Ältere Hardware kann unter Linux noch einen richtig guten Job machen. Insbesondere nicht mehr desktoptaugliche Notebooks mit akzeptablem Stromverbrauch sind in der Serverrolle einem Raspberry Pi oder einem NAS-Gerät sogar überlegen. Trotzdem gibt es klare Grenzen, wo sich Hardwarerecycling nicht mehr lohnt oder jedenfalls nicht mehr Spaß macht. In diesem ersten Artikel geht es um die Hardwarekriterien, die ein Altgerät zum Recyclingkandidaten machen – oder eben nicht. Der nachfolgende Beitrag bespricht dann Rollen und Einsatzzwecke und die dafür passende Linux-Systeme. Zwei weitere Artikel gehen spezieller auf alte Datenträger und Mac-Hardware ein.
Der erste Hardwarecheck
Auch auf 20 Jahre alter Hardware bringen Sie noch ein Linux zum Laufen, aber es wird schwierig, dafür sinnvolle Rollen zu finden. Die Mindestanforderungen für ein Gerät, das sich mit befriedigender Leistung wiederbeleben lässt, liegen etwa auf dem Niveau der kleinen Platinenrechner Raspberry & Co. Anhand der folgenden Kriterien treffen Sie eine Vorauswahl:
- Prozessor: Brauchbare bis gute Leistung bieten 64-Bit-CPUs mit zwei Kernen und einer Taktrate von einem GHz aufwärts. Diese etwa für Netbooks typische Ausstattung reicht für kleine Serverrollen, grenzwertig auch noch als Zweitdesktop und zum Surfen. Theoretisch finden Sie sogar ab einer CPU Pentium III oder AMD Athlon und 256 MB RAM spezialisierte Linux-Distributionen, die solcher Hardware angemessen sind. Mehr als ein irgendwie noch laufendes System ist damit aber nicht zu erwarten.
- Prozessoreigenschaften: Das CPU-Thema PAE – eine Eigenschaft, um mit 32-Bit- CPUs mehr als 3,2 GB RAM zu adressieren – sollte man ad acta legen. Hardware ohne PAE-fähige CPU ist ein Fall für den Elektronikschrott, wenngleich manche Linux-Spezialdistributionen solche CPUs immer noch unterstützen (Varianten mit dem Stichwort „non-pae“, „legacy“). Generell sind 32-Bit-Prozessoren so veraltet (mindestens 15 Jahre), dass Recyclingversuche wenig Freude versprechen. Nennenswerte Ausnahmen sind alte Netbooks mit Intel- Atom-CPUs, die zwar größtenteils mit 32 Bit arbeiten, aber für kleine Serverrollen durchaus genügen.
- Arbeitsspeicher: Zwei bis vier GB RAM sind für sparsames Desktop-Linux ausreichend für kleine Serverrollen ist ein GB RAM die absolute Untergrenze.
- Netzadapter: Betagte Rechner haben oft einen Fast-Ethernet-Adapter (100 MBit/s). Diese Netzwerkleistung ist für einen Zweitdesktop oder kleinen Heimserver ausreichend; wirklich servertauglich ist dieses Tempo allerdings nicht (siehe aber Kasten „Kostengünstiges Upcycling“).
- USB: USB 3.0 wäre optimal, wenn das Altgerät als Datenserver arbeiten soll. USB 2.0 sollte aber für jeden Zweitdesktop und auch noch für einen Datenserver mit moderaten Ansprüchen genügen, für einen kleinen Intranet-Webserver allemal. Geräte mit USB 1.x sind hingegen nicht mehr alltagstauglich.
- Stromverbrauch: PC-Veteranen verbrauchen kaum unter 60 bis 70 Watt (ohne Monitor) und sind schon aus diesem Grund schlechte Kandidaten für eine Neubelebung als Server-Dauerläufer. Notebook-Oldies liegen bei 40 bis 45 Watt. Zum Vergleich: Aktuelle Platinenrechner und Notebooks begnügen sich mit fünf bis maximal 20 Watt. Geräte für den Dauerbetrieb sollten diese Marke nicht oder allenfalls moderat überschreiten: Mit 20 Watt ist ein Gerät im Dauerbetrieb kein Stromfresser: Die Jahresrechnung eines solchen Miniservers im Dauereinsatz beträgt dann bei einem aktuellen Strompreis von 35 Cent pro Kilowatt etwa 65 Euro. Einfache Messgeräte sind ab acht Euro erhältlich und zeigen die Leistungsaufnahme in Watt an (pro Stunde).
- Geräuschentwicklung: Welche Betriebsgeräusche verursacht das Altgerät? Die Frage spielt keine Rolle, wenn das Recycling in einer Serverrolle im Keller stattfindet, aber im Wohnzimmer sind surrende Lüfter und singende Festplatten störend.
- Bootfähigkeit: Altrechner sind oft nicht bootfähig über USB. Wenn dann auch kein funktionierendes optisches Laufwerk vorliegt, wird es eng. Selbst wenn Sie das künftige Linux-System auf die interne Festplatte installieren, brauchen Sie zumindest für die Installation den Bootvorgang von einem externen Laufwerk.
- Sound und Wi-Fi: Welche weitere Peripherie soll genutzt werden – und gibt es dafür Treiber? Wenn das Gerät Sound liefern oder im WLAN funken soll, müssen Sie die Funktionsfähigkeit vorab testen – am besten mit einem Linux-Livesystem.

Je älter die Hardware, desto höher meist der Stromverbrauch: Ob ein Gerät – als Dauerläufer – in Betracht kommt, kann ein Messgerät prüfen (ab zehn Euro). Der abgebildete digitale Hama-Stecker liegt bei etwa 25 Euro.
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Hardwareanalyse mit HDT
Wer ein altes Notebook aus dem Keller kramt, muss erst einmal wissen, welche Hardware in diesem Gerät steckt. Was leistet die CPU, wie viel RAM steckt auf dem Motherboard? Funktioniert die Festplatte noch und wie groß ist sie? Wenn auf dem Gerät noch ein System läuft, kommen Sie mit Tools wie inxi (Linux) oder msinfo32 (Windows) an die Infos.
Unabhängig von einem System sind Sie mit dem bootfähigen Minisystem Hardware Detection Tool (HDT). Falls kein optisches Laufwerk vorliegt, können Sie das HDT-ISO mit einem Linux-Laufwerkstool oder dem Win 32 Disk Imager auf einen USB-Stick kopieren. Das setzt dann aber die Bootfähigkeit via USB voraus.
In HDT verwenden Sie den „Menu mode“. Dieser zeigt unter „Summary“ das CPU-Modell mit Angabe über 32 oder 64 Bit sowie die RAM-Kapazität. Genauer wird es unter den Kategorien „Processor“ und „Memory“, die sich mit den Cursortasten ausklappen lassen. Unter „Processor“ erscheinen das CPU-Modell und die Architektur-Info („x86_64“ – „Yes“ oder „No“) sowie alle CPU-Eigenschaften als „Flags“ (so auch die früher vieldiskutierte „pae“-Eigenschaft.). Infos zu internen Festplatten liefert HDT unter „Disks“.

HDT-Tool: Das Werkzeug zeigt alle Hardwarekomponenten eines Rechners, unter anderem auch die detaillierten Prozessoreigenschaften.
IDG
Wichtig für die Tauglichkeit als Datenserver sind die Angaben unter „PCI-Devices“: Sie informieren über Grafikkarte, Soundchip, Ethernet (Fast oder Gigabit?), WLAN-Chip (altes 801.11g, brauchbares 801.11n oder aktuelleres 801.11ac?). Ein K.-o.-Kriterium ist die USB-Version. USB 3.0 erkennen Sie schon äußerlich an den blauen USB-Buchsen. Ob jedoch USB 2.0 vorliegt oder inakzeptables USB 1.x, ist äußerlich nicht ersichtlich und auch unter HDT nicht ganz eindeutig zu ermitteln: Was HDT unter „PCI-Devices“ für den „USB (Host) Controller“ anzeigt, ist oft erst anhand der gezeigten Produkt-IDs zu recherchieren. Allgemein indizieren unter HDT die Abkürzungen „OHCI“ eine USB-Version 1.1, „EHCI“ Version 2.0 und „XHCI“ Version 3.0.
Ganz eindeutig ist dies nicht, da auch Bezeichnungen wie OHCI2 auftauchen, was dann für USB 2.0 spricht. Die Recherche der USB-Version ist eventuell schneller durch einen empirischen Test zu erledigen, wobei ein Kopiertempo von 20 bis 30 MB/s die USB-Version 2.0 indiziert.
Alte PCs und Platinen: Kaum zu retten
Wenn Ausbau-PCs ihre Zeit als Desktop trotz Aufrüsten überschritten haben, ist weitere Rollensuche zweifelhaft: Die Größe spricht ebenso gegen einen Einsatz im Wohnzimmerschrank wie Betriebsgeräusche durch alte Lüfter und Festplatten. Außerdem verbrauchen PC-Veteranen viel zu viel Strom und sind denkbar eher ungünstige Kandidaten für eine Serverrolle.
Zehn Jahre nach dem ersten Raspberry Pi werden auch die Nachteile von Ein-Platinen-Rechnern deutlich: Sie veralten rasend schnell. Wer von Anfang an mitgespielt hat und mehrfach auf leistungsstärkere Nachfolger oder Alternativplatinen umgestiegen ist, hat jetzt vermutlich die eine oder andere Platine in der Schublade, mit der sich nichts Ernsthaftes mehr anstellen lässt. Im Vergleich zu aktuellen Platinen sind die frühen Einkerner mit 512 MB RAM, langsamen Fast Ethernet und fehlendem WLAN bestenfalls noch Bastlermaterial.
Kostengünstiges Upcycling
Viele alte Rechner taugen noch für die eine oder andere Rolle. Wenn nicht, ist teures Aufrüsten kaum sinnvoll. Falls nicht zufällig passendes RAM, eine kleine SSD oder gar CPU, Grafikkarte in der Schublade herumliegen, lohnen Investitionen in der Regel nicht mehr. Zwei Ausnahmen gibt es:
Ethernet: Ältere Netbooks/Notebooks haben in der Regel nur einen Fast-Ethernet-Netzadapter (100 MBit/s). Das mag oft ausreichen, servertauglich ist das Tempo jedoch nicht, was spätestens bei Film- oder ISO-Dateien unangenehm auffällt. Der Netzdurchsatz lässt sich mit der Investition in einen USBto- Ethernet-Adapter deutlich verbessern. Der in seinem Umfeld nicht ganz billige Delock Adapter (circa 22 Euro) mit schnellem USB 3.0 und schnellem Gigabit-Ethernet ist eine Empfehlung, weil er auf jedem von uns getesteten Gerät – vom Netbook/Notebook bis zum Platinenrechner – auf Anhieb funktionierte: einfach an einen USB-Port anschließen und am anderen Ende das Ethernet-Kabel. Die volle Netzwerkleistung (1000 MBit/s) erhalten Sie aber nur, wenn das Altgerät USB 3.x anbietet. Mit USB 2.0 erreicht der Adapter immerhin noch circa 300 MBit/s.
WLAN-Adapter: Ein fehlender oder veralteter Wi-Fi-Chip ist gleichfalls mit einer kleinen Investition zu beheben, die ein mittelaltes Gerät noch jederzeit rechtfertigt. Zahlreiche Linuxkompatible Wi-Fi-USB-Sticks wie Edimax EW-7811UN, Asus N10 Nano, Fritz-Wlan-USB-Stick-N v2.4, Hama WLAN-USB-Stick 54, CSL 300, Panda 300 N oder Hercules 300 N mini kosten etwa zehn bis maximal 25 Euro. Beachten Sie, dass alle WLAN-USB-Sticks USB 2.0 benötigen, um ihre Leistung ausschöpfen zu können.

Gigabit-Ethernet via USB: Diese Aufrüstmaßnahme ist nicht teuer (10 bis 25 Euro je nach USB- und LAN-Leistung) und macht Altrechner servertauglich.
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Netbooks: Gut genug für Nebenrollen

Altes Netbook als Datenserver: Das ist mindestens Homeoffice-tauglich, wenngleich Geschwindigkeitsrekorde mit Fast Ethernet und USB 2.0 nicht zu erwarten sind.
IDG
12 bis 15 Jahre alte Netbooks sind komplette PCs mit kostengünstigen, leistungsschwächeren und stromsparenden Komponenten. Typisch sind Intel-Atom-CPUs (seltener Celeron) mit bis zu 1,66 GHz, einem bis zwei GB RAM, USB-2.0-Ports, Fast Ethernet, WLAN (802.11n), Audiochip (Mikroeingang und Lautsprecherausgang), Kartenleser, kleines Display mit der Auflösung 1024 × 600. Die mechanische Festplatte bietet meistens 160 bis 250 GB. Netbooks arbeiten zwar nicht lüfterlos, aber leiser als Notebooks. Der Stromverbrauch liegt auch bei Hochlast unter 20 Watt, im Leerlauf unter zehn Watt.
Mit solchen Eigenschaften erreichen alte Netbooks nicht die Leistung eines aktuellen Raspberry Pi 4, kommen aber durchaus für kleine Serverrollen im Netzwerk in Betracht. Ein Einsatz als Dateiserver ist mit USB 2.0 und Fast Ethernet nicht optimal, aber machbar. Gar keine Gegenanzeigen gibt es, wenn das Netbook Aufgaben übernimmt, die kein hohes Datenaufkommen haben: Das kann eine abgespeckte Nextcloud sein oder ein Intranet-Wiki wie Mediawiki (benötigt komplettes LAMP-Paket mit Linux, Apache, My SQL und PHP, siehe www.mediawiki.org) oder Dokuwiki (benötigt Linux, Apache und PHP, siehe www.dokuwiki.org).
Notebooks: Zweitdesktop oder Top-Server

Homeserver für 200 bis 300 Euro: Dieses gebrauchte Thinkpad-Notebook L440 ist für etwa 200 Euro erhältlich und bringt alles mit, was ein schneller und zuverlässiger Linux-Server braucht.
IDG
Eindeutig die lohnendsten Recyclingkandidaten sind bis zu zehn Jahre alte Notebooks, auf denen Windows, Ubuntu, Browser und Office keinen Spaß mehr machen. Die werden mit einer sparsamen Linux-Distribution wieder zum flotten Desktop und sind vor allem in einer Serverrolle leistungsfähiger als Platinenrechner und NAS-Geräte. Neben den allgemeinen Vorteilen des Notebooks wie Display, Tastatur, Maus, Stromversorgung für USB kann das Notebook in der Regel die schnellere CPU und mehr RAM vorweisen. Lediglich der Stromverbrauch ist beim Notebook etwas höher: Nicht allzu alte Notebooks verbrauchen bis zu 25 Watt.
Kluge Home-Admins halten daher heute vermehrt Ausschau nach soliden Notebooks als Serverhardware. Gute gebrauchte Notebooks mit i3-CPU aufwärts, vier bis acht GB RAM sowie USB 3.0 und Gigabit-Ethernet kosten typischerweise 200 bis 400 Euro. Ein WLAN-Chip mit 802.11n, oft sogar 802.11ac ist ebenfalls Standard.
Besonders zu empfehlen sind nach unserer Erfahrung die Thinkpads von Lenovo, ferner auch Pro Books oder Elitebooks von HP. Eine größere Auswahl von Notebooks als B-Ware mit optischen Mängeln oder als renovierte Gebrauchtware („refurbished“) finden Sie bei vielen Händlern. Einige Beispiele folgen unten.
Die Preisangaben beziehen sich auf das jeweils günstigste Angebot (Anfang September 2022), das die oben genannten Hardwareanforderungen erfüllt:
- www.amazon.de (z. B. „Thinkpad gebraucht“ ab 220 Euro)
- www.conrad.de („Refurbished“ oder „B-Ware“ ab 199 Euro)
- www.esm-computer.de (ab 199 Euro)
- www.gebrauchtcomputer24.de (ab 199 Euro)
- www.itsco.de/notebooks („B-Ware“ ab 144 Euro)
- www.luxnote-hannover.de („B-Ware-Pool“, ab 199 Euro)
- www.pollin.de („Refurbished“ ab 249 Euro)
- www.refurbed.de (ab 160 Euro)
Beachten Sie, dass der größte Schwachpunkt gebrauchter Notebooks für den Einsatz als stationärer Linux-Server keine Rolle spielt – der Akku nämlich. Wenn Netbooks oder Notebooks im Dauerbetrieb an der Steckdose hängen, können Sie den Akku komplett entfernen. Das Display, das bei Servern nur eine Nebenrolle spielt, folglich klein sein und auch Pixelfehler aufweisen darf, sollte per Funktionstasten so dunkel wie möglich eingestellt werden.
Richtig entsorgen
Der Friedhof für Altgeräte, für die sich beim besten Willen keine sinnvolle Rolle mehr findet, ist der Wertstoffhof mit seiner Ecke für den Elekronikschrott.
Solche Hardware stattdessen zu verschenken oder zu spenden, ist gar keine so „edle“ Idee: Die Weitergabe delegiert letztlich nur die Entsorgungsarbeit an Dritte, denn auch Schüler, Senioren oder Nutzer in Entwicklungsländern brauchen ein funktionierendes Gerät, das ins Internet geht und in tolerierbarer Zeit Daten transportiert.
Vor der endgültigen Entsorgung ist ein Check dringend zu empfehlen: Das Gerät soll weg, aber nicht die persönlichen Daten! Micro-SD-Karten in Platinenrechnern oder Notebook-Kartenlesern sind leicht zu übersehen. Festplatten gehören entweder sauber überschrieben, zerstört oder zur Weiternutzung ausgebaut, falls sich das noch lohnt. Ob sich die Entnahme von RAM-Bausteinen, DVD-Laufwerken oder PCI-Karten lohnt, ist ebenfalls eine Ermessensfrage.
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