Vor etwas über 20 Jahren feierte das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP Premiere. Im März 1995 debütierte in dem damaligen Mercedes-Benz S-Klasse Coupé 600 das ESP. Wenige Monate später folgt der Einsatz in der Limousine der S-Klasse (W 140) und im SL-Roadster (R 129). Die V12-Modelle erhalten das Sicherheitssystem serienmäßig, für die V8-Modelle dieser Baureihen ist es zunächst optional lieferbar.
Bosch profitiert vom Boom moderner Sicherheits-Assistenten
Produziert wurde das ESP von Bosch. Bosch ist bis heute ein führender Hersteller von Fahrsicherheitssystemen . Nach einer Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 müssen seit November 2011 alle in der EU neu zugelassenen Pkw- und leichte Nutzfahrzeug-Modelle serienmäßig mit ESP ausgestattet werden.
Mercedes-Benz ist Vorreiter
Mit ABS (1978) und der Antriebsschlupf-Regelung ASR (1985) hatte Mercedes-Benz mit elektronischen Systemen begonnen, fahrdynamische Prozesse zu regeln. 1995 folgte der oben erwähnte nächste Schritt: Zusätzliche Sensoren, die den Richtungswunsch des Fahrers (Lenkwinkelsensor) erkennen und feststellen, ob das Auto seitlich wegrutscht (Querbeschleunigungssensor) oder dabei ist, sich um die eigene Hochachse zu drehen (Gierwinkelsensor), bilden die Grundlage für das elektronische Stabilitäts-Programm ESP.
Spannende Fakten zur Elektrik im Auto
Elchtest macht unfreiwillig “Werbung” für ESP
Ausgerechnet Mercedes-Benz musste dann aber 1997 am eigenen Leib erfahren, wie wertvoll ESP sein kann: Als ein schwedischer Autotester die damalige A-Klasse (die völlig anders gebaut ist als die heute verkaufte A-Klasse) zum Umkippen brachte: Der so genannte Elchtest. Mercedes-Benz musste in der A-Klasse das ESP nachrüsten, um den Kompaktwagen sicherer zu machen. Doch danach verbreitete sich ESP zunehmend über alle Preisklassen hinweg und blieb kein Privileg der automobilen Oberklasse.
Viele Namen für einen Technik
ESP heißt übrigens bei vielen Automobil-Herstellern anders. Weil ESP eine eingetragene Marke von Daimler ist, tauften beispielsweise BMW und Mazda die gleiche Technologie in ihren Fahrzeugen auf den Namen DSC: Dynamic Stability Control. Bei Toyota wiederum heißt die lebensrettende Technik VSC Vehicle Stability Control. Ebenfalls weit verbreitet ist die neutrale Bezeichnung Electronic Stability Control (ESC).
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Die Einführung von ESP, DSC, VSC etc. war laut Daimler ein wesentlicher Schritt zur Senkung der Unfallzahlen: Hätten alle Autos ein derartiges Stabilitätsprogramm, so schätzten die Unfallforscher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) noch 2008, könnten allein in Deutschland pro Jahr rund 37.000 Unfälle mit Verletzten und 1.100 Unfälle mit Getöteten ganz vermieden oder deutlich weniger folgenschwer ausgehen. Demnach hat ESP europaweit bereits mehreren tausend Menschen das Leben gerettet.

©Daimler
So funktioniert ESP (Beschreibung von Mercedes-Benz)
ESP hilft dem Fahrer in Situationen, in denen er die Beherrschung seines Fahrzeugs zu verlieren droht. Erkennt es eine fahrdynamisch kritische Situation, bremst es je nach Situation und Bedarf ein Rad oder mehrere Räder gezielt ab. Zusätzlich wird, falls vom System als notwendig erkannt, automatisch das Motordrehmoment angepasst. So unterstützt ESP den Fahrer dabei, das Fahrzeug wieder zu stabilisieren – besonders in Kurven und bei plötzlichen Ausweichmanövern.
Herzstück des Stabilitätsprogramms ist ein Giergeschwindigkeitsmesser. Er verfolgt ständig die Bewegung des Fahrzeugs um seine Hochachse und vergleicht den gemessenen Ist-Wert mit dem Soll-Wert, der sich aus der Lenkvorgabe des Fahrers und der Geschwindigkeit ergibt. Sobald das Fahrzeug von dieser Ideallinie abweicht, greift ESP ein und beeinflusst Schleuderbewegungen schon beim Entstehen.
In den zwei Jahrzehnten seit Einführung wurde ESP ständig weiterentwickelt. Ein wichtiger Meilenstein war die Einführung elektrischer Servolenkungen: Waren bis dahin nur Bremseingriffe und die Reduzierung des Motordrehmoments möglich, so helfen ab 2005 je nach Fahrzeugausstattung auch Lenkeingriffe bei der Stabilisierung des Fahrzeugs. Am spürbarsten für Autofahrer ist der Fortschritt jedoch bei der Abstimmung des ESP-Systems: Regelte die Elektronik die erste A-Klasse noch radikal bis zum Beinahe-Stillstand herunter, greift ESP mittlerweile sehr behutsam ein und hält das Fahrzeug mit minimalem Tempoverlust auf der Fahrbahn.