Das große Aufräumen: Dieser Ratgeber nimmt sich mehr vor als das Entsorgen von temporären Daten, Browsercache und überflüssiger Software. Jenseits typischer Tools wie Bleachbit geht es hier nicht nur um Platzgewinn auf SSDs und Festplatten, sondern auch um aufgeräumte Netzwerke, Durchblick bei Onlinekonten, Ausmisten und Säubern der Hardware. Einmal im Jahr ist es Zeit, Platinenrechner und Ausbau-PCs staubfrei zu fegen und Kabelsalat nachhaltig zu entwirren. Nicht zuletzt nehmen wir auch vermüllte Android-Smartphones und Tablets ins Visier.
Den Start aber machen die Datenträger: Wer Linux- und Windows-Systeme auf knapp bemessenen SSDs, ferner Platinenrechner wie den Raspberry Pi auf kleinen Micro-SD-Karten betreibt, hat selten Platz zu verschenken und sollte die Daten von Betriebssystem und Programmen gut organisieren. Gelegentliche Aufräumarbeiten lohnen sich allemal, bei kleineren Datenträgern wie etwa SD-Karten auch öfter. Aber es soll es nicht nur um den Platzgewinn gehen: Wer mehrere Geräte im Homeoffice betreibt, gewinnt nach Inventur und Re-Organisation wieder den Durchblick über die Daten und verringert Entropie und unnötige Redundanz.
Inventar der Software

Was ist installiert? Benötigt das System diese Ausstattung tatsächlich? An dieser Stelle haben wir vorerst nur das lokale System im Auge. Beachten Sie in diesem Zusammenhang auch den weiteren Beitrag, der das Verteilen von Software im Netzwerk diskutiert.
Ein lückenloser Überblick über installierte Software ist unter Linux nicht ganz einfach, weil verschiedene Installationsquellen verschiedene Tools erfordern. Wem ein grober Überblick genügt, kann sich bei Desktopdistributionen an das grafische Softwarecenter halten. So zeigt die Anwendungsverwaltung von Linux Mint über das kleine Balkenmenü die Option „Installierte Anwendungen zeigen“ und in den meisten Ubuntu-Edition bietet Gnome-Software analog das Register „Installiert“. In den dort angezeigten Katalogen können Sie überflüssige Software per Mausklick entfernen. Die Mint-Zentrale zeigt, installiert und deinstalliert auch Flatpak-Pakete, die Ubuntu-Zentrale auch Snap-Software. Wer es detailliert haben will, muss differenzieren: Mit dem Tool apt installierte Pakete – unter Debian/ Ubuntu/Mint meist das Wichtigste – zeigt folgender Befehl:
apt list –-installed
Installierte Snap-Pakete zeigt dieser Befehl
snap list
und Flatpak-Pakete folgender:
flatpak list
Die jeweiligen Deinstallationsbefehle lauten dann so:
sudo apt remove [Name]
sudo snap remove [Name]
sudo flatpak uninstall [Name]
Als „[Name]“ ist hier jeweils anzugeben, was vorher mit dem „list“-Befehl ermittelt wurde.
Bei apt-Deinstallationen auf Debian/Ubuntu/ Mint sollte am Ende solcher Aufräumarbeiten immer
sudo apt autoremove
folgen. Dies beseitigt nämlich nach der Softwarereinigung die abhängigen und nicht mehr benötigten Pakete – und erst das sorgt in der Regel für signifikanten Platzgewinn. Bestätigen Sie eine allzu opulente Liste von abhängigen Paketen aber nicht kritiklos, da manche Deinstallation den kompletten Desktop mitziehen kann. Wer die bestmögliche Kontrolle behalten will, lässt am besten nach jedem „apt remove“ ein „apt autoremove“ folgen. Dann bleibt die Liste abhängiger Pakete klein und kontrollierbar.
Festplatten & SSDs : Tipps zum Umgang unter Linux
Kriterien für die Deinstallation von Software
Für oder gegen das Ausmisten von Software gibt es mehrere Kriterien:
- Jede Software, die Sie offenbar seit Monaten nicht benutzt haben, ist ein Kandidat zur Deinstallation.
- Software, deren Funktion Sie nicht kennen, sollten Sie nicht ungeprüft deinstallieren. Hier empfiehlt sich mindestens ein vorheriger Start, um sich von der Funktion zu überzeugen. Ist dies nicht aussagekräftig, weil kein grafisches Fenster lädt oder das Terminal keinen Output zeigt, nehmen Sie lieber Abstand.
- Manche Software gilt bei vielen Distributionen als Standard, obwohl deren Funktion vielerorts durch Webdienste (via Browser) ersetzt werden könnte. Einen dicken Mailclient brauchen zum Beispiel nur Nutzer mit mehreren Mailkonten und auch die eigentlich nur, wenn sie Nachrichten zwischen verschiedenen Konten verschieben möchten. Im Übrigen genügt Webmail mit dem Browser. Auch Office-Pakete sind nicht auf jedem System nötig, insbesondere wenn ein Google- oder Microsoft-Konto genutzt wird.
- Software in Snap-Paketen – und mehr noch in Flatpaks – fordert erheblichen Plattenplatz. Die Deinstallation dieser Containerformate und deren Ersatz durch das klassische Binärpaket aus den Paketquellen spart daher erhebliche Kapazitäten. Dafür muss man dann aber in der Regel eine ältere Version der Software in Kauf nehmen.
Konfigurationsdateien der Software
Eine Deinstallation von Software beseitigt nicht die Konfiguration und eventuelle Benutzerdaten, die von dieser Software angelegt wurden. Diese benutzerbezogenen Reste liegen im Home-Verzeichnis im versteckten Ordner „./config“ oder auch direkt im Home-Ordner in versteckten Verzeichnissen, deren Name auf die verantwortliche Software verweist – etwa „.thunderbird“. Strg-H im Dateimanager (unter KDE: Alt-Punkt) blendet die Objekte ein. Überwiegend handelt es sich um Konfigurationsbrösel, deren Löschen kaum Platzgewinn verspricht, aber doch für bessere Übersicht und schnellere Navigation sorgt. Es gibt aber Ausnahmen: Ergiebig ist das Löschen überflüssiger Bild- und Multimediadaten (etwa nach Deinstallation von Kodi, Shotwell) sowie der Indizes von Suchprogrammen (Recoll, Baloo). Deinstallierte Browser und Mailprogramme hinterlassen ebenfalls große Datenhalden im Benutzerordner. Normalerweise können Sie die betreffenden Ordner ohne Bedenken löschen. Bei Mailprogrammen betrifft dies allerdings auch die Nachrichten. Wer diese sichern möchte (bei IMAP-Konten, die alles am Server erhalten, nicht zwingend erforderlich), kann einen Ordner wie „~/.thunderbird“ auf einen externen Datenträger verschieben.
Datenträgerbelegung analysieren
Am Anfang steht die Inventur: Wie viel Platz ist auf den Partitionen frei? Welche Verzeichnisse belegen wie viel Speicher? Unter Ubuntu und Linux Mint finden Sie das Tool Baobab als „Festplattenbelegungsanalyse“ oder „Festplattenbelegung analysieren“ im Hauptmenü. Es zeigt nach dem Start eine Übersicht der Datenträger. Hier sind die Gesamtkapazität und der aktuelle Füllstand ersichtlich. Nach Klick auf dem Pfeil ganz rechts startet Baobab eine Ordneranalyse, die es als Kreis- oder Kacheldiagramm visualisiert. KDE kann mit einem ähnlichen Visualisierungstool Filelight aufwarten.
Auf allen Systemen – mit oder ohne grafischen Desktop – gibt der Befehl df -h im Terminal schnelle Auskunft zur Belegung der Laufwerke. Mit einem Grep-Filter
df -h - | grep /dev/sd
können Sie temporäre Dateisysteme zur besseren Übersicht ausblenden. Vor allem die Prozentzahl („Verw%“) bietet gute Orientierung zum Handlungsbedarf. Nach Verzeichnissen und Dateien schlüsselt der Befehl
du | sort -h
den Platzbedarf auf. Dies ergibt eine aufsteigend sortierte Liste mit den umfangreichsten Verzeichnissen am Ende. Statt der bytegenauen Aufstellung kürzt
du -h | sort -h
die Werte lesbarer mit Megabyte-, Gigabyte- und Terabyte-Angaben ab. Der Befehl berücksichtigt sämtliche Unterordner und sollte in dem Verzeichnis gestartet werden, wo Sie den Platzbedarf messen wollen.
Dateien manuell löschen

Eine große Hilfe für manuelles Löschen ist Ncdu (mit identischem Paketnamen). Denn das Terminalprogramm sortiert die Verzeichnisse standardmäßig nach der enthaltenen Datenmenge, wechselt wie ein Dateimanager zwischen den Verzeichnissen und kann selbst aktiv löschen. Die einzig wichtige Bedienregel ist die Auswahl des Startverzeichnisses. Ist Ncdu nämlich einmal gestartet, wird es in keine höhere Verzeichnisebene wechseln. Wenn Sie das komplette Dateisystem durchforsten wollen, sollten Sie das Tool mit
ncdu /
starten. Ncdu sortiert automatisch nach Ordnergrößen, kann aber mit Taste „n“ auch nach Namen sortieren, mit „s“ wieder nach der Größe („size“). Das Tastenkommando „d“ („delete“) ist der Löschbefehl für markierte Dateiobjekte.
Massenvernichtung: Um ganze Dateigruppen rationell anhand eines Namensmusters oder einer Extension rekursiv zu löschen, ist find das beste Werkzeug. Es bringt seinen eigenen Löschschalter „-delete“ mit:
find ~ -type f -iname "*.pdf" -delete
Dies löscht im gesamten Home-Verzeichnis („~“) alle PDF-Dateien. Die Angabe „-type -f“ (Files) sorgt dafür, dass der Befehl nur Dateien, keine Ordner berücksichtigt.
Das Löschen von Verzeichnissen bestimmten Namens erfordert einen Umweg:
find ~ -type d -iname "ORI" -exec rm -r {} ;
Das Beispiel nimmt an, dass es Backupordner namens „ORI“ gibt, die komplett gelöscht werden dürfen. „type -d“ („Directories“) sorgt dafür, dass der Befehl nur Ordner berücksichtigt.
Backupsäuberungen mit Rsync
Hygienisches Löschen von obsoleten Daten auf der einen Seite, Doppelt- und Dreifach-Redundanz auf unabhängiger Hardware auf der anderen Seite sind kein Widerspruch – im Gegenteil: Wer wichtige Benutzerarchive größeren Umfangs regelmäßig sichert, ärgert sich über die Zeit- und Platzverschwendung durch überflüssige Daten doppelt und dreifach. Daher ist es sinnvoll, periodisch den Quelldatenträger manuell auszumisten und den Rest dann Rsync mit Schalter „–delete“ zu überlassen – der löscht dann auch im Ziel die obsoleten Daten (Beispiel).
rsync -auvP --delete --progress /srv/Data/ /media/sepp/usb0/Data
Das erste nach den Schaltern angegebene Verzeichnis ist der Quellordner mit abschließendem Slash („/“), das zweite das Backupziel. Testen Sie umfangreiche Sicherungen immer erst mit dem zusätzlichen Schalter „–dry-run“
rsync -auvP --delete --dry-run --progress […]
und legen Sie den Befehl dann als Alias ab. Aber Achtung! Erfahrungsgemäß sind die Rollen von Quelle und Ziel nicht immer eindeutig: Wenn eine USB-Festplatte (oder ein Samba/SFTP-Server), die als Backupziel dient, gelegentlich auch neue und wichtige Daten von anderer Stelle als von der eigentlichen „Quelle“ erhält, dann gerät „rsync –delete“ zur Massenvernichtungswaffe. Wo Unsicherheit besteht, bewährt sich folgende Methode. Erst drehen Sie die Quelle und Ziel um
rsync -auvP --progress [Backup]/[Quelle]
und sichern alles Neue zur „Quelle“. Danach löschen Sie dort alles Unnötige und sichern danach mit „rsync –delete“ wieder zurück zum Backup-Datenträger.
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Die Suche nach Dateidubletten
Effiziente Dublettensuche ist nicht trivial und sollte mehr als namensgleiche Dateien erkennen. Das Tool fdupes vergleicht Dateigrößen und geht bei Größenübereinstimmung in die Byteanalyse mit MD5- Prüfsummen. Das Paket „fdupes“ finden Sie überall in den Standard-Paketquellen. Folgender Aufruf ausgehend vom aktuellen Verzeichnis („.“)
fdupes -r -S -n -d .
macht eine rekursive Suche in allen Unterverzeichnissen („-r“) mit Angabe der Dateigrößen („-S“), Überspringen leerer Dateien („-n“) und interaktivem Löschmodus („-d“). Die Analyse kann je nach Datenanzahl und Dateigrößen einige Zeit beanspruchen. Danach markieren Sie bei aktiviertem Löschmodus („-d“) jene Dublettendatei per angezeigter Kennziffer, die Sie behalten wollen. Die andere beziehungsweise alle anderen Dateien werden gelöscht. Der interaktive Löschmodus erfordert Konzentration und Sorgfalt. Wo viele Dubletten zu erwarten sind, die irrelevant sind, ist es effizienter, das Ergebnis mit
fdupes -r -S -n . > dups.txt
ohne den interaktiven Modus in eine Liste zu schreiben und nach Durchsicht dieser Liste die lohnenden Löschaktionen im Dateimanager zu erledigen.

Grafisches fslint: Am Desktop bietet das Werkzeug fslint mehr Komfort als fdupes. Fslint liegt mit gleichnamigem Paketnamen in den Paketquellen der meisten Distributionen. Sie finden es nach der Installation im Startmenü als „Fslint Janitor“ oder starten es mit flsint-gui im Terminal. Das Programm durchsucht standardmäßig alle Unterordner der einstellbaren Startordner. Für zusätzliche Filter können Sie selbst sorgen, indem Sie unter „Weitere Suchparameter –› Zusätzliche Suchparameter“ einen find-Schalter wie „-iname *.mp3“ eintragen. In der Ergebnisliste nach erfolgter Analyse markieren Sie die überflüssigen Dubletten und klicken auf „Löschen“.
Löschen mit Bleachbit

Das in den meisten Standard-Paketquellen erhältliche Bleachbit hat jede erdenkliche großräumige bis marginal-kosmetische Löschaktion im Repertoire und darf als klassischer Cleaner unter Linux gelten. Die meisten Löschaktionen finden im Home-Verzeichnis statt (Browser, Mail, Office), jedoch kann Bleachbit auch in der Paketverwaltung löschen, wenn es mit „BleachBit (as root)“ oder im Terminal mit sudo bleachbit gestartet wird. Bleachbit kann aber noch mehr, als in der grafischen Oberfläche angewählte Optionen abzuarbeiten. Alle Detailfunktionen sind auch als Terminalkommando abrufbar. Der Befehl
bleachbit --list-cleaners
zeigt alle Löschmodule an – annähernd 200, wovon aber die meisten nur Spezialroutinen für einzelne Programme sind (insbesondere für Browser). Jedes einzelne Modul kann mit dem Schalter „–clean“
bleachbit --clean system.cache
gestartet werden. Bei Löschzielen mit diversen Unterabteilungen (system, apt, firefox, chromium, google_chrome, thunderbird) funktioniert auch diese Variante
bleachbit --clean apt.*
mit Stellvertreterzeichen.
Löschen und reduzieren von Systemdaten
Apt-Cache: Die Paketverwaltung von Debian/Ubuntu/Mint sammelt die heruntergeladenen Pakete bei Installation und Aktualisierung unter „/var/cache/apt/archives“. Dieses Verzeichnis dient als Cache, wenn ein Update einmal abbricht. Den apt-Cache leeren Sie mit
sudo apt-get clean
am besten regelmäßig. Auch das Tool Bleachbit bietet eine entsprechende Option. Die Maßnahme kann mehrere GB freischaufeln.
Obsolete Pakete: Der Aufräumbefehl
sudo apt autoremove
entfernt ältere Kernel-Versionen und abhängige Softwarepakete, die nach der Deinstallation von Software obsolet wurden.
Reserve für root minimieren: Das Standarddateisystem Ext4 reserviert auf jeder Partition einen Speicherbereich für das Konto „root“.
Dieser Platz steht für Daten nicht zur Verfügung. Das soll gewährleisten, dass sich root auch auf voller Systempartition noch anmelden kann. Standardmäßig liegt der reservierte Platz bei fünf Prozent, da sind bei einer 120-GB-SSD immerhin sechs GB. Die Reserve können Sie gefahrlos verringern. Das gelingt mit dem Programm tune2fs, das einige Eigenschaften vonExt2/3/4-Dateisystemen nachträglich und ohne Datenverlust anpassen kann: Der als root oder mit sudo ausgeführte Befehl
tune2fs -m 2 /dev/sda1
verringert die Anzahl der reservierten Blöcke der Partition „/dev/sda1“ auf zwei Prozent. Der Platzgewinn ist natürlich umso größer, je größer die Datenträgerkapazität.
Auslagerungsdatei verkleinern: Ubuntu und Linux Mint verwenden eine Auslagerungsdatei, deren Ort und Größe Sie über
swapon -s
in Erfahrung bringen. Vier oder acht GB sind je nach Größe leicht zu gewinnen, indem Sie die Auslagerung abschalten und dann die Datei verkleinern:
sudo swapoff -a
sudo fallocate -l 4G [Pfad/Name]
sudo mkswap [Pfad/Name]
sudo swapon [Pfad/Name]
Wenn Sie als „[Pfad/Name]“ den Ort des bisherigen Swapfiles beibehalten, sind keine weiteren Maßnahmen in der Datei „/etc/fstab“ erforderlich.