402.075 Schritte und 82.429 Kilokalorien – so sieht meine persönliche Bilanz nach dem einmonatigen Nonstop-Test von Garmins neuem Fitnesstracker Vivofit aus. Und nun? Zum ersten: Diese exakt erscheinenden Zahlen sind garantiert falsch – da verwette ich jedes Vermögen drauf. Und doch hinterlässt das Wearable Device trotz mancher kleinen Schwäche einen außerordentlich guten Gesamteindruck.
Doch der Reihe nach: Mancher Arbeitskollege bemitleidet mich schon beim Mittagessen, dass ich ständig „dieses Ding“ trage – dabei habe ich das schwarze Modell und nicht einmal eines in den auffälligeren Farben blau, grün oder violett. „Die zeigt ja wieder das Gleiche wie gestern“, spottet ein anderer. Solche Belustigungen ertrage ich tapfer und kontere eines Abends beim Lauftreff, als der Kollege noch auf den Satelliten-Fix seiner GPS-Uhr wartet. Ich dagegen kann dank der integrierten Bewegungs- und Beschleunigungssensoren gleich loslaufen, jeder Schritt zählt sofort.
Aber ist diese Art der Messung auch genau? Erstaunlich sogar, die Abweichung gegenüber der tatsächlichen Entfernung beträgt bei mir gerade einmal drei Prozent. Das ist für den Alltag und ein Training ohne echte Ambitionen absolut ausreichend.

©Garmin
Garmin Vivofit mit skurrilen Schwächen und vielen Stärken
Dass der Hersteller den Fokus ganz klar auf die Bewegung zu Fuß gelegt hat, wird schnell klar. Selbst sportliches Radfahren erkennt das Fitnessarmband nicht als sonderliche Anstrengung mit dem daraus resultierenden Kalorienverbrauch, ähnliche Schwächen gibt es auch beim Schwimmen. Umgekehrt stellt sich das tägliche Zähneputzen mit dem Vivofit-Armband am „Putzarm“ dar: Zwei Minuten Zahnpflege entspricht fast 600 Schritten. Und weil das ganz offensichtlich falsch ist, kann ich auch meine Wette anbieten.
Sechs Fitnesstracker im Vergleichstest
Von diesen Systemfehlern abgesehen zeichnet der Tracker die körperliche Fortbewegung verdammt genau auf. Wer morgens mit dem Auto zur fährt, dann mit dem Lift von der Tiefgarage ins Büro gelangt und dort kurz vor der Mittagspause einen ersten Blick auf das Display wirft, stellt fest: Das war ja (noch) gar nichts – nicht einmal 1.000 Schritte. Eine dezente Mahnung, die es nur noch umzusetzen gilt, um auf das anfangs vorgegebene Ziel von 5.000 Schritten am Tag zu kommen.
Eine der großen Stärken ist die ewig lange Laufzeit der beiden Knopfzellen, die man sogar selbst auswechseln kann: Ein Jahr verspricht Garmin, und selbst wenn es nur die Hälfte sein sollte, ist das gegenüber der Konkurrenz ein unschätzbarer Vorteil. Denn die muss meist schon nach ein paar Tagen zum Aufladen an den Stromstecker, wie sich im Vergleichstest zeigt.

Unter allen Lichtverhältnissen sehr gut ablesbar ist auch das 25,5 x 10 Millimeter große unbeleuchtete Schwarz-Weiß-Display – abgesehen natürlich von Dunkelheit. Schließlich kann man bei der Bedienung nichts falsch machen, denn mit der einzigen Taste drückt man insgesamt sechsmal durch die Anzeigeschleife von Uhrzeit, Datum, am Tag zurückgelegten Schritten, den bis zum „Ziel“ noch zu absolvierenden Schritten, der zurückgelegten Distanz und den verbrauchten Kalorien. Das ist alles, das Handbuch benötigt man deshalb eigentlich nicht.
Auswertung per App oder am PC
Sowohl die erstmalige Einrichtung mit allen persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht usw. als auch die spätere Auswertung geschieht wahlweise per „Garmin Connect“-App oder am PC. Die Verbindung mit dem Smartphone oder Tablet erfolgt dabei über die extrem wenig Strom verbrauchende Funktechnik Bluetooth 4.0 , beim Computer greift man auf den beiliegende USB-Dongle zurück, der die im Sportsektor verbreitete Funktechnik ANT+ unterstützt und so das Armband mit Windows und der Garmin-Cloud verbindet.
Während das bei am PC mit der Connect-Software sowie mit der iOS-App und dem iPhone bzw. iPad hervorragend klappt, ist die Verbindung mit Android-Smartphones trotz Bluetooth 4.0-Unterstützung und den Voraussetzungen des Betriebssystems (ab Android 4.3) ziemliche Glückssache. Wir haben es in der Redaktion mit diversen Handys probiert. Hier muss der Hersteller dringend nachbessern, um seine Kunden mit Android-Geräten nicht zu frustrieren. Abhilfe könnte vermutlich schon ein Firmware- oder App-Update schaffen.

Die Auswertung in der Cloud bietet zum Teil detaillierte Daten, wer einen Brustgurt zur Pulsmessung mit ANT+ besitzt, bekommt seine Herzfrequenz ebenfalls auf dem Display des Armbands und in der Cloud angezeigt.
Fitbit Flex überwacht Fitness und Schlafqualität
Der ganze Spaß kostet zwischen 100 und 125 Euro , je nachdem, welche der fünf lieferbaren Farben man bestellt. Dafür gibt es neben dem eigentlichen Trackmodul mit Display zwei verschieden große, verstellbare Armbänder, eine Kurzanleitung sowie den USB-Dongle mit ANT+.
Fazit: zuverlässiger Begleiter durch den Alltag
Im Alltag erweist sich das Vivofit-Armband als zuverlässiger Begleiter, man muss es keineswegs täglich mit der App oder PC-Software abgleichen. Vielmehr speichert das Trackmodul alle Aktivitäten mit Datum und ordnet sie auch nachträglich richtig den einzelnen Tagen zu. Schwimmen und Duschen machen dem bis 50 Meter wasserdichten Device nichts aus. Bei den meisten Tätigkeiten stört es nicht einmal, obwohl es auf der Displayseite oben rund einen Zentimeter aufträgt. Nur bei Montage- und oder Reparaturarbeiten wie beispielsweise am Auto sollte man das Armband ablegen. Ach ja, beim Volleyballspielen natürlich auch – Training oder Spiel mit dem Vivofit am Schlagarm hätte den einmonatigen Test vermutlich vorzeitig beendet. So aber zeigt sich das Display am Schluss wie neu und ohne sichtbare Kratzer.

©Garmin
Wer die gut 100 Euro für das Wearable locker machen möchte und sich mit Laufen und der Bewegung im Alltag begnügt, bekommt mit Garmins Vivofit einen guten Tracker. Bei anderen Sportarten oder auch einer tiefergehenden Schlafanalyse dagegen muss das Fitnessarmband ohne nachträgliche Anpassungen im Webportal passen – da leisten Geräte anderer Anbieter mehr. Auch als Personal Trainer oder als Trainingsplaner für ambitionierte Sportler eignen sich solche Fitnesstracker nicht, bei ihnen steht stets die Tagesbasis im Vordergrund.
Die Frage, ob und wie weit man ein solches Teil als Motivationshilfe überhaupt benötigt, muss jeder für sich selbst beantworten. Da ist es wie beim Abnehmen: Das Wissen allein genügt nicht, man muss es auch umsetzen. Ich persönlich benötige es jedenfalls nicht, ich kann mich auch ohne Gadget zum Sport motivieren – anderen Personen dagegen mag es äußerst nütztlich sein.
Wenn aber schon ein solches Gadget, dann eines, das funktioniert und zwar immer. Und genau das leistet das Vivofit abgesehen von den derzeitigen Problemen mit Android. Ich muss mir nicht erst Gedanken machen, ob die Batterie geladen ist oder nicht, es läuft einfach im Hintergrund. Dazu kann man dem Hersteller wirklich nur gratulieren!
Zum Abschluss vielleicht noch ein Tipp für eine weitere Geschäftsidee: Wie wäre es mit einem „Garmin Tresor“? Man legt morgens einen Schokoriegel oder sonst etwas hinein, der Tresor gibt die Belohnung aber erst frei, wenn das Vivofit-Armband meldet: Tagesziel erreicht.