Die offizielle Vorstellung von Android 6 erfolgte auf der diesjährigen Google I/O . Da lief das Ganze noch unter dem Codenamen „Android M“. Es gab insgesamt drei offizielle Preview-Versionen, die allerdings den Nutzern der Nexus-Modelle Nexus 5, 6 und 9 vorbehalten waren. Die Besitzer dieser Geräte waren es auch, die als Erste das offizielle Release auf ihren Smartphones und Tablets installieren konnten. Auch für die Besitzer eines Nexus 7 in der 2013er Version und des Nexus Players steht die aktuellste Android-Version inzwischen offiziell zur Verfügung. Viele Hersteller von Smartphones und Tablets haben in den letzten Wochen ebenfalls Updates für Teile Ihres Produktportfolios angekündigt. HTC beispielswiese nutzt dafür einen Twitter-Feed und hält darüber die Anwender auf dem Laufenden.
So konkret wie der Hersteller aus Taiwan sind allerdings die wenigsten mit ihren Veröffentlichungsterminen. In den meisten Fällen gibt es vage zeitliche Ankündigungen oder auch nur Vermutungen und Gerüchte, die in verschiedenen Foren kursieren. Wir haben uns auf Basis der verfügbaren offiziellen Nexus-Modelle das neue Betriebssystem genauer angeschaut und die wichtigsten neuen Funktionen zusammengestellt.

Offensichtliche Veränderungen
Beim ersten Start Ihres Nexus-Geräts fällt zunächst einmal das neue Hintergrundbild ins Auge. Hierfür wurde ein Küstenstrand ausgewählt. Wenn Sie in die Darstellung Ihrer installierten Apps gehen, sehen Sie gleich mehrere Veränderungen: So steht Ihnen etwa am oberen Rand des Bildschirms eine Suchleiste zur Verfügung, mit der Sie innerhalb der installierten Anwendungen suchen können. Darüber hinaus sehen Sie in der obersten Leiste diejenigen Apps, die Sie zuletzt verwendet haben. Wenn Sie mehr Apps installiert haben, als auf den Bildschirm passen, dann wird zusätzlich zur Scrollleiste der Anfangsbuchstabe der Apps eingeblendet. Dies erlaubt Ihnen eine zielgerichtete Navigation. Eine Funktion, die bislang den Besitzern von Tablets vorbehalten war, ist der drehbare Startbildschirm. Wenn Sie Ihr Smartphone drehen, sehen Sie diesen entweder im Hoch- oder im Querformat. Ansonsten hat sich auf der Oberfläche jedoch nichts Wesentliches verändert. Diese Neuerungen beginnen unter der Haube. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt dabei auf der Sicherheit Ihres Gerätes und der darauf laufenden Anwendungen.

Berechtigungen individuell setzen
Bis Android Lollipop hat jede Anwendung bei der Installation die benötigten Berechtigungen angezeigt. Sie hatten standardmäßig allerdings keine Möglichkeit, einzelne Optionen explizit nicht zu genehmigen. Dies war nur mit einem gerooteten Tablet oder Smartphone und den entsprechenden Apps möglich. An dieser Stelle hat Google mittlerweile deutlich nachgearbeitet: Innerhalb der App-Infos finden Sie nun den Menüpunkt „Berechtigungen“. Dahinter verbergen sich alle Rechte, über welche die Anwendung verfügt. Neu hinzugekommen ist ein Schalter, mit dem Sie jede einzelne Option an- und abschalten können. Damit steuern Sie künftig individuell die Zugriffe einer App auf Ihre Daten sowie die Hardware Ihres Endgeräts. Bei einem ersten Test hat diese Funktion bereits recht gut gearbeitet. Allerdings sind an dieser Stelle noch einige Nacharbeiten seitens der App-Entwickler notwendig, da diese Funktion nicht von Haus aus vorhanden ist. Nur wenn diese ordentlich umgesetzt wird, haben Sie am Ende auch die Möglichkeit, die Berechtigungen einzeln zu verwalten. Insgesamt sieht Android 6 an dieser Stelle acht Berechtigungsarten vor, die Sie individuell steuern können. Diese reichen von der Telefonfunktion bis hin zu den im Smartphone oder Tablet eingebauten Sensoren.

Fingerabdruck-Scanner und Android Pay
Apple hatte mit dem iPhone 5s einen kombinierten Home-Button und Scanner eingeführt. In Kombination mit der Touch-ID lassen sich Ihre biometrischen Daten jetzt zur Freigabe von Zahlungen oder als Passwortalternative verwenden. Google zieht in Android 6 entsprechend nach und implementiert eine Schnittstelle, mit deren Hilfe Sie in der Lage sind, entsprechende Vorgänge ebenfalls mit Ihrem Fingerabdruck freizugeben. Bislang waren dies proprietäre Lösungen der Hersteller. Hierzu passt auch Android Pay . Es handelt sich dabei um den Bezahldienst, der für die USA bereits angekündigt ist. Auf der Google-Website finden Sie eine erste Übersicht der unterstützten Unternehmen, darunter namhafte Firmen, wie etwa Best Buy, Subway, McDonald’s oder Toys’R’Us. Auf der Liste der Apps, die Android Pay zu Beginn unterstützen werden, befinden sich unter anderem Groupon wie auch der in die Schlagzeilen geratene Taxidienst Uber.

Die Vorteile der Nutzung sind schnell beschrieben: Die Bezahlung erfolgt in Geschäften über Ihr Smartphone sowie das NFC-Protokoll. Sie bewegen Ihr Endgerät in die Nähe des Lesers und autorisieren die Zahlung durch das Entsperren Ihres Smartphones. Es ist kein weiterer Start einer App oder Ähnliches notwendig. Android gibt auf der Webseite auch einige zentrale Sicherheitsfunktionen bekannt. So ist die Nummer Ihrer Kreditkarte ausschließlich Google bekannt. Für die Durchführung einer Transaktion wird lediglich eine Einmal-Nummer an den Händler weitergegeben. Nachdem der Bezahlvorgang stattgefunden hat, sollen die Transaktionsdaten in einer Bezahlübersicht erscheinen. Damit sehen Sie dann direkt, ob mit Ihrem Konto Missbrauch getrieben wurde. Die Verwaltung von Android Pay wird in den Einstellungen aller Voraussicht nach über den Punkt „Mobil bezahlen“ erfolgen. Dieser ist zumindest in der zweiten Preview allerdings noch ohne Funktion.
Lesetipp: Android in Windows 10 integrieren – so geht’s
Speicherverwaltung und Nutzung
In den Einstellungen finden Sie wie gewohnt den Menüpunkt „Speicher & USB“ zur Verwaltung des internen Speichers. Die Darstellung ist jedoch weniger farbenfroh: Sie sehen nur an einem Gesamtbalken, wie viel Speicher verbraucht worden ist. In der darunter liegenden Übersicht finden Sie anschließend eine Aufteilung in die einzelnen Nutzergruppen. Mithilfe des Menüpunkts „Erkunden“ verzweigen Sie direkt in den Browser des internen Speichers. In diesem können Sie die einzelnen Speicherorte individueller untersuchen. Gleichfalls übersichtlicher präsentiert sich nun die Darstellung des Arbeitsspeichers, die unter „Speicher“ zu finden ist. Mit dem Link am unteren Bildschirmrand können Sie sich den durchschnittlichen Speicherverbrauch jeder App darstellen lassen.

Schnelleinstellungen und Lautlos-Modus
Die Verbesserungen an den Quick-Settings sind auf den ersten Blick nicht transparent, die Einstellungen dazu hat Google auch gut versteckt. Rufen Sie im ersten Schritt die Quick-Settings auf, indem Sie mit zwei Fingern von oben nach unten wischen. Klicken Sie anschließend beim ersten Aufruf länger auf das Einstellungssymbol in der rechten oberen Ecke. Dadurch wird innerhalb der Einstellungen ein weiterer Menüpunkt „System UI Tuner“ aktiviert.
Sie können innerhalb des Menüpunkts „Schnelleinstellungen“ die Kacheln nach Ihren Wünschen anordnen und neue Kacheln hinzufügen. In der Statusleiste legen Sie fest, welche Informationen dort erscheinen sollen. Im Standard sind alle verfügbaren Möglichkeiten aktiviert. Mithilfe des Demo-Modus können Sie sich vorab ein Bild verschaffen, wie die Anpassungen aussehen werden.
In Android 6 kehrt auch der klassische Lautlos-Modus wieder zurück. Durch Drücken der Leise-Taste wird die Lautstärke so lange reduziert, bis das Gerät nur noch vibriert. Lediglich der Wecker ist in diesem Fall noch aktiv und über die Lautsprecher zu hören.
Batterieverbrauch und neue Schnittstellen
Laut Google wurde auch der Batterieverbrauch signifikant verbessert. Auf der Google I/O hat der Hersteller mit „Doze“ eine neue Funktion präsentiert. Diese kommt zum Tragen, wenn Sie Ihr mobiles Device vom Ladegerät trennen, das Mobilgerät nicht bewegen und auch der Bildschirm nicht aktiv ist. In diesem Zustand geht das Smartphone oder Tablet in den Stromsparmodus, und das Betriebssystem unterbindet die Netzwerkkommunikation der Apps. Die Akkulaufzeit des Geräts hat in diesem Fall jedoch die oberste Priorität. Sobald Sie das Gerät wieder aufwecken, funktionieren sämtliche Apps weiter. Auf diese Weise soll die Akkulaufzeit deutlich verbessert und teilweise sogar verdoppelt werden. Sie können diese auf für jede App individuell setzen. Dazu rufen Sie über „Einstellungen –> App“ die entsprechende Anwendung auf. Innerhalb der App-Info finden Sie die Eigenschaft „Akku“. Wenn Sie diese anklicken, können Sie den Energieverbrauch entsprechend anpassen.
Offiziell unterstützt wird mit Android 6 auch der USB-Standard Typ C. Mit diesem können Sie Ihr Smartphone nicht nur schneller aufladen, sondern den internen Akku auch zum Laden anderer Geräte verwenden.

Vereinfachte Backups
Das Backup Ihrer Einstellungen und App-Daten ist ebenfalls deutlich verbessert worden. Sie benötigen ab Android 6 keine zusätzliche App mehr dafür. In der Entwicklungsdokumentation ist diese Funktion genauer beschrieben: So werden die Daten automatisch alle 24 Stunden mit Ihrem Google- Drive-Konto synchronisiert. Dafür muss Ihr Endgerät allerdings mit einem WLAN verbunden sein und über ausreichend viel Akkuleistung verfügen. Während der Preview-Phase erhalten Sie pro App 25 MB auf Ihrem Google-Drive-Konto zur Datensicherung.
Erweiterter Assistent
Wenn Sie bereits heute Google Now verwenden, werden Sie sich über die bevorstehenden Neuerungen sicherlich freuen. Diese Funktion steht Ihnen mit Android 6 auch innerhalb von Apps zur Verfügung. Wenn Sie beispielsweise eine Whatsapp-Nachricht bekommen mit der Bitte, noch bei der Reinigung vorbeizugehen, können Sie die Routenfindung direkt aus der Messaging-App heraus starten.

Apps verwalten
Deutlich einfacher ist auch das Löschen von Apps geworden, die sich auf dem Homescreen befinden. Sie können diese nicht nur direkt vom Startbildschirm, sondern auch komplett von Ihrem mobilen Endgerät löschen: Markieren Sie dazu die App mit Ihrem Finger. Daraufhin erscheint am oberen Rand neben der gewohnten Löschen-Funktion noch ein Link „Deinstallieren“. Damit wird die App endgültig gelöscht
Fazit
Die neu hinzugekommenen Funktionen machen das Rooten eines Smartphones immer überflüssiger. Damit bleibt nur noch der Wunsch für alle Besitzer, Android 6 bald auf ihrem Smartphone zu halten. Nachdem Google wie gewohnt mit der Nexus-Reihe den Anfang macht, werden die großen Hersteller sicherlich spätestens Anfang 2016 bei ihren Modellen nachziehen. Dies wird sicherlich auch ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.
Laut Google haben zum 2. November 2015 erst 25,6 Prozent aller Nutzer Android Lollipop verwendet. Das mit Abstand beliebteste Betriebssystem ist immer noch Android 4.4 alias Kitkat, gefolgt von Jelly Bean. Hoffentlich bemühen sich bei Android 6 mehr Hersteller um eine zeitnahe Portierung, damit das Betriebssystem einen ähnlichen Erfolg wie Kitkat feiern kann.