Häufig bestehen Heimnetze aus drei, vier und mehr Geräten mit verstreuten Daten. Dazu kommen ein paar Freigaben, um Dateien von A nach B kopieren oder von A auf B abspielen zu können. Früher oder später wird das unbefriedigend: Fragen nach dem „Was ist wo?“ und „Was ist wo im aktuellsten Zustand?“ sind Signale einer unzulänglichen Organisation. Bei Unterhaltungsmedien treten neben die Frage der optimalen Organisation noch ganz andere Aspekte: Ein Medienserver sollte alle Formate abspielen, sollte flexibel erweiterbar sein, sollte die Medien ohne Freigabe ausliefern (streamen) und nebenbei auch noch – für die lokale Wiedergabe – attraktiv aussehen und mit Smartphone oder Tablet steuerbar sein.

Medienserver XBMC im Netz
Das Mediencenter XBMC ist eine kompromisslose Wahl, wenn Sie einen Linux-PC als Medienzentrale im Wohnzimmer nutzen möchten, die außerdem für alle sonstigen Heimgeräte die Inhalte bereitstellt. Anders als mancher Allzweck-Player mit Fähigkeiten zum Netzwerk-Streaming (UPnP, iTunes) kommt XBMC auch mit großen und sehr großen Mediensammlungen klar, spielt alles ab und ist schier unbegrenzt durch Add-ons erweiterbar. Andererseits ist XBMC dann alles andere als ein Leichtgewicht und nimmt sich je nach RAM-Ausstattung und Datenbankgröße schon mal ein bis zwei Gigabyte Speicher.
XBMC gibt es in zwei Varianten: Die absolut kompromisslose Variante ist XBMCbuntu als eigenständiges Ubuntu-basiertes Betriebssystem. Diese Variante hat den Nachteil, dass Sie dann den PC nur noch als Mediencenter nutzen können oder für andere Aktivitäten umbooten müssen. Sie hat den weiteren Nachteil, dass Änderungen etwa bei den Netzwerkeinstellungen den manuellen Eingriff in Konfigurationsdateien auf der Konsole erfordern.
Auf einem gut ausgestatteten PC kann XBMC durchaus als Software- Paket nebenher laufen. Damit bleibt der PC auch für andere Aufgaben benutzbar, und Sie haben für Konfigurationsänderungen ein komfortables System wie etwa Ubuntu als Basis. XBMC steht in den Paketquellen vieler Distributionen zur Verfügung und kann etwa unter Ubuntu im „Software-Center“ nachinstalliert werden oder mit sudo apt-get install xbmc .
XBMC: Media-Zentrale mit Android-Anschluss

Nach der Installation aktivieren Sie über „System -> Einstellungen -> Dienste“ die nötigen Serverfunktionen für das Netzwerk:
UPnP: Das ist der entscheidende Netzwerkdienst. Unter „UPnP“ schalten Sie am besten alle drei Optionen ein, um damit XBMC einerseits zum Streaming-Server zu machen („UPnP Server aktivieren“), und um andererseits mit XBMC auch Medien von anderen UPnP-Servern abspielen zu können („UPnP Renderer aktivieren“). Die dritte Option kann Client-Rechner im Netz schneller über neue Medien informieren, denn Linux- wie Windows- Clients führen ihrerseits eine Datenbank über die Medienbibliothek des XBMC-Servers.
UPnP (Universal Plug and Play) definiert drei abstrakte Netzwerkgeräte: den Media-Server, den Media-Renderer (Player) und den Control Point. Letzterer ist für das Auffinden der Server im Netz zuständig. UPnP-Clients (Renderer) wie Smart-TVs, Smartphones, Tablets, aber auch PC-Mediaplayer der Linux- oder Windows-Welt suchen automatisch im Netzwerk nach UPnP-Servern und zeigen diese in einer Liste an. Sie können dann einen Server wählen und von dort Musik, Videos oder Bilder abrufen.
Der entscheidende Unterschied zur Freigabe auf Dateisystem-Ebene: UPnPClients benötigen keine Anmeldung beim Server und haben keine Zugriffsrechte auf Dateiebene. Der Inhalt kann abgespielt oder angezeigt werden – aber eben nicht mehr. Das Bereitstellen von Medien via UPnP benötigt daher auch kein Samba-Netzwerkprotokoll.
Webserver: XBMC bringt einen eingebauten Webserver mit und kann über einen Browser von jedem beliebigen Netzwerkgerät aus gesteuert werden, sofern Sie an dieser Stelle die Option „Steuerung über HTTP zulassen“ einschalten. Diese Option dient ausschließlich der Fernsteuerung: Der Client-Rechner spielt also die im Browser angezeigten Medien nicht selbst ab, sondern am XBMC-Rechner. Zu den Steuerungsmöglichkeiten gehört auch ein Remote-Control, mit dem Sie auf einem virtuellen Tastenfeld durch die Konfiguration des XBMC navigieren können.
Der aktivierte Webserver ist auch die Voraussetzung, um das XBMC mit einem Smartphone oder Tablet zu steuern (siehe nächsten Punkt). Wenn Sie den Webserver aktivieren, sollten Sie im Konfigurationsdialog „Benutzername“ und „Kennwort“ festlegen.
Fernsteuerung: Dieser Dienst ermöglicht die Remote-Steuerung mit Smartphone oder Tablet. Es genügt nach unserer Erfahrung die erste Option „Steuerung über lokale Programme zulassen“, um im eigenen LAN das XMBC mit Mobilgeräten zu steuern.
Weitere Netzeinstellungen: „Zeroconf“ ist nicht notwendig und „SMBClient“, also der Zugriff auf Windows und Samba-Freigaben, muss in der Regel nicht näher konfiguriert werden. „AirPlay“ ist nur notwendig, wenn im Netz ein weiterer Medienserver mit Apples Air Play arbeitet und XBMC dessen Medien abspielen soll. Dabei kann es sich um einen Mac-OS-Rechner handeln oder um einen Windows-PC mit iTunes.

Zugriffe auf die XBMC-Medien
Mit den vorher aktivierten Netzwerkdiensten erkennt nun jeder UPnPRenderer das XBMC-Mediencenter. Ein Smart-TV wird den Linux-Server mit XBMC bei der Quellensuche („Source“-Taste) ebenso anzeigen wie ein Windows-Mediaplayer unter „Andere Medienbibliotheken“, ebenso ein Android-Player auf dem Smartphone (unter „Geräte in näherer Umgebung“ oder sinngemäß). Auch Tablets mit iOS, Android oder Windows RT bieten UPnP-kompatible Player als Apps.
Unter Linux sind leider nicht alle Player UPnP-tauglich, jedenfalls nicht im Auslieferungszustand: Ein Player, der den Zugriff auf die XBMC-Medien beherrscht, ist Banshee, jedoch muss der UPnPClient über „Bearbeiten -> Einstellungen -> Erweiterungen“ erst explizit aktiviert werden. Kaum geeignet ist der VLC Player: Der erkennt zwar ein XBMC und zeigt es in der Wiedergabeliste unter „Lokales Netzwerk -> Universal Plug’n’Play“ an, aber er bietet die Wiedergabe erst an, wenn er alle Medien des XBMC via Netzwerk eingelesen hat. Dies kann bei großen Mediensammlungen so lange dauern, dass der Nutzer an der Funktionalität zweifelt.

Fernsteuerung: Während UPnP-Player die Medien des XBMC auf ihrem lokalen Gerät abspielen (Smart-TV, Tablet, PC), gibt es die Alternative, das XBMC von außen zu steuern und die Medien auf dem XBMC-Rechner abzuspielen. Wie schon oben bei den Diensten angesprochen („Webserver“), können Sie dafür jedes Gerät verwenden, auf dem ein Browser läuft: Die IPAdresse des XBMC mit dem Standard- Port 8080 führt zum Medienserver – also etwa „192.168.1.100:8080“. Die ganz komfortable Couch-Bedienung verspricht aber eher eine passende App für iPhone, Android oder Tablet: Suchen Sie im jeweiligen Store nach „xbmc“ oder gleich nach der „Official XBMC Remote Control“. Auch für Tablets mit Windows RT gibt es kostenlose (XBMC Commander)und kostenpflichtige Varianten.
Egal auf welchem Gerät und mit welcher App – in jedem Fall müssen Sie der App zuerst die IP-Adresse, den Port und die Zugangsdaten des XBMC-Servers mitteilen. Die einschlägige Stelle finden Sie unter „Settings“ oder “Einstellungen“ (siehe Abbildung).
Feste IP vergeben: Damit die Fernsteuerung nachhaltig funktioniert und Sie nicht immer die IP des XMBC in der App umstellen müssen, empfiehlt sich statt der automatischen IP (via DHCP-Server) eine feststehende IPAdresse für den Rechner, auf dem das Medien-Center läuft. XBMC bietet dafür keinen Konfigurationspunkt, aber die feste IP können Sie mühelos im Linux-System in den Systemeinstellungen unter „Netzwerk -> IPv4“ einstellen.
Xbmcbuntu 12.0: Medienzentrale für Linux
XBMC-Add-ons für Webdienste
Die Projektseite https://xbmc.org bietet zahllose Add-ons, die Sie in XMBC über „System -> Einstellungen -> Addons -> XBMC.org Add-ons“ bequem einbinden können. Das Angebot reicht von Mail-Clients oder Download-Managern über XBMC-Optimierungen wie Skins zu Cover- und Songtextdiensten, Radiostationen bis hin zu Videoportalen und Mediatheken. Damit erweitern Sie Ihr lokales Medieninventar um ein riesiges Musik-, Film- und Nachrichten-Angebot. Installierte Add-ons finden Sie am einfachsten unter der jeweiligen Kategorie wie „Musik“ oder „Video“. Nach Rechtsklick auf ein Add-on und mit der Option „Add-on Informationen“ können Sie die Module näher „Konfigurieren“ oder auch wieder „Deaktivieren“ und „Deinstallieren“.

NAS-System als Daten- und Backup-Speicher
NAS-Geräte sind – milde gesagt – wenig aufregend. Aber ein NAS-System arbeitet im heimischen Netz sparsam und zuverlässig als Datenserver, Backup-Speicher und UPnP-Server, ferner als FTP-Server via Internet. NAS-Systeme basieren fast alle auf Linux, eingeschobene Festplatten mit NTFS oder FAT32 werden daher neu formatiert. Den Datenbestand müssten Sie gegebenenfalls vor dem Einbau umkopieren. Typische Home-NAS-Systeme (Buffalo, D-Link, Synology und andere) bieten Platz für eine, zwei oder mehr SATA-Festplatten. Alternativ lässt sich aber auch ein altes Netbook oder Notebook mit geringem Stromverbrauch und USB 2.0 zu einem NAS umfunktionieren – siehe dazu auch „Raspberry Pi als NAS“, Seite 70). Das Gerät sollte aus Leistungsgründen immer per Ethernet-Kabel an das Netz angeschlossen werden. Oft gibt es dazu gar keine Alternative, weil zusätzliches WLAN nur teurere Geräte anbieten.
Browser-Konfiguration: NAS-Systeme haben weder Display noch Tastatur, sondern sind über einen standardisierten Host-Namen oder über die IP-Adresse im Browser am PC zu verwalten. Zuverlässiger ist in jedem Fall die IP-Adresse. Bei einem NAS sollten Sie daher unbedingt auf die DHCP-Zuweisung des Routers verzichten und ihm sofort eine feste IPAdresse zuweisen: Das geht unter „Netzwerk“, „Netzwerk-Konfiguration“ oder „LAN“ in der NAS-Konfiguration selbst, aber natürlich auch im Router („DHCP-Reservierung“ oder ähnlich). Künftig erreichen Sie die Konfigurationsober_äche unter einer zuverlässigen IP, die Sie als Browser- Lesezeichen ablegen können.
Benutzerverwaltung: Um auf die Daten der eingebauten Festplatte(n) zugreifen zu dürfen, müssen Sie in der Benutzerverwaltung mindestens einen User anlegen, der uneingeschränkten Schreibzugriff erhält. Einem angelegten User müssen Sie dann noch unter „Freigabeverwaltung“, „Netzwerkzugriff“ oder ähnlich die gewünschten Ordner freigeben – wahlweise mit Lesezugriff oder Schreibzugriff. Das NAS-System erscheint auf allen Geräten in der Netzwerkumgebung und zeigt die in der Benutzerverwaltung angelegten Freigaben.
Typische NAS-Dienste wie den UPnP-AV-Server sollten Sie aktivieren, wenn Smart-TVs und Smartphones das NAS automatisch erkennen und die Medien der NAS-Festplatten wiedergeben sollen. Dazu müssen Sie bei der UPnP-Konfiguration nur den oder die betreffenden Ordner eintragen und dann die Medien indizieren lassen.
Daten-Backups: Seine Datensicherung kann jeder Netzteilnehmer mit Schreibrecht manuell mit rsync oder cp auf Kommandozeile oder automatisiert mit Déjà Dup durchführen (Ubuntu: „Einstellungen -> Sicherung“). Die bequemere, grafische Ubuntu-Sicherung wird nach einem Zeitplan automatisch ausgeführt. Da Sie dort das Backup- Ziel allerdings manuell eintragen müssen, ist nicht eindeutig, wie Sie einen Netzwerk-Server korrekt adressieren: Wählen Sie auf der Registerkarte „Speicher“ als Zielort der Sicherung „Windows- Freigabe“. Als „Server“ tragen Sie am besten die (feste) IP des NASGeräts ein. Neben „Ordner“ tragen Sie Festplattenbezeichnung und Zielordner in der Form „/Disk/Pfad/“ ein. Als „Domänenname“ verwenden Sie die Gerätebezeichnung Ihres NAS oder des betreffenden PCs.
Datenarchive: Wenn ein NAS den aktuellen Status eines Archivs repräsentieren soll, das auch auf anderen Netzgeräten bearbeitet und erweitert wird, dann müssen Sie den Bestand periodisch abgleichen. Dafür bietet sich das Kommandozeilenprogramm rsync an. Zunächst muss das Archiv aber in das Dateisystem geladen werden:
sudo mount -t cifs -o username=ha, password=xyz //192.168.0.200/volume_2 /mnt/nase
Erst dann kann der Abgleich im Mountpunkt erfolgen, etwa:
rsync -auv --ignore-existing/mnt/nase/Archiv/home/ha/Archiv
Für exakte Spiegelung beherrscht rsync auch „Delete“-Varianten zum Löschen von überzähligen Dateien im Ziel. Wie beim vergleichbaren Robocopy unter Windows mit der Option „/mir“ sollten Sie dabei größte Vorsicht walten lassen.
Medienverwaltung in XBMC
Dieser Beitrag hat die Netzwerkfunktionen des XBMC im Fokus. Trotzdem verdient das Einbinden der Medien einen Absatz, weil diese Funktion nicht sonderlich intuitiv gelöst ist. Um etwa Musikdateien zu integrieren, klicken Sie auf „Musik“ und „Dateien“ und im Folgedialog auf „Quelle hinzufügen“. Mit „Suchen“ erscheint ein Fenster mit verschiedenen Kategorien:
- Liegen die Dateien im Benutzerordner, wählen Sie „Home-Order“.
- Externe USB-Laufwerke finden Sie im „Root Dateisystem“ unter „/media/“.
- Die Medien eines weiteren UPnP-Servers, etwa eines NAS, erreichen Sie am einfachsten unter „UPnP Devices“, sofern am NAS dieser Dienst aktiviert wurde.
- Windows-oder Samba-Freigaben finden Sie unter „Windows-Netzwerk (SMB)“. Dies ist auch der Weg zu einem NAS, sofern dort kein UPnP aktiviert wurde.
Navigieren Sie dann jeweils zum gewünschten Ordner und bestätigen zweimal mit „OK“. Jetzt sind die Medien im XMBC verfügbar, aber noch nicht via UPnP im Netz erreichbar. Dazu müssen Sie den Eintrag unter „Musik, Dateien“ nach Rechtsklick noch „In [die] Datenbank aufnehmen“.