EuroNCAP testet regelmäßig Fahrzeuge auf deren Crash-Sicherheit. Dabei werden die Schutzwirkung beim Frontalzusammenstoß und bei einem Seitenaufprall, die Schutzwirkung für Kinder im Fahrzeug, das Verletzungsrisiko von Fußgängern (die von dem getesteten Fahrzeug angefahren werden) und die im Testfahrzeug verbauten Sicherheits-Assistenten geprüft. Das Ergebnis, ausgedrückt durch Prozentwerte pro Testkategorie und darauf basierend die bekannte Gesamt-Wertung von 1 bis 5 Sternen, ist natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss. Denn kein Labor-Test kann die Realität auf den Straßen wirklich hundertprozentig nachstellen. Beim Frontal-Crashtest simuliert EuroNCAP nur einen Zusammenstoß zwischen zwei identischen Modellen (also beispielsweise zwischen zwei BMW i3) und nicht zwischen unterschiedlichen Fahrzeugen aus unterschiedlichen Gewichts- und Größenklassen (also beispielsweise ein BMW i3 gegen einen BMW 740d xDrive). Deshalb lassen sich die Testergebnisse auch nicht direkt miteinander vergleichen, 5 Sterne bei einem 1000-kg-Auto versprechen eben nicht den gleichen Insassenschutz wie 5 Sterne bei einem 1,6-Tonnen-Fahrzeug oder gar 5 Sterne bei einem 2-Tonnen-SUV (was bei Diskussionen in Internetforen gerne übersehen wird). Aber trotzdem sind die EuroNCAP-Crashtestergebnisse eine gute Orientierungshilfe und sollten bei der Kaufentscheidung für ein neues Fahrzeug in die Überlegungen einfließen.
BMW i3
Unter den heute veröffentlichten Crash-Testergebnissen von EuroNCAP befindet sich auf der BMW i3, das erste Elektro-Auto von BMW. Der i3 schafft 4 Sterne. Das ist ein ordentliches Ergebnis, aber keineswegs überragend. Mehr oder weniger erwartet man bei jedem modernen Auto fünf Sterne, ganz besonders aber erwartet man die Höchstwertung von einem BMW. Insofern stellt sich die Frage, in welchen Bereichen der i3 Schwächen zeigte. Denn eine grundsätzlich gute Schutzfunktion scheint der i3 durchaus zu besitzen, beim Frontalcrash werden Fahrer und Beifahrer überwiegend gut geschützt, beim Seitenaufprall schlägt sich der i3 ebenfalls wacker. Die Fahrgastzelle (beim i3 besteht sie aus carbonfaserverstärktem Kunststoff CFK) bleibt insgesamt stabil. Kinder sitzen im Elektro-Zwerg von BMW ebenfalls relativ sicher.
Aber: Ausgerechnet der für den Stadtverkehr konzipierte i3 nimmt vergleichsweise wenig Rücksicht auf Fußgänger. Der ADAC kommentiert das folgendermaßen: „Im Fußgängerschutz erhält das E-Auto aber nur 21 von 36 möglichen Punkten. Zu aggressiv gestaltet sind Vorderkante und seitliche Bereiche der Motorhaube sowie die Pfosten der Windschutzscheibe. Dies ist ein Manko, gerade weil der Elektro-BMW als modernes Auto für Metropolen konzipiert wurde. Somit sollte der Fußgängerschutz einen besonderen Stellenwert haben.“ Das ist ein böses Foul von BMW.
Mercedes-Benz Citan
Der zweite spannende Chrashtest des heutigen Tages betrifft einen alten Bekannten: Den Mercedes-Benz Citan. Dieser hatte beim ersten Crash-Test im Frühjahr 2013 magere und für einen Mercedes-Benz geradezu blamable drei Sterne erreicht. Der Spott im Internet war grenzenlos, Daimler startete deswegen sogar einen Rückruf. Für den jetzt durchgeführten zweiten Anlauf hatten die Schwaben nachgebessert. Dafür wurden die Airbags verbessert und auch bei der Kindersicherheit legte MB nach. Das Ergebnis sind nun vier Sterne. Das ist passabel, aber mal ehrlich: Von einem Auto mit dem Stern auf dem Kühler erwartet man einfach fünf Sterne. Dass das verbesserte Resultat unter anderem auch dadurch erreicht wurde, weil Mercedes-Benz einen Gurtwarner für den Beifahrersitz eingebaut hat, macht das Ganze nicht besser, eher im Gegenteil. Der ADAC fasst den Chrashtest folgendermaßen zusammen: „Hervorstechend ist das Auto im Seitencrash (bei 50 km/h): Dank des guten Schutzes durch Seiten- und Vorhangairbags erreicht der Citan in dieser Crashkategorie acht von acht möglichen Punkten. Insgesamt bekommt das Auto aber nur vier von fünf möglichen Sternen, da noch Schwächen im Frontcrash, im Pfahlanprall und beim Fußgängerschutz bestehen.“

©EuroNCAP
Volkswagen T5 als Transporter
Einen Marktführer in seinem Segment testete EuroNCAP ebenfalls: Den VW T5, also den VW Bus (getestet wurde die vergleichsweise leichte Transporter-Ausführung mit knapp 1,9 Tonnen Leergewicht). Wie schon der T5.1 schaffte auch das Nach-Facelift-Modell T5.2 nur vier Sterne, wobei besonders die durchwachsenen Ergebnisse beim Frontalzusammenstoß auffallen. Die relativ kurze Motorhaube bei gleichzeitig ziemlich hohem Fahrzeuggewicht lassen offensichtlich keine besseren Ergebnisse beim Frontalzusammenstoß zu. In der Praxis ist dieses Problem jedoch weniger gravierend, als es zunächst scheint. Weil der Bus mit seinem hohen Eigengewicht die meisten Unfallgegner übertrifft und schon allein durch seine Masse und durch die hohe Sitzposition die Insassen gut schützt. Das Problem beim T5 besteht eher darin, dass er aufgrund seines hohen Schwerpunkts bei einem heftigen Zusammenstoß zum Umkippen neigt – dabei entstehen dann die meisten Verletzungen.
Beim Seitenaufprall zeigte sich der T5 aufgrund der hohen Sitzposition traditionell sehr gut. Der Fußgängerschutz liegt dagegen im Argen, der VW Bus kennt kein Erbarmen mit angefahrenen Passanten. Da VW den T5 aus technischer Sicht seit Jahren stiefmütterlich behandelt, gibt es für den Bus nur wenige moderne Sicherheitsassistenten. Auch das floss negativ in die Wertung ein, hat auf die Crasheigenschaften aber natürlich keine Auswirkungen.