Sie haben einen Raum, den Sie für Shootings benutzen oder dafür schnell ausräumen können? Und Sie haben eine Kamera, ein oder zwei Objektive, ein Aufsteckblitzgerät? Damit und mit ein paar weißen und schwarzen Flächen kann man anfangen, wie in einem professionellen Studio für Porträts und einfache Product-Shots zu arbeiten. Wichtig ist dabei zunächst die grundlegende Möglichkeit, Licht zu steuern. Ebenso wie man Licht umlenken und reflektieren kann, kann man seinen Einfluss minimieren, indem man Schatten erzeugt. Schwarze Tücher oder eine schwarz bepinselte Styroporplatte sind schnell installiert. Gerade in der Produktfotografie sind schwarze Flächen essentiell, um zum Beispiel unerwünschte Spiegelungen zu eliminieren. Rechnen wir mal die sowieso vorhandene Ausrüstung wie Kamera, Objektiv und Aufsteckblitz nicht mit ein, sind wir für ein paar weiße Kartons oder Tücher, eine Styroporplatte und schwarze Dispersionsfarbe vermutlich bei weniger als 30€.
Ganz einfach anfangen
Mit einer Kamera samt moderatem Teleobjektiv/Telezoom und etwas Tageslicht kann man absolut tolle Porträts schießen. Dazu noch die oben erwähnte weiße Styroporplatte aus dem Baumarkt auf einem selbstgebastelten Holzständer, schon hat man Hauptlicht (Fenster/Sonne) und Aufhelllicht (Styropor) – der Beginn der klassischen Studioausleuchtung für Porträts. Und wenn Sie dann noch transparenten weißen Stoff vors Fenster hängen, der das Licht bzw. die Schatten aufweicht, haben Sie eine improvisierte Softbox. Allerdings eine, die man nicht beliebig platzieren kann. Professioneller wird es natürlich mit zumindest einer variablen Lichtquelle samt Lichtformer. Ab ca. 300,- € gibt es kleinere Studioblitze oder Dauerlicht samt Stativ, die für den Einstieg sinnvoll sind.

Platz für Ideen
Wie viel Platz benötigt man für ein Fotostudio? Grundsätzlich sind hier zwei Faktoren wichtig: Neben dem Model/Produkt muss Platz für das Lichtsetup sein. Außerdem brauchen Sie je nach Größe des Fotomotivs mehr oder weniger viel Abstand, um mit vernünftigen Brennweiten arbeiten zu können. Fotografieren Sie ausschließlich handliche Produkte für den Online-Verkauf, ist der Motivabstand kein Killerkriterium. Auch aus kurzer Entfernung kann man Produkte in der Größe einer Handtasche noch ganz gut fotografieren. Werden die Produkte oder Motive jedoch größer, müssen Sie bei kurzem Abstand mehr und mehr mit Weitwinkel fotografieren, was zu unschönen Verzerrungen führt. Für ein Gaanzkörperporträt sollten Sie mindestens fünf Meter Abstand einkalkuliereen. Dazu kommt der Abstand vom Model zum Hintergrund, wodurch sich eine Raumlänge von mindestens sechs Metern ergibt. Die Breite des Raums sollte über drei Meter betragen, um Licht und Zubehör seitlich aufstellen zu können. Bei der Höhe des Raumes gilt: Je höher, desto besser. Denn wenn man mal damit anfängt, mit Licht zu experimentieren, kommt man irgendwannn an den Punkt, dass man das Hauptlicht oberhalb des Models platzieren möchte. Drei Meter Höhe sind gut, dreieinhalb bis vier noch besser.

Hinter dem Motiv
Wie sieht es mit dem Hintergrund aus? Gibt es im Raum eine attraktive Wand, vielleicht unverputzt, weiß oder mit groben Ziegelsteinen? Wenn die Wände im geplanten Studio als Hintergründe dienen sollen, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Farbig oder glatt weiß gestalten. Ähnlich sieht es mit dem Boden aus. Ein hübscher Holzboden kann für Porträts interessant sein, wird aber mit der Zeit genauso wie eine schlichte weiße oder immer gleich strukturierte Wand langweilig. Flexibilität ist angesagt. Und die erkauft man sich entweder durch Stoffe, Teppiche, Wandbehänge oder Rollenhintergründe. Kleiner Tipp: Wenn der Raum, in dem Sie die Hintergründe (am besten stehend!) lagern, nicht hundertprozentig trocken ist, werden die Rollenhintergründe mit der Zeit wellig und fangen im schlimmsten Fall sogar zu schimmeln an. Rollenhintergründe sehen zwar cool aus, sind aber nur sinnvoll, wenn man sie oft und in geeigneter Umgebung nutzt.

Mobil werden
Eine Alternative zu fest installierten Haltesystemen (und den unvermeidlichen Löchern in Wand/Decke) sind mobile Rollenhalterungen, die aus zwei Stativen und einer Querstange bestehen. Die lassen sich schnell auf- und abbauen und nehmen wenig Platz beider Lagerung ein. Außerdem kann man an ihnen nicht nur Papierhintergründe, sondern auch Stoffe, Tücher oder sonstige Materialien anbringen. Mobile Hintergrundsysteme gibt es ab ca. 150,- € inklusive einer Hintergrundrolle. Eine weitere Alternative zu Bohrlöchern in Wänden und Decken sind Autopole. Diese cleveren Helfer sind ausziehbare Stangen, die bombenfest zwischen Decken und Boden eingespannt werden können. An die Autopole lassen sich etliche Halterungen für Hintergründe, Blitzgeräte oder Glasplatten anbringen. Ein Paar solcher Autopole kostet ab ca. 250,- €.

Licht und Farbe
Um in einem Studio zu fotografieren, benötigt man Licht. Hat Ihr Studioraum eine Fensterfront oder ein großes Fenster, können Sie das für Tageslichtporträts nutzen. Problem dabei: Wenn Sie mal ausschließlich mit Studioblitzen bzw. Studiolampen für exakte Ausleuchtung arbeiten wollen, müssen die Fenster verdunkelbar sein. Das klappt durch lichtdichte, möglichst farblose Vorhänge z.B. aus schwarzem Bühnenmolton oder durch lichtdichte Rollos. Denn selbst der kleinste Lichteinfall kann sich beispielsweise auf glänzenden Oberflächen ungewollt einspiegeln. Und wenn Sie anstatt schwarzer Rollos farbige verwenden, kann es durch Streulicht, das von den farbigen Flächen reflektiert wird, zu Problemen bei der Farbdarstellung kommen.

Schwere Entscheidung
Ob Sie lieber mit Blitzgeräten oder Dauerlicht arbeiten, ist anfangs eine wichtige Entscheidung. Zweigleisig zu fahren bedeutet doppelte Kosten. Machen Sie neben Fotos auch öfter Videos, ist der Fall jedoch klar: Nur Dauerlicht ist für Fotos und Videos geeignet. Falls Sie trotzdem beide Systeme anschaffen möchten – Produktfotos machen mehr Spaß mit Dauerlicht, Porträts eher mit Blitzlicht –, achten Sie zumindest darauf, dass das Zubehör wie Softboxen oder Reflektoren an beiden Systemen angebracht werden kann. Hersteller wie z.B. Hensel bieten sowohl Blitz als auch Dauerlicht an, das jeweilige Zubehör ist kompatibel.
Die geheimen Tricks der Profi-Fotografen

Studioblitzgeräte
Blitzgeräte für die Studiofotografie gibtes viele. Für den Einstieg ist anfangs sicher ein Bundle sinnvoll, das aus zwei Blitzgeräten, Lichtformern, Stativen, Kabeln und Tasche besteht. Wenn außerdem noch ein Funkauslöser dabei ist, umso besser. Der Preis solcher Bundles hängt von der Qualität der Blitzgeräte und deren Leistung ab. Je höher die Leistung, desto teurer die Geräte. Professionelle Geräte haben mindestens 500 Ws pro Blitzgerät. Damit kann man auch mal mit sehr kleinen Blenden z.B. in der Produktfotografie oder bei Personengruppen für große Schärfentiefe sorgen. Blitze mit 200 W und weniger sind vor allem als Hintergrundlicht, Aufheller oder für Porträts mit geringer Schärfentiefe und Offenblende interessant. Wichtig zum Abschätzen der Lichtwirkung vor der Aufnahme: Die Blitzgeräte müssen ein Einstelllicht haben, das im Idealfall abhängig von der eingestellten Blitzleistung ist. Je höher die gewählte Blitzleistung, desto heller das Einstelllicht.
Woher kommen nun die zum Teil erheblichen Preisunterschiede der Blitzgeräte und Geräte-Bundles? Wenn man ein sehr günstiges und ein teures Blitzgerät im direkten Vergleich betrachtet, fällt vor allem die Verarbeitung auf. Knöpfe und Schalter sowie das Gehäuse selber sind bei den Profigeräten einfach besser auf den permanenten Alltagseinsatz ausgerichtet.

Zubehör & Requisten
Neben Licht, Reflektoren, Lichtformern und Kameras/Objektiven samt passendem Stativ braucht man, je nach Fotothema, besonderes Zubehör. Wichtig für korrekte Farben ist eine Graukarte als Farbreferenz, die für den manuellen Weißabgleich bzw. die Nachbearbeitung am Computer eingesetzt wird. Für Produktaufnahmen ist ein Tisch mit Hohlkehle hilfreich. Für den Anfang genügt ein Tisch, der an einer Wand steht. Darauf wird eine Kunststoffplatte oder Karton so befestigt, dass zwischen Tisch und Wand eine Rundung (Hohlkehle) entsteht. Vernünftigerweise sollte die Hohlkehleweiß sein, farbiger Karton kann aber für besondere Produktaufnahmen durchaus sinnvoll sein. Fotografieren Sie öfter Produkte, ist die Anschaffung eines kleinen Produktaufnahmetisches oder eines Lichtwürfels sinnvoll. In einem Porträtstudio stehen zudem immer etliche Möbel herum, auf die man seine Fotomodelle platzieren kann. Sofa, Stühle, Sessel, Hocker – man kann auf dem Flohmarkt oder auch per Kleinanzeige immer wieder interessante Stücke finden, die sich als Requisit eigenen. Neben Möbeln kann man sich auch nach Hüten, Tücher, interessanten Kleidungsstücken, Brillen, Schmuck und vielen anderen Kleinigkeiten umschauen, die dabei helfen, kleine Kreativblockaden aufzulösen. Denn irgendwann kommt man in jeder Studiosession an einen Punkt, wo man nicht mehr so recht weiß, wie es weitergehen soll. Und dann hilft immer das gemeinsame Wühlen in der Requisitenkiste weiter.
Baustrahler als Studiolicht
Vermutlich hat jeder Fotograf, der sich noch kein teures Studio-Equipment leisten kann, schon mal Baustrahler ausprobiert. Entweder liegen sowieso seit der letzten Umbaumaßnahme ein paar Strahler im Keller oder man holt sich schnell zwei Halogenfluter samt der charakteristischen gelben Standfüße aus dem nächsten Baumarkt. Die Strahler haben drei entscheidende Nachteile: Sie brauchen viel Strom, sie produzieren dementsprechend heftige Hitze und das Spektrum des abgestrahlten Lichts ist sehr eingeschränkt. Hat man einen günstigen Stromtarif, mag der erste Nachteil noch zu verkraften sein. Problematischer wird es schon wegen der Hitze. Lichtformer wie Softboxen oder transparentes Papier können in Flammen aufgehen oder zumindest Brandflecken bekommen, wenn man sie zu nah den Lampen anbringt. Stehen die Lampen nah und lange an einem Fotomodel, treiben die Fluter schnell den Schweiß auf die Stirn. Wegen der Einschränkungen des Lichtspektrums muss man vor allem in der Produktfotografie aufpassen. Klare, satteFarben von Oberflächen können auswaschen und blass wirken, wenn gerade die Wellenlängen im Halogenlicht fehlen, welche die Farbe des Produkts ausmachen.

Zur Erklärung: Tageslicht umfasst das gesamtesichtbare Wellenlängenspektrum. Künstliches Licht strahlt nur bestimmten Teil des Spektrums ab. Hochwertige Fotolampen oder Tageslichtlampen kommen dem Tageslichtspektrum sehr nah. Billiges Baulicht ist in fotografischer Hinsicht ungeeignet.Trotzdem, wenn man sich der Einschränkungen be-wusst ist, kann man Baustrahler für die ersten Schritte mit künstlichem Licht durchaus ausprobieren. Wichtig ist nur, dass Sie auf den richtigen Weißabgleich achten, da die Fotos sonst einen heftigen Rotstich bekommen.
Fotografieren ohne Automatik – so geht’s
Leistung von Blitzlampen einschätzen
150 Ws, 250 Ws, 500 Ws, 1000 Ws – Studioblitzgeräte werden durch ihre Leistung charakterisiert. Es wird immer der Maximalwert angegeben, der sich in der Praxis natürlich bis zu einem bestimmten Minimalwert reduzieren lässt. Je feiner die Intervalle zwischen den Leistungsstufen, desto besser. Grundsätzlich gilt, je höher die Leistung, desto teurer die Blitzgeräte sowie die irgendwann erforderlichen Ersatzblitzröhren. Für den Einstieg geeignet sind Blitze mit rund 250 Ws. Als Faustregel kann man sagen, dass zwischen 250 Ws und 500 Ws eine Blende liegt. Fotografiert man mit einem 250er Blitz bei voller Leistung mit Blende 5,6, muss man bei einem 500er Blitz auf Blende 11 abblenden, um korrekt zu belichten.
Bei der Wahl der Blitzleistung kommt es auch darauf an, welche Sujets man vor allem fotografiert. In der Produktfotografie benötigt man eher mehr Licht als in der Porträtfotografie, da es bei Produkten auf ausgedehnte Schärfentiefe ankommt, die man mit kleinen Blendenöffnungen erzielt. Macht man mehr Porträts mit geringer Schärfentiefe, ist es wichtig, die Lichtleistung auf eine Minimum beschränken zu können. Als Allround-Lösungverwende ich Blitzgeräte mit 500Ws. Mit minimaler Leistung sind sie in Kombination mit Softboxen gut für Blenden von f/5,6 (bei Porträts), bei maximaler Leistung kann man auch mal mit Blende f/18 fotografieren.
Kleiner Tipp zur Leistungsreduktion: Graufilter vor dem Objektiv helfen dabei, das Blitzlicht weiter zu reduzieren, damit man bei Porträts mit geringer Schärfentiefe die Blende noch weiter öffnen kann.