Keine Mini-Tastaturen oder mehrfach belegte Menüknöpfe mehr: Seit Apple 2007 den iPod Touch und das iPhone der ersten Generation vorgestellt hat, sind Mobilgeräte mit separaten Eingabefeldern zu Exoten geworden. Aktive Oberflächen, die einen Fingerzeig in einen elektrischen Impuls umwandeln, der die exakte Position des Berührungspunkts auf einer Fläche weitergibt, haben Bauformen und Bedienkonzepte von Kleingeräten grundsätzlich verändert. Der Ansatz, per Fingerzeig oder aktivem Eingabestift, genannt Stylus, direkt Eingaben am Bildschirm vorzunehmen, war zuvor schon in einigen Nischen zu finden: Grobe Touchscreens, bei denen die Position eines Fingerabdrucks mithilfe von Druck beziehungsweise mit einer Lichtschranke ermittelt wird, sind schon länger bei Bank-Terminals, Messgeräten, Industrieanlagen und im medizinischen Bereich im Einsatz. Für Kleingeräte brachten die Entwicklungen der letzten fünf Jahre genügend Präzision auf kleinstem Raum sowie wirtschaftliche Herstellungskosten durch sehr hohe Stückzahlen. Touchscreens sind allerdings keineswegs aufgebaut und es gibt völlig unterschiedliche technische Umsetzungen, die wiederum jeweils eigene Vor- und Nachteile haben.
Fingerfreundlich: Kapazitive Oberflächen
Der älteste Prototyp eines Touchscreens arbeitete mit einer kapazitiven Schicht, auf welcher sich einfach per Finger ein Berührungsimpuls auslösen lässt. Im Jahr 1967 erschienen in der Fachzeitschrift „Ergonomics“ Pläne und Diagramme zum Aufbau eines Eingabegeräts, das sich für die Flugverkehrskontrolle eignen sollte. Bei kapazitiven Touchscreens ist das Glas des Bildschirms mit einem leitfähigen, durchsichtigen Metallfilm überzogen. Wird an den Ecken eine Wechselspannung angelegt, so entsteht auf der beschichteten Oberfläche ein elektrisches Feld. Da die Haut des Menschen leitfähig ist, führt eine Berührung zu einem geringen Stromfluss, der sich von den Ecken des Touchscreens messen lässt. Der Strom an den Messpunkten ist von der Berührungsposition abhängig und ein Controller kann daraus Koordinaten berechnen. Ein Nachteil ist, dass die Bedienung mit isolierenden Handschuhen nicht funktioniert und die Oberflächenschicht empfindlich gegen Verschleiß und Beschädigungen ist. Multitouch ist mit dem einfachen Aufbau ebenfalls nicht möglich. Trotzdem ist der kapazitive Touchscreen heute der verbreitete Typ bei Smartphones und Tablets. Denn ein anderer Aufbau beseitigte die meisten Nachteile: In der Variante des projiziert- kapazitiven Touchscreens (PCT) besteht die Berührungsfläche aus zwei voneinander isolierten Schichten mit leitfähigem Raster, das als Kondensator agiert. Wenn ein leitfähiges Objekt, etwa ein Finger, mit der Oberfläche in Berührung kommt, dann ändert sich das elektrische Feld an dieser Stelle. Die kapazitive Änderung lässt sich an allen Kreuzungspunkten des Rasters vom Rand des Displays aus messen. Auf diese Weise sind auch Multitouch- Oberflächen möglich. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Finger nicht direkt mit dem Raster in Berührung kommen und die obere Schicht aus widerstandsfähigem Glas bestehen kann. Allerdings ist der Touchscreen empfindlich gegen Feuchtigkeit und Staub.
Touchscreen-Technik einfach nachrüsten
Brauchen Druck: Resistive Touchscreens
Ein weiterer Veteran der Touch-Technologie findet seit den 80er Jahren wegen seiner geringen Herstellungskosten und robusten Bauweise Anwendung. Der resistive Touchscreen reagiert auf Druck, nicht auf sanfte Berührungen. Zwei voneinander getrennte Schichten legen senkrecht und waagerecht angeordnete Leiterstreifen übereinander. Erfolgt Druck von außen an einer Stelle, entsteht durch die Streifen an dieser Stelle Kontakt. Bei angelegter Gleichspannung arbeiten die verbundenen Leiter als Spannungsteiler. Von den jeweiligen Rändern der Schichten wird dann die Spannung gemessen, um die Position des Druckpunkts zu ermitteln. Der elektrische Widerstand steigt mit der Länge des Leiterstücks bis zur Kontaktstelle. Eine wechselseitige Messung der Spannung von beiden Rändern der Schichten aus liefert unterschiedliche Spannungsdifferenzen, je nachdem, wie weit der Druckpunkt vom Rand entfernt ist. Diese Messwerte werden dann in Koordinaten umgewandelt. Resistive Touchscreens sind auch heute noch im Einsatz, da sie sich gut mit Stift und auch mit Handschuhen bedienen lassen. Der Aufbau lässt aber kein Multitouch zu und die Positionierung ist nicht ganz so präzise wie bei kapazitiven Touchscreens.
Induktive Oberflächen: Nur mit Stylus brauchbar

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Induktive Touchscreens sind wie Grafik-Tablets immer auf spezielle Eingabestifte (Stylus) mit integrierter Spule angewiesen. Leiterbahnen hinter dem Display erzeugen ein elektrisches Feld. Die Spule im Stylus erzeugt dabei einen Strom und sendet ein Signal zur Positionsbestimmung. Dieses Signal wird durch horizontal und vertikal ausgerichtete Antennen empfangen. Der Clou ist, dass die Leiterbahnen auch diese Aufgabe übernehmen und ihren Funktionsmodus alle 20 Mikrosekunden zwischen Senden und Empfangen umschalten. Ein Controller kann mit den Daten die Position des Stiftes eindeutig ermitteln. Für Mobilgeräte ist dieser Typ wenig geeignet, da die Bedienung mit dem Stylus zu umständlich wäre. Der Vorteil der induktiven Touchscreens ist, dass eine Berührung mit anderen Gegenständen keine Reaktion auslöst. Im Stylus ist zudem Platz für weitere Sensoren, um beispielsweise Auflagedruck und Neigung an das Display zu übermitteln.
Ultraschallsensoren: Akustische Touchscreens
Für raue Umgebungen wie Bank- und Fahrkartenautomaten sind SAW-Touchscreens (Surface Acoustic Wave) ideal. Dabei wird eine akustische Oberflächenwelle erzeugt und deren Unterbrechung mit Sensoren registriert. Das Display kann aus beliebig dickem Glas bestehen und braucht keine spezielle Beschichtung. Denn die Signalgeber sind an den Rändern untergebracht und senden konstant Ultraschallwellen aus, welche von gegenüberliegenden Sensoren empfangen werden. Ein aufliegender Finger absorbiert die Schallwellen und der Signalempfänger erkennt die Unterbrechung. Ein Controller berechnet die Koordinaten der Eingabe dabei recht genau, erkennt aber keine Multitouch-Gesten.
Gesundheit und Touchscreens – die Risiken unter der Lupe
Imaging: Kinect verwandelt alles zu Touchscreens

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Imaging: Kinect macht alles zu Touchscreens. Eine neue Entwicklung sind Imaging-Touchscreens, sie versprechen den einfachen Aufbau von großen, berührungsempfindlichen Flächen. Auf einer Seite des Displays sitzen Infrarot- LEDs und gegenüber jeweils eine oder mehrere Kameras in der gleichen Ebene. Eine Berührung unterbricht in dieser Ebene das Infrarot-Signal und die Kamerapaare registrieren die Koordination auf der X- und Y-Achse. Ein ähnliches Prinzip nutzt ein Projekt von Microsoft und Ubi Interaktive, um mithilfe der Kinect-Sensorleiste für Windows eine beliebige Fläche zu einem Touchscreen zu machen. Auch Kinect projiziert per Infrarot ein Muster auf Oberflächen und nutzt eine Range-Kamera mit Imaging-Software, um die Position von Objekten zu registrieren. Diese Technik kann mittels eine Beamers ein berührungsempfindliches Projektorbild auf ebenen Flächen erzeugen, etwa auf Leinwänden oder Tischplatten. Außer der Kinect und einem Beamer ist dazu keine weitere Hardware erforderlich. Allerdings lässt sich der Entwickler, Ubi Interactive (www.ubiinteractive. com) die Multitouch-Funktion extra bezahlen. Die Basic-Version der Software bietet für 149 US-Dollar nur einen Berührungspunkt. Erst ab 799 US-Dollar gibt es dann ein Modell mit Multitouch-Funktionen.