaubt, die von den traditionellen Medien ignoriert werden“. Deshalb sei die Youtube-Sperre ein Eingriff in die Informationsfreiheit der Einzelnen, auch wenn sich die Blockade nicht explizit gegen sie richte.
Die Richter gaben mit ihrem Urteil den Klagen der türkischen Rechtswissenschaftler Serkan Cengiz, Yaman Akdeniz und Kerem Altıparmak gegen die damalige Entscheidung eines türkischen Gerichts statt.
Hintergrund
Ein Gericht in Ankara (der Ankara Criminal Court) hatte von 5. Mai 2008 bis 30. Oktober 2010 den Zugang zu Youtube blockieren lassen, weil auf Youtube rund ein Dutzend Videos gezeigt wurden, die das Gericht als Beleidigung von Mustafa Kemal Atatürk gewertet hatte. Atatürk ist der Gründer der modernen Türkei nach dem ersten Weltkrieg; überall in der Türkei stehen Standbilder und Portraits von ihm.
Noch mehr Internetsperren
Im März und April 2014 sperrte die Türkei erneut den Zugang zu Youtube und auch den zu Twitter. Das hatte aber andere Gründe als bei der Sperre im Jahr 2008. 2014 ging es darum, dass über Youtube und Twitter Informationen und Tonbandaufnahmen zu Korruptionsvorwürfen gegen den Clan des damaligen Ministerpräsidenten und jetzigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan verbreitet wurden.