Linux-Anwender können zwischen einer ganzen Reihe von Streamingservern wählen. Wir lassen vier Lösungen gegeneinander antreten. Am Medienserver Kodi scheint kein Weg vorbeizuführen, glaubt man den Empfehlungen in Internetforen. Warum es nicht immer der Platzhirsch sein muss, zeigen drei Alternativen.
Gerbera: Medien schnell im Netz

Gerbera ist ein Server, der nach dem UPnP-Protokoll arbeitet. „Universal Plug and Play“ wurde dafür entwickelt, im Netzwerk herstellerübergreifend Geräte ansteuern zu können, die sich automatisch finden. Ein Wiedergabeprogramm für Musik erkennt somit einen im Netzwerk integrierten Server automatisch und kann diesen unmittelbar nutzen. Nutzer von Arch finden Gerbera in den Arch User Repositories (AUR) und unter Debian ist eine Version in den Paketquellen unter „unstable“ zu finden. Wenn Sie Ubuntu oder Mint verwenden, müssen Sie erst eine Paketquelle einrichten:
sudo add-apt-repository ppa:stephenczetty/gerbera-updates
sudo apt-get update
sudo apt install gerbera
Sie starten die Anwendung aus einem Terminal heraus mit „gerbera“. Der Server sollte dann automatisch eine Konfigurationsdatei in Ihrem Benutzerordner anlegen und damit verfügbar sein. Das klappt aber nicht immer auf Anhieb. Wenn Sie eine Fehlermeldung erhalten, dass keine Konfiguration geladen werden kann, legen Sie selbst eine an. Dazu werden die Standardeinstellungen zunächst aufgerufen und dann per Umleitung in die Zieldatei geschrieben. Das sieht dann zum Beispiel so aus:
gerbera --create-config | sudo tee ~/.config/gerbera/config.xml
In diesem Beispiel wird die Datei im Home-Verzeichnis („~“) im versteckten Ordner „.config/gerbera“ abgelegt. Die Datei selbst können Sie jederzeit mit einem Editor Ihrer Wahl bearbeiten. In aller Regel ist das aber nicht notwendig, wenn mit den voreingestellten Werten gearbeitet wird. Die Musiksammlung verwalten Sie direkt über den Browser. Dazu rufen Sie den Rechner unter seiner IP-Adresse und dem von Gerbera belegten Port auf (standardmäßig 49152), also etwa „http://192.168.178.81:49152/“. Danach begrüßt Sie bereits die Oberfläche des Servers.

Als Datenbank nutzt Gerbera Sqlite, weitere Einstellungen sind nicht notwendig. Damit ist es Zeit, die ersten Titel in die Datenbank zu schreiben. Klicken Sie dazu einfach auf den Link „Add some files“, der sich direkt auf der Startseite befindet. Darüber gelangen Sie zur Dateiübersicht des Systems. Navigieren Sie dort in den Ordner, in dem sich die Musikstücke, Videos oder Bilder befinden. Liegen die Titel eines Albums in einem Ordner, markieren Sie diesen zunächst über die linke Navigation. Klicken Sie danach „Add Item“ in der oberen Navigation an. Damit werden alle Titel des Verzeichnisses in die Datenbank übernommen. Wollen Sie dagegen nur einzelne Dateien übernehmen, nutzen Sie das Pluszeichen neben dem jeweiligen Eintrag.
Das funktioniert auch mit Video- und Bilddateien. Dank des UPnP-Protokolls brauchen Sie einen Client nicht weiter zu konfigurieren. Verwenden Sie beispielsweise den VLC-Player, genügt es, unter „Lokales Netzwerk –› Universal Plug‘n‘Play“ nach dem Server zu suchen. Anschließend blättern Sie bereits durch die Sammlung. Zu den größten Vorteilen von Gerbera gehört sicherlich die schnelle Einrichtung des gesamten Systems. Über die Einstellungsdatei, die im Wiki des Projekts sehr gut beschrieben ist, lassen sich dennoch eine Reihe von Funktionen an eigene Wünsche anpassen. Wer schnell seine lokal gespeicherten Medien im Netzwerk verteilen will, kommt damit rasch zum Erfolg.
Tipps & Tricks: Der richtige Platz für Server
Emby: Universell und schick

Funktional spielt Emby in einer anderen Liga als Gerbera. Der Streamingserver ist nach dem klassischen Client-Server-Prinzip aufgebaut. Der Server sammelt die verschiedenen Medienquellen, die hier nicht zwangsläufig lokal vorliegen müssen, und stellt sie den Clients zur Verfügung. Dabei kann Emby aber auch selbst zur Wiedergabe genutzt werden. So könnten Sie beispielsweise auch Ihre Filme am Emby-Rechner über einen angeschlossenen Bildschirm sehen. Die Installation läuft über die von den Entwicklern zur Verfügung gestellten Binärpakete. Emby steht für Linux, Mac-OS, Windows und viele TV- und NAS-Systeme zur Verfügung. Besuchen Sie die Seite https://emby.media/linux-server.html und wählen Sie Ihre Distribution aus. Laden Sie sich dann das Paket herunter und installieren Sie es über den von den Entwicklern gezeigten Funktionsaufruf aus einem Terminal – unter Ubuntu so:
dpkg -i emby-server-deb3.5.2.0amd64.deb
Das genügt dann auch bereits. Öffnen Sie mit einem Browser auf dem System die URL „http://localhost:8096“. Jetzt begrüßt Sie der Einrichtungsdialog. Nach der Auswahl der bevorzugten Sprache und dem Benutzernamen gelangen Sie zur Einrichtung der Medien. Wählen Sie die Art der Dateien und einen Namen für die Sammlung oder Kategorie, zum Beispiel „Hörbücher“ oder „Serien“. Mit einem Klick auf das Pluszeichen neben „Folders“ wählen Sie jetzt ein Verzeichnis aus, in dem sich Medien befinden. Das kann ein lokaler Ordner sein, Sie können aber auch auf Freigaben im Netzwerk zugreifen („ipadresseordner“). Je nach gewähltem Medientyp werden dann weitere Optionen sichtbar, die sich mit der Organisation von Metadaten beschäftigen. Fügen Sie so viele Ordner hinzu, wie Sie wollen. Die Sammlung können Sie aber auch später jederzeit erweitern. Belassen Sie es bei den weiteren Voreinstellungen. Damit gelangen Sie zum Dashboard des Servers. Er kümmert sich dabei im Hintergrund bereits um das Indexieren der gefundenen Medien, die übersichtlich zusammengestellt werden. Mit einem Klick auf das Home-Symbol gelangen Sie zur Ansicht für die Wiedergabe. Das Serverdashboard rufen Sie jederzeit wieder mit einem Klick auf das Zahnrad auf.

Ein Blick in die linke Navigation verdeutlicht den enormen Funktionsumfang. Interessant in diesem Zusammenhang ist beispielsweise die Möglichkeit, auch TV-Programme anzuschauen beziehungsweise zu streamen. Das funktioniert etwa über eine angeschlossene TV-Karte. Besitzer einer Fritzbox, die an einem Kabel- oder DSL-Anschluss mit einem IP-TV-Angebot hängt, finden in der Konfigurationsoberfläche des Routers die Option „Live-TV“. Schnell wird übersehen, dass auf der Übersichtsseite der Senderliste die Funktion besteht, sich eine Senderliste erzeugen zu lassen. Diese lässt sich nicht nur im VLC-Player verwenden, sondern funktioniert auch perfekt mit Emby. Klicken Sie in der Serverkonfiguration auf „Live TV“ und anschließend auf das Pluszeichen. Unter „Tuner Type“ wählen Sie dann „M3U Tuner“ und wählen die heruntergeladene Datei aus. Danach können Sie bereits über die Startseite des Systems darauf zugreifen. Um auf Ihre Medien zuzugreifen, benötigen Sie lediglich Clients, die das DLNA-Protokoll unterstützen. Diese sollten den Server problemlos erkennen. Es lohnt sich aber durchaus, auf die offiziellen Clients etwa für Android zuzugreifen („Emby for Android“, kostenlos im Google Play Store). Diese bieten nicht nur eine hübschere Oberfläche, sondern zusätzlichen Nutzen. So kann die Wiedergabe eines Mediums später zu exakt dem Zeitpunkt fortgesetzt werden, zu dem sie unterbrochen wurde. Über die Verwaltung des Servers stehen auch eine ganze Reihe von Plug-ins zur Verfügung, die das System funktional erweitern. Emby bietet mit „Premiere“ auch kostenpflichtige Erweiterungen an. Gegen eine Monats- oder Jahresgebühr können dann beispielsweise Medien auch zur Offlinenutzung auf die Clients geladen werden. Eine Clientoberfläche für die Xbox, Ordnersynchronisation und Cloudbackups oder auch das automatische Konvertieren von Medien gehören ebenfalls zur Premiumvariante. Sogar die Integration mit Amazons Alexa ist möglich.

Erwähnenswert ist auch die Funktion des Transcoding. Dabei werden Mediendateien während der Wiedergabe in ein Format konvertiert, das vom Client auch verstanden wird – wichtig vor allem für Tablets, Smartphones und Smart-TVs. Für eine reibungslose Wiedergabe, gerade wenn mehrere Clients parallel Inhalte abrufen, sollte der Rechner aber über viel RAM-Reserven und eine schnelle Festplatte für das Zwischenspeichern verfügen. Bei Bedarf stoppt dieser Befehl
sudo systemctl start emby.server
unter Ubuntu den Server und der Parameter „start“ startet ihn neu.
Serverkauf – Darauf müssen Sie achten
Universal Media Server: Schnell streamen

Funktional liegt der Universal Media Server (UMS) zwischen Gerbera und Kodi. Das Projekt besitzt einen interessanten Ansatz, der aber bei der Einrichtung zu Problemen führen kann. Denn UMS ist in Java entwickelt. Das hat den Vorteil, dass es für die Entwickler einfacher ist, die gleichen Funktionen für unterschiedlichste Plattformen anzubieten. Der Nutzer hat aber den Nachteil, dass ohne eine installierte Java-Umgebung nichts läuft. Reibungslos arbeitet der UMS mit Java 8 zusammen. Das ist ein Problem für Ubuntu-Nutzer, denn die Distribution liefert standardmäßig Java 10 aus. Hier hilft nur Deinstallieren und explizites Installieren der älteren Version 8. Mit passender Java-Umgebung ist die Einrichtung des Programms rasch erledigt. Von der Projektseite laden Sie sich das Archiv für Linux auf Ihren Rechner und entpacken es. Achten Sie dabei auf den Erhalt der Ordnerstruktur, den alle grafischen Packer anbieten. Gehen Sie dann in einem Terminal zum Ordner von UMS und rufen Sie dort das Script „./UMS.sh“ auf. Dies startet den Einrichtungsdialog. Die Werte, die Sie dort hinterlegen, werden in die Konfigurationsdatei geschrieben, die das Programm in einem versteckten Ordner („.config/UMS“) anlegt. Das Löschen des Programmordners und dieses versteckten Ordners genügt auch für eine vollständige Deinstallation. Die verschiedenen Fragen der Einrichtung sind selbsterklärend. Interessant ist hier die automatische Aktualisierung der von Ihnen angegebenen Ordner mit Medien. Das verlängert zwar den Programmstart, dafür ist die Sammlung dann aber stets aktuell. Anders als Emby geht es bei UMS nicht um das schicke Verwalten und auch Bearbeiten der Mediensammlung, sondern in erster Linie darum, die Mediendateien (Audio und Video) den Clients möglichst einfach und schnell im benötigten Format zur Verfügung zu stellen. Dabei übernimmt der Server auch die Transcodierung für die Viewer. Deshalb arbeiten die Entwickler auch stets daran, die Zahl der unterstützten Geräte für das „Rendering“ zu vergrößern. Damit der Server die Fähigkeiten eines Clients auch gleich richtig erkennt, ist es ratsam, beispielsweise die Konsole oder das Smart-TV zunächst einzuschalten und somit eine Verbindung mit dem Netzwerk herzustellen. Bereits erkannte Geräte finden Sie in der Registerkarte „Status“ des Servers. Dank der Unterstützung des DLNA-Protokolls erkennen die Geräte den Server im Netzwerk automatisch und greifen dann auf die freigegebenen Medien zu. Wie bereits im Zusammenhang mit Emby erwähnt, sollte der Rechner nicht zu knapp mit Arbeitsspeicher ausgestattet sein, wenn es während der Wiedergabe nicht zu Aussetzern kommen soll. Transcoding ist anspruchsvoll und bedeutet die Konvertierung eines Dateiformats in ein anderes, während das Medium abgespielt wird.
Kodi: Flaggschiff unter den Medienservern

Das Projekt verwandelte einst die Spielekonsole Xbox in ein Mediencenter und traf bei den Nutzern einen Nerv. Inzwischen gibt es Versionen für Linux, Mac-OS, Windows und auch für den Raspberry Pi. Die relativ zügigen Releasezyklen des Projekts sorgen immer wieder dafür, dass die von den Distributionen ausgelieferten Versionen bereits veraltet sind. Sie müssen also abwägen, ob Sie Kodi über den Paketmanager Ihres Linux-Systems installieren wollen oder aber die manuelle Einrichtung aus den aktuelleren Downloadquellen des Projekts bevorzugen. Das Grundsystem aufzusetzen, ist innerhalb weniger Minuten erledigt. Aber Kodi bietet nicht zuletzt durch Plug-ins so viele Ecken und Funktionen, dass es eine Weile dauert, bis Sie jeden Winkel des Programms erkundet haben werden. Nach der Installation starten Sie die Anwendung über den Eintrag im Startmenü Ihres Desktops. Kodi beherrscht natürlich auch Deutsch, deswegen sollten Sie direkt nach dem Aufruf auf das kleine Zahnrad klicken und in den Abschnitt „Interface Settings“ wechseln. Unter „Regional“ wechseln Sie zu „Language“ und wählen dort dann „German“ aus. Zurück zur Übersicht gelangen Sie dann mit einem Klick auf die Beschriftung am oberen Rand des Programms. Direkt nach dem Start weist Sie Kodi darauf hin, dass die Bibliothek erst gefüllt werden muss. Folgen Sie dem entsprechenden Link. Es öffnet sich der Dialog zur Definition einer externen Quelle. Am einfachsten gelingt das Hinzufügen, wenn Sie „Durchsuchen“ verwenden. So finden Sie am Ende der Liste die Option, nach Netzwerkfreigaben oder sogar anderen Servern zu suchen. Was Kodi für viele Anwender so interessant macht, ist das riesige Potenzial an Erweiterungen. So sind mit wenigen Mausklicks die Mediatheken von TV-Sendern eingebunden oder kostenpflichtige Streamingprogramme wie Dazn oder auch die NHL. Sind über die Einstellungen die Dienste DLNA und UPnP freigegeben, ist der Zugriff auf die Medien auch über andere Geräte möglich. Aber wie im Fall vom Emby bieten die offiziellen Apps mehr Funktionen bei der Interaktion mit dem Server.
Medienserver für jeden Anspruch
Für welchen der vorgestellten Server Sie sich entscheiden, ist eine Frage des persönlichen Anspruchs. Um rasch eine Mediensammlung über das Heimnetz zu verteilen, sind Gerbera und der UMS sehr gut geeignet. Im Hinblick auf das Transcoding kann der UMS hier überzeugen. Emby ist ein ausgereifter und umfangreicher Medienserver, der noch deutlich mehr Möglichkeiten und mehr Funktionen bei der Verwaltung von Mediendateien anbietet. Elegant ist hier beispielsweise die Einrichtung von Live-TV gelöst. Kodi ist und bleibt das Flaggschiff der Truppe. Es gibt dank einer kaum überschaubaren Zahl von Erweiterungen wohl kein Medienformat, das Kodi nicht wiedergeben und verwalten könnte. Auch die Einbindung externer Videoquellen wie Youtube oder anderer Medienanbieter machen Kodi zur ersten Wahl für alle, die sämtliche Medieninhalte an einem Ort sammeln wollen, dabei aber einen gewissen Aufwand bei der Einrichtung nicht scheuen.