Im Notfall möchte man alle wichtigen Tools für die Systemreparatur schnell griffbereit haben. Hier bietet sich ein USB-Stick an, von dem sich die Tools bei Bedarf starten lassen. Das funktioniert am eigenen PC oder bei der Hilfestellung für Bekannte und Kollegen. Von vielen Anwendungen und System-Tools gibt es portable Varianten. Sie starten die Programme in einem laufenden Windows direkt vom USB-Stick. In vielen Fällen ist es jedoch sinnvoll oder sogar erforderlich, die Tools unter einem unabhängigen Zweitsystem zu nutzen. Sie vermeiden damit ungewollte Änderungen auf einem fremden PC und Reparaturen sind damit auch möglich, wenn Windows nicht mehr zuverlässig läuft oder gar nicht startet.
1. Notfall-Windows für den USB-Stick
In einem Schwesterartikel stellen wir Ihnen ein Notfallsystem auf Linux-Basis vor. Wer jedoch in seiner gewohnten Arbeitsumgebung bleiben möchte, bevorzugt vielleicht ein System auf Windows-Basis. Der Vorteil: Sie können hier Tools nutzen, die es für Linux nicht gibt, sowie zusätzliche Treiber einbauen. Allerdings müssen Sie das Rettungssystem selbst zusammenstellen, was einen gewissen Zeitaufwand erfordert. Damit Sie ein Windows-Mini-System so einfach wie möglich erstellen können, hat die Redaktion PC-WELT-MultiPE entwickelt. Damit lässt sich ein PE-System auf der Basis von Windows 7 oder 8 mithilfe von Winbuilder erstellen. Sie haben dabei die Wahl zwischen einer bootfähigen Notfall-CD/DVD oder einem USB-Stick. Das System lässt sich fast genauso bedienen wie ein installiertes Windows – inklusive Startmenü und Windows-Explorer. Es sind Scripts für mehrere Virenscanner, Partitionierungswerkzeuge, Dateimanager, Browser und etliche System-Tools enthalten. Bei Bedarf können Sie auch eigene Tools oder Treiber hinzufügen. Die meisten Programme lassen sich nicht nur im laufenden PE-System verwenden, sondern später auch direkt vom USB-Stick starten.
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2. Windows 8.1 PE zusammenstellen
Wir beschreiben in diesem Artikel ein PE-System auf der Basis von Windows 8.1. Sie können dieses System für die Reparatur von XP, Vista, Windows 7 oder 8 benutzen. Schritt 1: Entpacken Sie PC-WELT-MultiPE beispielsweise nach „C: MultiPE“. Der Pfad muss möglichst kurz sein und darf keine Leerzeichen enthalten. Schritt 2: Starten Sie pcwMultiPE.exe und klicken Sie auf „Windows 8.1 PE“. Wenn Sie keine Windows-8.1-DVD besitzen, laden Sie eine ISO-Datei über einen der Links unten im Fenster herunter. Wir empfehlen Windows 8.1 Enterprise 32-Bit. Ein 32-Bit-System benötigt weniger Platz, startet schneller, läuft auch auf älteren Rechnern und lässt sich ebenfalls für die Reparatur von 64-Bit-Systemen verwenden. Speichern Sie die ISO-Datei im Ordner „Tools“ der PC-WELT-MultiPE-Installation. Wählen Sie die Datei über die Schaltfläche „…“ aus und klicken Sie auf „ISO entpacken“. Die Installationsdateien liegen anschließend im Verzeichnis „ToolsWindows-8.1-Install-Source“. Auf Ihrer Festplatte liegt bereits die Download-Version von Windows 8.1 oder Sie haben das Windows Media-Creation-Tool für den Download verwendet? Dann ist noch ein weiterer Schritt notwendig. Gehen Sie in PC-WELT-MultiPE auf „Einstellungen/Tools“ und die Registerkarte „ESD-Konverter“. Wählen Sie über die Schaltfläche „…“ die Datei Install.esd aus dem Ordner „ToolsWindows-8.1-Install-Sourcesources“ und klicken Sie dann auf „Konvertieren“. Damit erstellen Sie die Datei Install.wim, die Winbuilder als Installationsquelle benötigt.
Schritt 3: Klicken Sie auf „Winbuilder starten“. Soweit noch nicht vorhanden, wird jetzt das Winbuilder-Projekt Win81PE_SE heruntergeladen. Danach startet Winbuilder. Wir haben das Programm so eingestellt, wie es für die meisten Nutzer sinnvoll sein dürfte. Sie sollten in der Baumansicht auf der linken Seite aber die Einträge unter „Apps“ prüfen. Entfernen Sie die Häkchen vor Tools, die Sie nicht verwenden wollen, oder setzen Sie eins, wenn Sie ein Programm benötigen. Nach einem Klick auf einen Programmeintrag sehen Sie im rechten Bereich des Fensters eine Beschreibung und zumeist auch einige Einstellungen für die Konfiguration. Sie können hier beispielsweise wählen, ob eine Verknüpfung zum Programm auf dem Desktop und/oder dem Startmenü erstellt werden soll. Anwendungen, die häufiger aktualisiert werden, bieten spezielle Einstellungen. Bei Avira Free Antivirus 2015 unter „Apps > Security > AntiVirus“ können Sie etwa auswählen, ob Programm und Update bei jedem Winbuilder-Lauf neu heruntergeladen werden sollen. Da der Programm-Download eigentlich nur einmal notwendig ist, wählen Sie die Option „Always Download Updates“ oder „Never Download Updates“, nachdem Sie Windows 8.1 PE das erste Mal erstellt haben.

Schritt 4: Wenn alles wie gewünscht eingestellt ist, klicken Sie rechts oben im Winbuilder- Fenster auf „Play“. Je nach Leistung Ihres PCs kann der Build-Vorgang einige Zeit in Anspruch nehmen. Die fertige ISO-Datei liegt anschließend im Verzeichnis „ToolsWin81PE_SEISO“. Wenn Winbuilder mit einer Fehlermeldung abbrechen sollte, kann das mehrere Ursachen haben. Meist ist der Virenscanner schuld, der den PC ausbremst. Deaktivieren Sie vorübergehend den Echtzeitschutz. Winbuilder muss außerdem Programme aus dem Internet nachladen. Wenn der Server gerade nicht erreichbar ist, kommt es zu Fehlern. In diesem Fall deaktivieren Sie unter „Apps“ das betroffene Tool und versuchen es später noch einmal. Schritt 5: Um einen bootfähigen USB-Stick zu erstellen, gehen Sie in Winbuilder auf „Write Media > Copy to USB-Device BCD BootMGR“. Wählen Sie das USB-Laufwerk unter „Please select the root directory of your USB-Device“ aus. Sichern Sie alle darauf befindlichen Daten, da der Stick neu formatiert werden muss. Klicken Sie auf „Copy to USB“. Sie können den Rechner daraufhin vom USB-Stick booten (siehe Kasten ganz unten) oder die Tools aus dem Verzeichnis „Programs“ direkt starten. Für mehr Komfort sorgt das Tool Pstart.exe. Nach dem Start sehen Sie das zugehörige Icon im Infobereich rechts unten auf dem Bildschirm. Klicken Sie dieses mithilfe der rechten Maustaste an und wählen Sie im Menü „Fenster zeigen“. Gehen Sie auf „Datei > Nach ausführbaren Dateien scannen…“, wählen Sie „Programs“ auf dem USB-Stick aus und klicken Sie auf „OK“. Pstart baut nun alle ausführbaren Dateien in die Liste ein. Über das Kontextmenü lassen sich unnötige Einträge löschen oder Gruppen für eine bessere Übersicht anlegen. Treiber hinzufügen: Winbuilder baut bereits die wichtigsten Treiber in das Notfallsystem ein. Sollte beispielsweise ein Netzwerkadapter nicht funktionieren, fügen Sie den Treiber hinzu. Gehen Sie auf „Drivers > Driver Integration“ und klicken Sie bei einem 32-Bit-System auf die Schaltfläche ganz rechts neben „x86 Drivers:“. Damit öffnen Sie den Treiberordner im Windows-Explorer. Kopieren Sie die Treiberdateien oder -ordner hinein. Die Treiber müssen als Inf- und Sys-Dateien vorliegen. Setup- Programme sind nicht geeignet. Netzwerkverbindung aufbauen: Bei einer Kabelverbindung wird das PE-System automatisch konfiguriert. Die Netzwerkeinstellungen lassen sich über das Netzwerk-Icon im Infobereich per Rechtsklick und „Zeige Hauptfenster“ prüfen sowie ändern. Auf der Registerkarte „Wifi“ wählen Sie jetzt das gewünschte WLAN aus, klicken auf „Verbinden“ und legen im Anschluss daran den WPA-Schlüssel fest.
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3. Flexibles Mini- Windows erstellen
Wenn Sie nur wenige Tools benötigen und auf ein besonders schlankes Notfallsystem Wert legen, verwenden Sie QuickPE . QuickPE bietet alles Nötige, um ein PE-System in wenigen Minuten zu erstellen. Als Basis dient die Datei Boot.wim von der Windows-Installations-DVD. Damit sind allerdings auch einige Einschränkungen verbunden. Anders als beim „großen“ PE sind keine WLAN-Verbindungen möglich. Unter einem 64-Bit-System laufen keine 32-Bit-Programme und .Net-Programme lassen sich ebenfalls nicht starten. Entpacken Sie das Tool-Paket in einen Ordner mit einem kurzen Namen und ohne Leerzeichen wie beispielsweise „C:QuickPE“. Starten Sie !RUN_ME.cmd mithilfe eines rechten Mausklicks und „Als Administrator ausführen“. Es erscheint daraufhin ein Menü, in dem Sie die Installationsquelle auswählen. Verwenden Sie beispielsweise Windows 8.1 Enterprise 32-Bit, das Sie über PC-WELT-MultiPE herunterladen. Wählen Sie in QuickPE den Menüpunkt „5“ für eine ISO-Datei oder „6“, wenn Sie die ISO-Datei bereits entpackt haben. Geben Sie als Nächstes den Ordner an, in dem die ISO-Datei beziehungsweise die entpackten Dateien liegen. Danach finden Sie die ISO-Datei des 32-Bit-Systems unter „C:QuickPEx86Winre.iso“. Bootfähigen USB-Stick erstellen: Installieren und starten Sie das Tool Rufus . Wählen Sie unter „Laufwerk“ den USB-Stick aus und stellen Sie darunter „MBR Partitionsschema für BIOS oder UEFI-Computer ein“. Hinter „Startfähiges Laufwerk erstellen mit:“ geben Sie nun „ISO-Abbild“ an und wählen über die Schaltfläche dahinter die ISO-Datei aus. Wenn Sie Ihren PC vom USB-Stick booten, erscheint keine Windows-Oberfläche, sondern der Programm-Starter PC-WELT-PE-App-Launcher. Dieser bietet einige Schaltflächen, über die Sie beispielsweise den Dateimanager Double Commander oder die Windows-Wiederherstellungs-Tools starten. Darunter befindet sich eine Auswahlbox für weitere Tools. QuickPE anpassen: Die Anwendungen für QuickPE liegen in den Unterverzeichnissen „pe_extraPortableApps“ (32-Bit) und „pe_ex tra_x64PortableApps“ (64-Bit). Sie können nicht benötigte Utilities einfach löschen oder neue hinzufügen. Damit neue Programme auch in PC-WELT-PE-App-Launcher auftauchen, muss „Portable“ im Dateinamen vorkommen. Beachten Sie bitte, dass in dem abgespeckten PE lediglich Programme funktionieren, die keine speziellen Systemdateien voraussetzen. Ob das tatsächlich der Fall ist, lässt sich nur ausprobieren. Testen Sie System und Programme am besten in Virtualbox . QuickPE ist so vorkonfiguriert, dass die Utilities nur im laufenden PE-System zur Verfügung stehen. Wenn Sie den Rettungs-Stick auch unabhängig vom Bootsystem verwenden möchten, kopieren Sie den Ordner „pe_extraPortableApps“ in das Hauptverzeichnis des Sticks und löschen danach die enthaltenen Dateien. Der leere Ordner „PortableApps“ unter „pe_extra“ muss weiter vorhanden sein. Erstellen Sie das System daraufhin neu und kopieren Sie die Datei „x86isosourcesboot.wim“ in das Verzeichnis „sources“ auf dem Stick. Sie können die Tools danach im PE-System wie zuvor über PC-WELT PE-App-Launcher starten und in einem installierten System entweder direkt oder über den Programmstarter Pstart.exe.

4. Schad-Software auf dem PC finden
Auch wenn auf dem PC bereits eine Antiviren-Software installiert ist, lohnt es sich, bei merkwürdigem Verhalten noch eine zweite Meinung einzuholen. Für die Suche nach Viren, Würmern und Trojanern sind gleich mehrere Programme in unserem Reparaturpaket enthalten. Unter dem mit Winbuilder erstellten Notfallsystem bietet sich etwa Avira Free Antivirus 2015 an. Verdächtige Dateien zeigt das Tool nach dem Scan an. Sie können die Dateien umbenennen oder löschen. Auch mit dabei sind Malwarebytes Anti-Malware , Emsisoft Emergency Kit und Eset Online Scanner . Beim QuickPE-System stehen Ihnen Eset Online Scanner und Avira PC-Cleaner zur Verfügung. Beide Programme müssen die aktuellen Virensignaturen herunterladen, erfordern also eine Internetverbindung. Beim Eset Online Scanner klicken Sie auf „Erweiterte Einstellungen“ und setzen dann ein Häkchen vor „Archive prüfen“. Hinter „Aktuell zu prüfende Objekte“ klicken Sie auf „Ändern“ und wählen die gewünschten Laufwerke aus. Beim Avira-Scanner setzen Sie ein Häkchen bei „Vollständiger Scan“, damit er alle Laufwerke untersucht.
5. Dateien wiederherstellen oder retten
Wenn Sie versehentlich Dateien gelöscht haben, hilft Recuva . Wählen Sie im Programm die Option „Alle Dateien“, klicken Sie zweimal auf „Weiter“ und dann auf „Start“. Das Programm zeigt Ihnen jetzt die Dateien an, die sich wiederherstellen lassen. Setzen Sie als Nächstes Häkchen vor die gewünschten Dateien, klicken Sie auf „Recover“ und geben Sie das Zielverzeichnis auf einer anderen Festplatte an. Alternative Programme zur Datenrettung sind beispielsweise Photorec und Testdisk. HDD Raw Copy und Unstoppable Copier eignen sich für teilweise defekte Festplatten, um die noch lesbaren Daten an einen anderen Ort zu kopieren.
6. Hardware-Analyse und System-Tools
Wer wissen möchte, was im PC steckt, der kann sich Informationen zur Hardware über HWInfo , CPU-Z oder PCI-Z anzeigen lassen. Die Tools leisten im Prinzip das Gleiche, zeigen die Informationen aber unterschiedlich aufbereitet an. Sie haben das Windows-Anmeldepasswort vergessen? Hier hilft Ntpwedit weiter. Nach dem Start wählen Sie über die Schaltfläche „…“ den Speicherort der Registry, beispielsweise „D:WindowsSystem32ConfigSAM“. Wählen Sie den Benutzer aus, dessen Passwort Sie ändern möchten und klicken Sie im Anschluss daran auf „Change password“. Tippen Sie als Nächstes ein neues Passwort ein, klicken Sie auf „OK“ und dann auf „Save changes“. Wenn Sie die Passwortfelder leer lassen, löscht Ntpwedit das Passwort und Sie können später unter Windows ein neues vergeben. Wenn Sie vom Notfallsystem aus Werte in der Registry des installierten Systems ändern wollen, nutzen Sie Remote-Regedit. Mit Magical Jelly Bean Keyfinder lesen Sie den Produktschlüssel des Systems auf der Festplatte aus, etwa vor einer Neuinstallation. Aomei Partition Assistent und Minitool Partition Wizard Home Edition erstellen und formatieren Partitionen, verändern deren Größe und kopieren den Inhalt von einer alten auf eine neue Festplatte. Defekte Bootumgebungen reparieren Sie mit MBRfix-Wizard , Easy BCD Portable ändert die Konfiguration des Win-Bootmanagers.
So geht’s – Booten vom Stick
Aktuelle Windows-8.1-PCs sind in der Regel mit Fastboot, Secureboot und Uefi konfiguriert. Ohne Anpassungen starten sie kein 32-Bit-System vom Stick. Schon der Weg ins Bios ist kompliziert. Drücken Sie Win-C, wählen Sie „Einstellungen > PC-Einstellungen ändern > Update/Wiederherstellung > Wiederherstellung“. Klicken Sie unter „Erweiterter Start“ auf „Jetzt neu starten“ und danach auf „Problembehandlung > Erweiterte Optionen > UEFI-Firmwareeinstellung“.
Im Firmware-Setup beziehungsweise Bios deaktivieren Sie Fastboot und Secureboot und aktivieren – wenn vorhanden – CSM (Compatibility Support Module), damit der PC im Bios-Modus starten kann. Konfigurieren Sie den USB-Stick als erstes Bootgerät oder verwenden Sie das Bootmenü des Bios (meist Esc, F8 oder F12). Starten Sie den Eintrag ohne vorangestelltes „UEFI:“.