Autokameras, Dashcams, Car Camcorder oder wie auch immer man die Kameras für die Windschutzscheibe nun bezeichnet sind hierzulande noch selten. Ganz anders sieht es in anderen Ländern aus, beispielsweise in Russland. Als Anfang 2013 im russischen Ural ein Meteorit niederging, gab es davon unzählige Videoaufnahmen – aufgenommen von den vielen Dashcams, mit denen russische Autofahrer Unfälle dokumentieren und sich gegen korrupte Polizisten absichern.
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Die nackten Zahlen der Aiptek-Dashcam klingen vielversprechend: Aufzeichnung in Full HD (1.920 x 1.080 Pixel) mit 30 Bildern pro Sekunde, ein GPS-Datenlogger, der kontinuierlich die Position und damit die Strecke aufzeichnet, ein HDMI-Anschluss zum Anschluss an den Fernseher sowie diverse Zusatzfunktion, darunter die Fahrspur- und die Kollisionswarnung. Auch der Lieferumfang geht in Ordnung, neben der zigarettenschachtelgroßen Kamera ist eine sehr solide Saugnapfhalterung für die Frontscheibe, ein USB-Kabel, ein 12-Voll-Zigarettenanzüderkabel, eine Windows-Software sowie die Kurzanleitung dabei.

Car Camcorder X5: Mühsame Einstellungen beim Start
Die Funktionsfülle der knapp 150 Euro teuren Kamera haben zur Folge, dass man sich bei der Ersteinrichtung durch sehr viele Optionen kämpfen muss. Vieles erschließt sich vergleichsweise problemlos, doch Abkürzungen wie FCWS und LDWS oder auch der BK-Wert dürfen den meisten Menschen unbekannt sein. Da auch die beiliegende Kurzanleitung zu diesen Begriffen schweigt, hilft nur ein Blick in die Online-Anleitung – da hätte sich der Hersteller auch angesichts des Preises etwa mehr Mühe geben können. Um es kurz aufzulösen: LDWS steht für Lane Departure Warning System, also die Spurwarnung, FCWS für Forward Collision Warning System, also die Kollisionswarnung, und „BK“ steht bei Aiptek schlicht für Belichtungskorrektur. Selbst die Einstellung der richtigen Zeitzone gestaltet sich mühsamer als nötig und üblich.
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Hat man erst einmal diese Hürden genommen, gestaltet sich das Weitere vergleichsweise einfach. Der Car Camcorder X5 zeichnet die Videos auf Speicherkarte im herkömmlichen SD-Format auf, Micro-SD-Karten mit Adapter funktionieren natürlich auch. Formal verlangt Aiptek SD-Karten der Geschwindigkeitsklasse 6, im Test funktionierte die Aufzeichnung mit Karten der langsameren Klasse 4 aber auch bei voller Auflösung problemlos.
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Weniger schön ist, dass das Gerät nicht den mittlerweile üblichen Micro-USB-Anschluss besitzt, sondern den älteren Mini-USB-Anschluss. Das ist auch deshalb ärgerlich, weil der mitgelieferte Zigarettenanzünder über ein fest angebrachtes, gigantische vier Meter langes Kabel verfügt. Einfach ersetzen gegen ein vorhandenes mit Micro-USB zum Handyladen lässt es sich deshalb nicht.

In der Praxis: Dashcam ist einfach zu bedienen
Angebracht ist die Frontkamera durch den soliden Saugnapf schnell und sicher, auch die Bedienung im Auto gestaltet sich ausgesprochen einfach. Den insgesamt fünf Tasten werden über den LCD-Monitor auf der Rückseite kontextspezifisch Funktionen zugeordnet, auf die die Kamera sofort reagiert. Alternativ lässt sich auch die automatische Aufzeichnung aktivieren: Gerät mit Strom versorgen heißt „Aufnahme läuft“ – das dürfte vielen im Autofahreralltag genügen.
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Auch die GPS-Genauigkeit, -Aufzeichnung und der schnelle -Fix, also die Zeit bis zur Standorterkennung über die Satellitensignale gehen in Ordnung. In der beiliegenden PC-Software hapert es dann allerdings an einer geglätteten Darstellung der aufgezeichneten Strecke, obwohl die genauen Zwischenwerte vorliegen. Auch sonst konnte das Windows-Programm nicht überzeugen: Die Oberfläche wirkt wie ziemlich altbacken und zum Abspielen der aufgezeichneten Videos muss man erst noch ein Codec-Paket nachinstallieren .

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Wenig begeistern konnte auch die bereits erwähnte Spurwarnung. LDWS warnt bei einer Geschwindigkeit oberhalb von 60 km/h, wenn die Kamera anhand der Fahrspuren erkennt, dass man die Fahrspur verlässt. Weil das System aber – im Gegensatz zu den von den Fahrzeugherstellern in ihren Autos fest verbauten Assistenten – nicht mit dem Blinker gekoppelt ist, warnt es bei jedem (!) Spurwechsel. Deshalb hat Aiptek den Hinweis auf einen etwas lauteren Piepton reduziert, von einer echten Warnung beispielsweise beim so gefürchteten Sekundenschlaft kann also keine Rede sein. Aus Sicherheitsgründen nicht ausprobiert haben wir die Kollisionswarnung FCWS. Denn diese spricht ebenfalls erst oberhalb von 60 km/h und beim Unterschreiten des Mindestabstands von unter fünf bis sieben Meter zum vorausfahrenden Wagen an.
Videoqualität bei Tag und Nacht nur mäßig
Ausprobiert haben wir stets die maximale Auflösung, also Videoaufnahmen mit einer Auflösung in Full HD und einer Bildfolge von 30 Bildern pro Sekunde. In diesem Modus nimmt eine Minute knapp 80 MByte Speicherplatz in Anspruch, so dass eine SD-Karte mit der maximalen Speicherkapazität von 32 GByte gut 400 Minuten passen, also etwa sieben Stunden. Ist die SD-Karte voll, werden ältere Videos automatisch überschrieben und folglich gelöscht. Nach jeweils fünf Minuten Dauer startet automatisch ein neuer Clip, Kamera und Aufzeichnung arbeiten im Test sehr zuverlässig.
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Dessen ungeachtet ist die Videoqualität der Aufnahmen aus dem Auto nur mäßig: Probleme beim Weißabgleich und wechselnden Lichtverhältnissen, wie sie naturgemäß beim Fahren häufig vorkommen, lassen die Bilder mal rot- oder mal blaustichig und in ständig neuen Licht erscheinen. Auch bei der Detailschärfe hapert es, insbesondere bei Dunkelheit sind beispielsweise Nummernschilder trotz heller Straßenbeleuchtung zum Teil nur noch sehr schwierig zu erkennen.
Nun kann man argumentieren, bei einer Autokamera ginge es primär nicht um schöne Aufnahmen, sondern vor allem um die Dokumentation des Geschehens. Wenn die allerdings – Stichwort Nummernschilder – nicht gewährleistet ist, stellt sich jedoch das Konzept insgesamt in Frage.
Fazit: 150 Euro sind reichlich teuer
Die Verarbeitung des Car Camcorders X5 von Aiptek ist solide und die Bedienung einfach, wenn man sich einmal durch die Einstellungen vor der ersten Inbetriebnahme gekämpft hat. Das ist vor allem ein für den täglichen Einsatz nicht zu unterschätzender Aspekt. Andererseits kann die Qualität der aufgezeichneten Videos in Sachen Bildschärfe, Belichtung und Farben nicht recht überzeugen. Hier hätten wir insbesondere angesichts des Preises von doch immerhin knapp 150 Euro mehr erwartet. Denn das ist nicht gerade wenig Geld für ein Gerät, dessen Nutzen doch zweifelhaft erscheint. Vor allem die Spurhalte- und Kollisionswarnfunktion halten nicht, was der Hersteller verspricht.
Ob und wieweit eigene Aufnahmen bei Unfällen und der Schuldfrage vor Gericht verwertbar sind, ist noch nicht abschließend geklärt. Darüber hinaus halten manche Juristen sogar ihre Verwendung für verboten, weil eine dauerhafte Videoüberwachung im öffentlichen Raum ohne Genehmigung und Kennzeichnung nicht gestattet sei.

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