Erinnern Sie sich noch an die Geräteklasse der Netbooks? Fast jeder bedeutende Hardwarehersteller hatte noch vor wenigen Jahren einen Minicomputer im Angebot. Kleiner und leichter als ein Notebook, aber nicht so leistungsfähig. Fürs Surfen, Mailen und einfache Büroarbeit sollten die handlichen Rechner aber ausreichen. Die Netbooks wurden von den Tablets vom Markt gefegt. Mit seinem Leistungsvermögen ist der Raspberry allerdings den Netbooks deutlich überlegen.
Einrichtung und Installation versteht jeder
Die Liste der Dinge, die zum Start in die Welt des Raspberry benötigt werden, ist schnell aufgezählt und in vielen Onlineshops gleich im Komplettbundle versammelt: Die Platine selbst, das passende Netzteil und eine Micro-SD-Karte. Und wer sich und dem Minirechner einen Gefallen tun will, nimmt noch ein Gehäuse dazu.
Maus und Tastatur werden die meisten ohnehin irgendwo im Schrank haben und mit dem HDMI-Anschluss lässt sich der Raspberry schnell mit jedem halbwegs aktuellen Display verbinden. Dank Noobs-Installer ist die Einrichtung der SD-Karte und damit die Installation des Systems für jeden verständlich. Die Übertragung auf die SD-Karte wird unter Linux in einem Terminal erledigt oder unter Windows mit dem Win 32 Disk Imager .
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Pixel -– der schlanke Desktop
Bis zum Erscheinen von Pixel sah die mit dem Betriebssystem Raspbian mitgelieferte LXDE-Benutzeroberfläche immer etwas hausbacken aus. Das hat sich mit der neuen vorinstallierten Oberfläche geändert. Der Desktop arbeitet schnell, bietet über seine Navigationsleiste Zugriff auf alle wichtigen Funktionen und sieht auch noch elegant aus. Wie von anderen Oberflächen gewohnt, führt ein Rechtsklick auf den Desktop zu den Kommandos, um die Optik der Arbeitsfläche nach eigenen Wünschen anzupassen. Und auch die Elemente in der Navigationsleiste können nach Lust und Laune zusammengestellt werden.
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Mit einem Klick auf das Beeren-Symbol auf dem Desktop öffnet sich das Hauptmenü der Oberfläche. Mit dem Libre-Office-Paket in der Kategorie „Büro“ ist die beste derzeit erhältliche kostenlose Office-Suite dabei. Damit können auch die Dokumente aus dem Büro schnell auf dem Kleinstrechner bearbeitet werden. Wer nur gelegentlich mal einen Brief schreiben will und auf Tabellenkalkulation und Präsentationsprogramm verzichten kann, sollte über „Einstellungen -> Add/Remove Software“ Ballast abwerfen und das Paket deinstallieren. Installieren Sie stattdessen Abiword und das Zusatzpaket „Common Files“. Danach nutzen Sie eine schnelle und ausgereifte Textverarbeitung, die mit vielen Details überrascht (zum Beispiel dem Nachschlagen von Begriffen direkt aus dem Text heraus).

Natürlich bietet Pixel auch Anwendungen, um im Internet zu surfen oder seine Mails zu bearbeiten. Der Browser Epiphany ist eine interessante Alternative zu den bekannten Programmen Firefox oder Chrome. Die Anwendung startet schnell und als Suchmaschine ist Duck Duck Go eingestellt. Diese verspricht, besonders auf den Datenschutz zu achten und seine Nutzer nicht zu verfolgen, allerdings lässt die Qualität der Suchergebnisse häufig etwas zu wünschen übrig. Eine Alternative zu Epiphany ist Chromium, die Open-Source-Variante von Googles Chrome. Der Browser verbraucht zwar mehr Ressourcen und startet etwas langsamer, hatte aber während der täglichen Arbeit nie Probleme mit der Darstellung von Webseiten. Auch Firefox kann auf dem Pixel-Desktop installiert werden, arbeitet hier aber recht gemächlich.
Für die Bearbeitung der elektronischen Post ist Claws zuständig. Das Programm hilft bei der Einrichtung der Konten mit einem Assistenten, der allerdings nicht ganz so übersichtlich ist wie etwa die Einrichtung von Thunderbird. Ehrlicherweise muss man einräumen, dass Claws in der täglichen Arbeit mit Thunderbird nicht mithalten kann. Über den Paketmanager ist eine Alternative aber rasch installiert. Allerdings sollte man sich den sparsamen Umgang mit den Ressourcen des Systems nicht wieder dadurch ruinieren, indem man etwa Apps installiert, die für den KDE-Desktop entwickelt wurden. Da wird das Arbeiten dann schnell zu einer reinen Warterei.
Dateimanager mit Netzwerkfunktionalität

Für die tägliche Arbeit bietet Pixel alles, was notwendig ist. Bei der Dateiverwaltung erlebt der Anwender keine größeren Überraschungen. Der Dateimanager ist übersichtlich und nutzt auch ohne weitere Zusatztools Netzwerkfreigaben. Der Zugriff auf ein NAS oder eine andere Freigabe erfolgt über das Kommando „Gehe zu“. Danach wählen Sie einfach den Eintrag „Netzwerk“ und stellen mit den Anmeldedaten die Verbindung zum gewünschten System her. In einem heterogenen Netzwerk unter Beteiligung von Apple-Geräten müsste das Zugriffsprotokoll AFP nachträglich über die Softwareverwaltung installiert werden.
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Mit Multimedia an die Leistungsgrenzen
Wer im Hauptmenü in die Rubrik „Grafik“ klickt, findet dort lediglich den Bildbetrachter Imagemagick. Da es sich bei Raspbian um eine vollwertige Distribution handelt, ist es aber problemlos möglich, sich seine Lieblingsanwendungen nachträglich einzurichten. In den Paketquellen sind jedenfalls alle bekannten Programme enthalten. Allerdings raten wir von der Bearbeitung von Fotos etwa mit Gimp ab – hier stößt der kleine Computer naturgemäß an seine Grenzen.
In der Grundausstattung fehlen daher zunächst auch Wiedergabeprogramme für Audio oder Video. Aber natürlich muss der Nutzer auch in dieser Hinsicht auf nichts verzichten. Player wie Banshee oder VLC stehen über das Softwarecenter zur Einrichtung bereit. Unterm Strich ist der Raspberry mit Pixel aber kein System für Multimedia-Aufgaben: Er eignet sich als Desktop für einfachere Büroaufgaben, Surfen und Mailen.
Raspberry als Thin Client
Eine eher wenig bekannte Möglichkeit des Raspberry besteht darin, ihn als Thin Client für einen Windows-Rechner zu benutzen. So bietet Windows 10 in seiner Pro-Version den Zugriff per Remote Desktop Protocol (RDP) an, der mit wenigen Mausklicks eingerichtet werden kann. Unter „System > Erweiterte Systemeinstellungen > Remote -> Remotedesktop“ findet sich in der Systemsteuerung von Windows die entsprechende Option. Auf dem Raspberry genügen dann die beiden zusätzlichen Pakete „rdesktop“ und „grdesktop“. Danach starten Sie einfach grdesktop und geben die IP-Adresse des Windows-Rechners ein. Schon kann der Raspberry den Windows-Desktop anzeigen und damit arbeiten.