Auf das gute, alte Telefonkabel kommt viel zu: Fernsehen per Internet, Videostreaming von 4K-Videos oder aufwändigen Spielen. Dabei war die Kupferdoppelader doch nur zum Telefonieren gedacht. Doch jetzt transportiert sie DSL – und muss fit werden für große Datenraten. Denn DSL-Anbieter wie die Telekom planen einen Temposchub: Von 100 MBit/s über 250 MBit/s bis 1 GBit/s. Wir zeigen, wie DSL schneller wird, wann es kommt und welche Router es bereits unterstützen.
DSL unter Druck: Deshalb muss der Zugang schneller werden
Per DSL kommen die meisten Onlinenutzer ins Internet: 78 Prozent aller Breitbandanschlüsse in Deutschland laufen über die Kupferdoppelader, die ursprünglich ausschließlich Telefongespräche befördern sollte. Die anderen Zugangsarten sind weit abgeschlagen: Über Kabel gehen rund ein Fünftel ins Internet, Glasfaseranschlüsse führen mit 1,3 Prozent ein Nischendasein. Allerdings wollen immer mehr Kunden auch immer schnelleres Internet. Und beim Tempo liegen die Kabel-und Glasfaseranbieter vorne: Zum Beispiel bieten Unitymedia und Vodafone Downloadraten von bis zu 400 MBit/s. Die Maximalgeschwindigkeit bei DSL ist derzeit 50 MBit/s, vereinzelt verkauft die Telekom Tarife mit 100 MBit/s.
Deshalb muss die Telekom, mit rund 45 Prozent Anteil klarer Marktführer bei DSL-Anschlüssen, in die Tempo-Offensive gehen. DSL schneller zu machen ist ein kostengünstiger Ansatz für den Provider: Denn statt in den Ausbau teurer Glasfasernetze zu investieren, lassen sich die vorhandenen Kupferkabel nutzen, die in die Haushalte führen. Doch die alten Telefonleitungen sind für so hohe Bandbreiten nicht gemacht: Da sie meist in ungeschirmten Kabelbündeln verlegt sind, sind sie störanfällig. Außerdem verschlechtert sich die Signalqualität, je länger die Leitung ist, was die Datenrate reduziert. Doch technische Tricks verhelfen DSL zu mehr Tempo: Vectoring, Super-Vectoring, Bonding und G.fast.
Speed-Check: Wie schnell ist mein DSL?
DSL ohne Störungen: So funktioniert Vectoring
Vectoring soll über VDSL eine Download-Rate von bis zu 100 MBit/s ermöglichen. Der Upstream kann dann bis zu 40 MBit/s liefern. Mit der bestehenden VDSL-Technik sind dagegen über die gleiche Leistungslänge von rund 500 Metern nur bis zu 50 MBit/s möglich.

So funktioniert die Technik: Zwei Dinge bremsen das DSL-Tempo: Lange Leitungen dämpfen das Signal so sehr, dass es der Empfänger nicht mehr auswerten kann. Die Telekom schaltet zum Beispiel VDSL 50 höchstens bei maximal rund 400 Metern Leitungsweg zwischen Kundenanschluss und DSL-Gegenstelle. Daran ändert Vectoring nichts. Die Technik minimiert aber Störungen, die zwischen den einzelnen Kabeln auftreten – durch das sogenannte Übersprechen (Crosstalk). Dabei behindern sich in bestimmten Frequenzbereichen die Signale nebeneinander verlaufender Leitungen gegenseitig: ein großes Problem bei DSL, weil meist mehrere tausend einzelne Kupferkabel in einem Kabelbündel zusammengefasst sind. Verschärft wird es durch die höheren Übertragungsfrequenzen, die VDSL im Vergleich zu ADSL nutzt.
Wenn der Sender die unterschiedlichen Störeinflüsse kennt, die auf eine bestimmte Leitung wirken, kann er ein gegenläufiges Signal senden, das die Störeinflüsse kompensiert – vergleichbar mit der Außengeräuschunterdrückung bei Kopfhörern. Durch den so verbesserten Signal-Rausch-Abstand lässt sich eine höhere Datenrate erzielen.
Vectoring funktioniert deshalb am besten, wenn ein Provider Herr über alle Kabel zwischen DSL-Gegenstelle und Kunde ist. Und hier liegt das Problem: Denn im Hauptverteiler oder einem Kabelverzweiger, von dem die Kupferkabel in die Häuser verlaufen, haben oft mehrere DSL-Anbieter ihre Technik installiert: Mit diesem sogenannten entbündelten Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung können auch andere DSL-Provider eigene Tarife anzubieten, obwohl die meisten Kupferkabel zum Kunden der Telekom gehören.
Wer an einem bestimmten Ort VDSL-Vectoring ausbauen und anbieten darf, ist daher heftig umstritten und Gegenstand zahlreicher Regulierungsentscheidungen der Bundesnetzagentur. Seit Mitte 2014 können Provider schon Kabelverzweiger für Vectoring reservieren, wenn sie eine verbindliche Ausbauzusage abgeben. Derzeit tobt die Diskussion um das Vectoring im Nahbereich der Hauptverteiler: Wer dort Vectoring ausbauen darf, schließt auch alle Kabelverzweiger der Konkurrenten von VDSL aus, die im Umkreis von 550 Metern mit dem Hauptverteiler verbunden sind.

Verfügbarkeit: Ob Telekom bei Ihnen Vectoring schon anbietet oder anbieten wird, erfahren Sie unter www.telekom.de/breitbandausbau-deutschland . Aktivieren Sie dafür die beiden Optionen „VDSL 100“ und „VDSL Ausbau geplant bis zu 100 MBit/s“. Laut Telekom war Ende 2015 für 4,6 Millionen Haushalte in 330 Ortsnetzen VDSL mit Vectoring verfügbar. Weitere 5,9 Millionen Haushalte sollen bis Ende 2018 über den Vectoring-Ausbau in den rund 8000 Hauptverteilern hinzukommen. Dass sich der Vectoring-Ausbau vor allem auf kleinere Städte und ländliche Gegenden konzentriert, ist politisch gewollt: Denn die Bundesregierung hat das Ziel, dass bis 2018 flächendeckend schnelle Internetanschlüsse mit mindestens 50 MBit/s verfügbar sind. In größeren Städten ist das schon der Fall.
Das kostet Vectoring: VDSL mit 100 MBit/s bietet die Telekom derzeit im Tarif Magenta Zuhause L für 44,95 Euro an. In den ersten zwölf Monaten kostet der Zwei-Jahres-Vertrag 39,95 Euro pro Monat.
Die passende Hardware: Um DSL-Vectoring nutzen zu können, brauchen Sie einen passenden Router. Denn dessen VDSL-Modem wertet die Vectoring-Signale der Gegenstelle aus und hilft ihr über eine speziellen Rückkanal, das Anti-Stör-Signal zu verfeinern. Einen Hinweis finden Sie im Handbuch oder den Datenblättern: Für Vectoring muss der Router beziehungsweise das VDSL-Modem den ITU-Standard G.993.5 beherrschen. Wenn Sie einen Vectoring-tauglichen Router haben, müssen Sie eventuell erst die Firmware aktualisieren, damit die Funktion aktiviert wird. Denn die DSL-Gegenstelle beim Provider erkennt, ob an einem DSL-Anschluss mit Vectoring ein VDSL-Modem angeschlossen ist, das diese Technik unterstützt. Ist dies nicht der Fall, schaltet die Gegenstelle auf ein Fallback-Profil um: Die DSL-Verbindung kommt zwar zustande, aber nur im niedrigen Frequenzband bis 2,2 MHz. Damit sind höchstens Datenraten wie bei ADSL2+ möglich.

©TP-Link
Folgende Router unterstützen Vectoring: Die AVM-Geräte Fritzbox 7360, 7390, 7490, 7430, 7362 SL, 7360 SL, 3490, 3390 und 3370, mindestens mit Fritz-OS 6. Noch nicht verfügbar, aber bereits angekündigt ist die Fritzbox 7580. Bei der Telekom können Sie die Geräte Speedport W724V, Speedport W921V (seit Firmware 1.34), Speedport Entry und Speedport Neo für Vectoring nutzen. TP-Link hat die beiden Vectoring-Router Archer VR200v und Archer VR900v im Programm.
Siehe auch: Wieviel DSL-Tempo braucht man wirklich?
DSL mit mehr Bandbreite: Das bringt Super-Vectoring
Super-Vectoring beschleunigt DSL mit Vectoring. Allerdings nicht durch eine verbesserte Vectoring-Technik, sondern durch ein breiteres Frequenzspektrum für die DSL-Signale.
Das Verfahren ist im ITU-Standard G.993.2 Annex Q definiert: Dort sind als maximales Tempo 400 MBit/s angegeben – und zwar für Down-und Upstream zusammen. Diese Geschwindigkeit soll DSL mit Super-Vectoring auf Kupferleitungen mit rund 300 Metern erreichen. Bei längeren Kabelleitungen von rund 800 Metern sollen 100 MBit/s möglich sein.
Die Telekom hat angekündigt, Super-Vectoring einzusetzen: Damit will man DSL-Tarife mit 250 MBit/s im Download sowie 50 MBit/s im Upload anbieten. Super-Vectoring soll künftig auch mit dem Hybrid-Angebot der Telekom verknüpft werden. Unter diesem Namen bietet sie derzeit eine Kombination aus DSL und LTE für den Onlinezugang an: Kupferkabel und Mobilfunk erreichen zusammen eine Downloadrate von 100 MBit/s. Mit Super-Vectoring sollen künftig dann bis zu 550 MBit/s im Download erreicht werden können. Diese Pläne will die Telekom bis Ende 2018 umsetzen.
So funktioniert die Technik: Offiziell läuft Super-Vectoring unter dem Namen Annex Q oder DSL-Profil 35b, weil es eine Erweiterung von VDSL2 ist. Es nutzt ein Frequenzspektrum bis 35,324 MHz, während VDSL, wie es die Telekom anbietet, nur bis 17,664 MHz arbeitet (VDSL2 Profil 17a). Ähnlich wie bei AC-WLAN, das sein höheres Tempo vor allem aufgrund zusätzlicher Frequenzen erzielt, lassen sich auch bei VDSL mit 35b über das breitere Frequenzspektrum mehr Daten gleichzeitig übertragen. Der Vorteil: Auch mit dem Profil 35b können Provider Vectoring nutzen, da dieses Verfahren mit dem des 17a-Profils kompatibel ist. Deshalb betrachtet es die Telekom auch als nächsten Ausbauschritt für die Gebiete, die mit VDSL-Vectoring versorgt werden.
Die passende Hardware: AVM hat für Super-Vectoring die beiden Fritzbox-Router 7581 und 7582 angekündigt. Preise für die neuen Router gibt es aber noch nicht.

DSL-Bandbreite verdoppeln per Bonding
Während Vectoring das Tempo eines einzelnen DSL-Anschlusses erhöht, bündelt DSL-Bonding mehrere Leitungen für den Geschwindigkeitsgewinn. Damit lässt sich die Datenrate eines DSL-Anschlusses verdoppeln. Oder Kunden können durch diese Kombination mit höherem DSL-Tempo versorgt werden, während sie bei normalem VDSL aufgrund der Leitungslänge eine geringere Datenrate erhalten.
Das Verfahren basiert auf dem ITU-Standard G.998.2. Da die Verknüpfung der beiden DSL-Leitungen auf Paketebene geschieht, funktioniert sie grundsätzlich auch mit ADSL. Beim Bonding fasst der Sender die Ethernet-Pakete der beiden Leitungen zusammen. Dafür fügt er den neuen Datenpaketen neue Verwaltungsinformationen hinzu, aus denen der Empfänger die Originalpakete wiederherstellen kann. Dafür muss aber sowohl die Technik des Internetproviders im Hauptverteiler oder im Kabelverzweiger Bonding unterstützen wie auch das VDSL-Modem beim Kunden. Das Problem: Um zwei DSL-Leitungen zusammenfassen zu können, müssen auch zwei Kupferdoppeladern zum Kunden führen. Beim Großteil der deutschen Haushalte kommt jedoch nur ein beschaltetes Adernpaar an.
Power-Mode: Volles Tempo für die Fritzbox
Aufgrund dessen ist Bonding mit hohen Kosten verbunden, die der Internetprovider schultern muss und sich wiederum vom Kunden bezahlen lässt. Deshalb wird zum Beispiel die Telekom Bonding für Privatkunden nicht anbieten. Entsprechende Angebote für Geschäftskunden gibt es dagegen. Die passende Hardware für Bonding ist schon verfügbar: AVM hat mit der Fritzbox 7581 einen entsprechenden VDSL-Modem-Router bereits angekündigt.

©AVM GmbH
G.fast: DSL mit 1 GBit/s – und noch schneller
G.fast verspricht eine Datenrate von bis zu 1 GBit/s über das Standard-Kupferkabel. Dafür erweitert der ITU-Standard G.9701, der die Technik definiert, das Frequenzspektrum für VDSL-Signale noch deutlich weiter als Super-Vectoring: Bis zu 106 MHz hinauf darf es jetzt gehen. Die hohen Frequenzen verschärfen jedoch erheblich das Problem der Signaldämpfung im ungeschirmten Kupferkabel: Deshalb darf die Leistung für die G.fast-Höchstgeschwindigkeit nicht länger als 100 Meter sein. Bei einer 200 Meter langen Leitung vom DSL-Verteiler zum Kunden sollen nur noch rund 150 MBit/s drin sein.
Alle Tempoangaben bei G.fast beziehen sich auf die Summe aus Download-und Upload-Tempo. Denn im Gegensatz zu anderen DSL-Techniken nutzt G.fast den gesamten Frequenzbereich für beide Übertragungsrichtungen. Während ADSL und VDSL den Down-und Upload über getrennte Frequenzen durchführen (Frequency Division Duplexing, FDD), müssen sich G.fast-Komponenten deshalb bei der Übertragung abwechseln (Time-Division Duplexing). Auf diese Weise kann der Provider auch festlegen, in welchem Verhältnis Down-und Upload stehen: Damit könnte er neben den üblichen DSL-Tarifen, bei denen der Downstream deutlich höher ist als der Upstream, spezielle Tarife für Kunden anbieten, die für Video-oder Fotodateien eine große Upload-Bandbreite benötigen. Das würde DSL für diesen Kundenkreis attraktiver machen als Kabel, dessen Bandbreiten deutlich den Download bevorteilen. Derzeit sieht der G.fast-Standard ein Verhältnis von 9:1 oder 1:1 zwischen Down-und Upstream vor.
Wegen der hohen Frequenzen muss bei G.fast gegen Störsignale zwingend Vectoring zum Einsatz kommen. Deshalb kann G.fast in einem Verteilerpunkt nicht mit VDSL eingesetzt werden. Ein gleichzeitiger Betrieb mit ADSL wäre möglich, da der Frequenzbereich von G.fast erst bei 2,2 MHz beginnt, das ADSL-Spektrum aber darunter liegt. In einer späteren Ausbauphase lässt sich der Frequenzbereich für G.fast noch auf bis 212 MHz aufbohren (Profil 212a). Damit kann eine Geschwindigkeit von bis zu 1,25 GBit/s erreicht werden.
Laut Telekom soll G.fast die dritte Ausbaustufe für VDSL nach Vectoring und Super-Vectoring sein. Angeblich peilt man das Jahr 2020 für den Start ein. Auch die British Telecom in Großbritannien und A1 in Österreich wollen die Technik einsetzen.
Noch schneller: X-G.fast. Die Telekom testet bereits die nächste G.fast-Generation. Mit X-G.fast erreicht der Provider eine Datenrate von 11 GBit/s. Dabei kommt Leitungsbündelung zum Einsatz. Außerdem ist die Leitungslänge mit 50 Metern sehr kurz. Deshalb muss für X-G.fast die Glasfaserleitung vom Verteiler des Providers direkt bis an die Wohnung des Kunden führen (FTTB, Fibre-to-the-Building).

©AVM

©Netgear

©Asus

©D-Link

©Trendnet

©TP-Link
