Linux Mint steht auf den Beinen von Ubuntu . Trotzdem hat es sich längst den Status einer eigenständigen Distribution verdient und Ubuntu den Rang abgelaufen. Es definiert sich unmissverständlicher als seine Basis als Desktopsystem für PCs und Notebooks. Es hat zahlreiche Eigenentwicklungen begonnen und verfolgt diese nachhaltig weiter. Am eigenen Desktop Cinnamon wird engagiert weitergefeilt, die Eigentools werden weiterentwickelt und der Einbau externer Werkzeuge wie neuerdings Timeshift (Systemsicherung) erfolgt konsequent in allen Zentralen. Natürlich wird die Ubuntu-Basis konsequent erneuert, dabei aber durchaus kritisch hinterfragt: Wenn der Ubuntu-Installer die Home-Verschlüsselung (Ecryptfs) über Bord wirft, dies der Desktopausrichtung von Linux Mint aber widerspricht, geht Mint auch eigene Wege. Unterm Strich ist Linux Mint natürlich eine Synthese, aber alles andere als eine zusammengewürfelte, sondern eine großartige, pragmatische Integrationsleistung.
Linux Mint 19: Das sind die Neuerungen
Alleinstellungsmerkmale und Konzept von Linux Mint

Linux Mint entstand 2006 und war zunächst nicht mehr als ein Ubuntu mit zusätzlicher nicht-freier Software, insbesondere mit Multimedia-Codecs: Nicht mehr als ein kleiner Bonusservice, zumal sich jeder Ubuntu-Anwender diese Codecs durch einen Terminalbefehl nachrüsten konnte. Auch 2018 steht Linux Mint immer noch auf der Systembasis von Ubuntu, hat aber inzwischen zahlreiche Eigenentwicklungen mit Alleinstellungsmerkmal hinter sich. Cinnamon: Der wesentliche Schritt zur Selbständigkeit war 2011 die Einführung der Cinnamon-Oberfläche. Im Jahr 2011 beerdigten die Gnome-Entwickler mit Version 3 die klassische Gnome-Oberfläche (Gnome 2) und ebenfalls 2011 machte Ubuntu die Gnome-3-ähnliche Oberfläche Unity zu seinem Standard. Die simplifizierenden Oberflächen Unity und Gnome 3 sind nichts für Anwender, die ein klassisches Startmenü, eine anpassungsfähige Oberfläche und einen Desktop als aktiven Ablageordner suchen. Das Mint-Team um Clément Lefèbvre baute auf Basis des obsoleten Gnome 2 den Desktop Cinnamon. Cinnamon ist eine klassischkonservative Oberfläche mit Systemleiste, Hauptmenü und einem Desktop als Ablage für Dateien und Minianwendungen (Desklets). Im Unterschied zu Gnome und Unity lädt er an jeder Ecke zur individuellen Anpassung ein und hat viel spezielles Feintuning erhalten, das Windows-Umsteigern Heimatgefühle vermittelt. In der Summe hat Cinnamon eine große Integrationskraft, die sowohl Linux-Systembastler wie Windows-Umsteiger anspricht. Mint-Tools: Neben dem maßgeblichen Desktop Cinnamon hat Linux Mint inzwischen zahlreiche Eigenentwicklungen an Bord aller Editionen: Wichtig sind
- die Anwendungsverwaltung (mintinstall) zur komfortablen Installation von Software
- die Aktualisierungsverwaltung (mintupdate) für Updates und Upgrades
- der Dateimanager (nemo) mit umfangreichen Optionen und Erweiterungsmodulen
- der „Willkommen“-Bildschirm (mintwelcome) mit informativen Grundlagen
Diverse kleinere Mint-Tools wie
- das Datensicherungswerkzeug (mintbackup) zur Sicherung der Home-Verzeichnisse
- die USB-Abbilderstellung (mintstick) zum Schreiben von Images (im Dateimanager integriert)
- die Treiberverwaltung (mintdrivers) zur Installation von Herstellertreibern
sind punktuell nützlich, aber sicher kein entscheidendes Argument für Linux Mint. Software und X-Apps: Allen Mint-Editionen gemeinsam ist eine Komplettausstattung an Anwendungssoftware, die schon ab Installation die produktive Arbeit mit allen Officeund Multimedia-Formaten erlaubt (Firefox, Thunderbird, Libre Office, VLC, Rhythmbox, Gimp). Dieser Umfang lässt die Livesysteme und Installationsmedien (ISO-Images) inzwischen auf fast zwei GB anwachsen.
Linux Mint: Die wichtigsten Praxistipps für den Alltag Im Zubehörbereich geht Linux Mint mit den X-Apps, die von den Entwicklern des Mate-Desktops stammen, ebenfalls eigene Wege. Die neuen „X“-Anwendungen Xed (Editor), Xplayer (Mediaplayer), Xviewer (Bildviewer), Xreader (PDF-, Epub-, XPS-Reader) und Pix (Bildviewer, Bildverwaltung) ersetzen funktional gleichwertig die bisher bekannten Gnome-Tools Gedit, Totem, Eog, Atril und Gthumb. Für den Anwender bieten diese neuen X-Apps bislang wenig Gewinn. Xed & Co. haben seit ihrer Einführung nur marginale Verbesserungen erhalten. Durch die Tatsache, dass X-Apps auf allen drei Mint-Oberflächen Cinnamon, Mate und XFCE laufen, wird jedoch der Wartungsaufwand geringer. Es bleibt folglich mehr Zeit für die Entwicklung neuer Funktionen.

Mint-Editionen für jede Hardware
Linux Mint 19 gibt es in drei Editionen – und diese jeweils in 32- und 64-Bit-Ausführung. Die passende Desktopwahl ist natürlich auch Geschmackssache, aber nicht nur: Da hat auch die Hardware mitzusprechen. Mit seinen drei Varianten (siehe auch unten die zusätzliche „Linux Mint Debian Edition“) bietet Mint für jedes desktoptaugliche Gerät ab Netbookausstattung eine passende Ausgabe. Zunächst zur Frage „32 oder 64 Bit?“: 32-Bit-Varianten benötigen weniger Arbeitsspeicher. Für Geräte bis zwei GB RAM kann daher ein Mint mit 32 Bit die optimale Lösung sein. Notwendig ist ein 32-Bit-System aber nur dort, wo noch eine alte 32-Bit-CPU arbeitet. Das ist 2018 generell unwahrscheinlich.

Linux Mint 19 Cinnamon: Die Hauptedition Linux Mint 19 Cinnamon ist das richtige Mint für alle halbwegs aktuellen PCs und Notebooks. Dieses System belegt in der auf Heft-DVD vorliegenden 64-Bit-Ausführung 700 bis 800 MB Speicher ab Anmeldung. Es sollte also mindestens zwei GB RAM antreffen, besser vier. Der Cinnamon-Desktop benötigt einen Grafikchip mit 3D-Beschleunigung, was aber bei Intel/AMD/Nvidia seit mehr als zehn Jahren Standard ist. Als CPU genügt ein Dualcore-Prozessor mit 1,5 GHz aufwärts. Insgesamt liegt Linux Mint 19 Cinnamon deutlich unter den Ansprüchen eines Standard-Ubuntu mit Gnome oder eines Windows 10 (1,3 bzw. 1,5 GB). Der Download der Cinnamon-Edition umfasst circa 1,9 GB. Linux Mint 19 XFCE ist das insgesamt sparsamste Mint. Damit ist flüssiger Betrieb auch auf älterer Hardware realistisch, da das pure System nur knapp 380 MB beansprucht und notfalls schon mit einem GB RAM auskommt. Die Anforderungen an CPU und Grafik sind gering und sollten von jedem Notebook oder sogar von Netbooks mit Intel-Atom-Prozessor erfüllt werden, da sich die Grafikeffekte dieses Desktops auf Schattenwurf beschränken. Der im Kern konservative XFCE-Desktop ist unter Mint 19 gegenüber der Vorgängerversion 18.x schon ab Installation deutlich modernisiert durch frische Iconsets. Etliche Anpassungen, insbesondere die vorbildliche Leistenkonfiguration, machen das ausgereifte XFCE im Handumdrehen zu einem schicken Desktop. Der Download der XFCE-Edition umfasst circa 1,8 GB.

Linux Mint 19 Mate eignet sich für ebenfalls ältere Rechner und liegt beim Speicherbedarf nahe bei XFCE (400 MB). Objektiv hat die Mate-Edition im Mint-Umfeld zwischen den sehr ähnlichen Desktops Cinnamon und XFCE einen schweren Stand: Wer ein möglichst sparsames System sucht, greift besser zum noch ressourcenschonenderen XFCE-Desktop. Wer andererseits Linux Mint auf einem halbwegs modernen Rechner nutzen will, erhält mit Cinnamon den besten Mint-Desktop. Allerdings kann Mate etliche Vorzüge gegenüber XFCE beim funktionsreicheren Dateimanager Caja, beim ansprechenden Mate-Hauptmenü und in den Systemeinstellungen („Steuerzentrale“) vorweisen. Dort liegt auch der Compiz-Einstellungsmanager bereit, der auf älterer Hardware alle Effekte abschalten kann. Der Download der Mate-Edition umfasst knapp 2,0 GB.
Linux Mint und der Kdexit
Linux Mint wirft Ballast ab: Ab Version 19 „Tara“ konzentriert sich Linux Mint nur noch auf die Gnome-affinen Oberflächen Cinnamon, Mate und XFCE. Die KDE-Edition gibt es nicht mehr. Chefentwickler Clément Lefèbvre begründete seine Entscheidung damit, dass KDE eine andere Welt sei, „ die sich von uns weg entwickelt und weg von allem, worauf wir uns konzentrieren “. Geht man vom Stammdesktop Cinnamon aus, der bei Linux Mint stets im Zentrum steht, ist es mit Cross-Desktop-Frameworks relativ einfach, die Programme auch unter Mate und XFCE zu realisieren. Einen Sonderfall für desktopübergreifende Programme integriert Linux Mint mit seinen X-Apps.
Bei KDE und dessen QT-Toolkit endet jedoch die Desktopunabhängigkeit. Hier müssen alle Programme neu geschrieben werden. Das bedeutet viel Arbeit für die Pflege einer Variante, die aus Anwendersicht nicht wirklich notwendig ist: Kubuntu mit KDE und gleichem Unterbau lässt grüßen. Wer KDE unter Linux Mint nicht missen will, hat aber weiterhin die Option, die Oberfläche manuell nachzuinstallieren (Paketname: „kubuntu-desktop“).