Über welche Strecke gelangt man zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Wochentag am schnellsten von A nach B! Die Aufgabe ist insbesondere in stark frequentierten Ballungsräumen komplex und mit den herkömmlichen Verkehrsinfodiensten wie dem Traffic Message Channel (TMC) oder dessen Nachfolger TMC Pro bzw. Navteq Traffic nicht zu bewältigen.
Solche Systeme beschränken sich überwiegend auf die Information über bereits existierende Staus und Verkehrsbehinderungen. Wie sich die Verkehrslage aber zukünftig, vor allem in den nächsten Stunden, entwickeln wird, vermögen solche System nicht zu prognostizieren.
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Echtzeit-Verkehrsdaten im Browser bieten bereits mehrere Unternehmen: Bei Garmin fließen unter anderem die Verkehrsdaten von Brückendetektoren, Fahrbahnschleifen sowie anonymisierte Bewegungsdaten von Handys und Navigationsgeräten ein. Tomtom zeigt ebenfalls Staus und Verzögerungen abseits der Autobahnen und listet dazu Staulängen und aktuelle Wartezeiten auf. Google stellt die Verkehrslage in Echtzeit für eine ganze Reihe europäischer Länder dar, darunter in Deutschland. Hierzu genügt es, rechts oben in der Karte die Ebene „Verkehr“ zu aktivieren. Ähnlich funktioniert Nokia Maps , berücksichtigt werden die Live-Daten bei den Online-Routenplanern aber nur zum Teil. Störer-Link: Staumeldungen und Echtzeit-Verkehrslage am PC
Echtzeitverkehrsdaten: Riesiger Aufwand für aktuelle Stauinfos
Um möglichst aktuelle Karten und Live-Verkehrsdaten zu erhalten, betreiben die Anbieter von Karten, Navis und Navigationsdiensten einen riesigen Aufwand. So verwendet Tomtom bei seinem vom TÜV Süd zertifizierten, HD Traffic genannten Dienst anonymisierte Handy-Bewegungsdaten des Mobilfunkpartners Vodafone, die Daten von mehr als 300.000 Fahrzeugen mit Tomtom Business Solutions sowie die Daten der App-Benutzer und der Navi-Besitzer.
So funktionieren die Stauwarnungen von Tomtom HD Traffic
Klingt (fast) perfekt, denkt sich der Anwender. Doch der Autofahrer-Alltag ist – auch mit Echtzeit-Verkehrsdaten von Tomtom – manchmal etwas grauer. Warum das so ist und wo die Probleme liegen erläutert im PC-WELT-Interview Dr. Georg Fisch, Director Regional Content Operations North & Central Europe bei Tomtom.

©Tomtom
PC-WELT: In welchen Zyklen aktualisiert Tomtom seine digitalen Straßenkarten für tragbare Navigationsgeräte und Smartphones einerseits sowie für die fest in den Fahrzeugen verbauten Navis andererseits? Können Besitzer von fest eingebauten Navis in nächster Zeit mit kürzeren Zyklen rechnen?
Dr. Georg Fisch: Tomtom besteht aus vier Business Units: Tomtom Consumer, Tomtom Automotive, Tomtom Licensing und Tomtom Business Solutions. Erstellung und Vertrieb von digitalen Straßenkarten fallen in den Aufgabenbereich von Tomtom Licensing, die die Karten vierteljährlich aktualisieren. Die Business Unit Tomtom Consumer, die für portable Navigationssysteme und Smartphone-Navigation zuständig ist, nutzt ebenfalls die vierteljährlichen Updates. Käufer einer mobilen Tomtom Navigationslösung können so auf vier Updates des Kartenmaterials pro Jahr zugreifen. Das gleiche gilt für Autofahrer, die über einen Festeinbau von Tomtom-Navigationssystemen verfügen. Sie haben ebenfalls die Möglichkeit, vier Updates ihrer Karten pro Jahr zu erhalten. Zusätzlich können registrierte Tomtom Community Mitglieder täglich kostenlose Kartenaktualisierungen von Tomtom.com für ihr Navigationssystem herunterladen. Das sind folgende dynamische und häufig vorkommende Änderungen im Straßennetz: geänderte Geschwindigkeitsbeschränkungen, neue Straßennamen, gesperrte Straßen, neue Verkehrsführungen und geänderte Abbiegeverbote.
Alle Auto-Tests der PC-WELT auf einen Blick PC-WELT: Tomtom verspricht seinen Kunden täglich kostenlose Kartenaktualisierungen über die sog. MapShare-Community. Wie kommt es, dass Straßenattribute wie beispielsweise Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht immer richtig wiedergegeben werden?
Fisch: MapShare beschreibt sowohl eine Technik, mit der Autofahrer Korrekturen am Kartenmaterial an uns melden, als auch einen Kanal, über den Inhalte zurück an die Nutzer einer Navigationslösung übertragen werden können. Diese Unterscheidung ist wichtig, da MapShare im unten beschriebenen Prozess unter beiden Aspekten genannt wird.
Die Gründe dafür, warum eine digitale Straßenkarte nie zu 100% die Wirklichkeit abbilden kann, sind vielschichtig. Ein Blick auf den Prozess, wie eine Änderung eines Straßenattributs abläuft, zeigt die Gründe.
1. Damit Veränderungen in die digitale Straßenkarte übernommen werden können, müssen sie zunächst erkannt werden. Neben automatisierten Erkennungsmethoden und der Datenerfassung mit Kameras helfen auch die Meldungen von der MapShare-Community, Änderungen zu finden. 2. Speziell für Meldungen aus der Community gilt, dass sie auf Ihre Richtigkeit geprüft werden müssen, da ansonsten das Risiko besteht, neue Fehler einzubauen. 3. Sobald eine Änderungsmeldung geprüft worden ist beziehungsweise die passenden Kamerabilder ausgewertet wurden, werden Änderungen in die Straßendatenbank eingegeben und gleichzeitig auch für MapShare zum Download bereitgestellt. All diese Schritte benötigen Zeit. In vielen Fällen können Meldungen sehr schnell verarbeitet werden, es gibt jedoch auch Meldungen, für die die Prüfung auf Richtigkeit sehr zeitaufwendig ist.

PC-WELT: Wie sieht es bei Autobahnbaustellen aus? Auch hier bekommt der Autofahrer von Navi bzw. App nicht immer die Attribute eingespielt, die tatsächlich vor Ort anzutreffen sind. Wo genau liegen die Probleme, eventuell im behördlichen Bereich?
Fisch: Bei Autobahnbaustellen kann Tomtom nur diejenigen Maßnahmen in die statischen Daten der Basiskarte übernehmen, die länger als ein Jahr andauern. Grund dafür ist, dass immer einige Monate vergehen, bis die neuen Quartals-Updates nach Qualitätssicherungsprozessen bei unsern Kunden im Fahrzeug sind und diese Daten dann – je nach Aktualisierungsfrequenz des Systemherstellers – auch noch viele Monate in der Nutzung sind. Baustellen, die nur für kurze Zeit existieren, werden von der Tomtom Business Unit Traffic verarbeitet. Sie werden über Tomtom Traffic an verbundene Navigationssysteme, die sog. Connected Devices, gesendet.
Tag für Tag werden ca. 70 Prozent der öffentlich erhobenen Baustellenmeldungen durch Tomtom mittels eigener Staumelderdaten korrigiert oder vollständig aus dem System entfernt. Dazu gehören insbesondere Sperrungs- und Baustellenmeldungen mit geändertem Geschwindigkeitslimit. Störer-Link: Inrix-Traffic-App bietet personalisierte Verkehrsinformationen PC-WELT: Ein aktuelles Beispiel aus der Praxis: eine umfangreiche, sicher mehrwöchige Baustellensperrung in einer fränkischen Kleinstadt, doch das Tomtom-Navi weiß nichts davon. Warum nicht?
Fisch: In Deutschland werden Baustellenmeldungen von den Landesmeldestellen der Bundesländer und den städtischen Verkehrszentralen erhoben. Tomtom nutzt diese Daten als Grundlage für Meldungen zu Behinderungen wie Baustellen oder Sperrungen. Aufgrund des Umfangs und der Qualität unserer Stauinformationen werden diese auch zur Validierung der öffentlichen Meldungen genutzt. Die aktuellen Informationen zum Verkehrsfluss werden von Tomtom außerdem dazu verwendet, um automatisch Sperrungen und Baustellen anzuzeigen, die von den öffentlichen Behörden nicht angezeigt werden. PC-WELT: Im Prinzip praktisch, doch die Desktop-App “MyDrive Connect” kann auch ganz schön nerven, wenn sie im Wochenrhythmus zwei oder gar mehr Aktualisierungen anmahnt. Warum werden – angesichts der kleinen Datenmengen sollte dies doch problemlos möglich sein – die Aktualisierungen nicht einfach via SIM-Karte auf die entsprechend ausgestatteten Geräte überspielt.
Fisch: Die aktuelle Version der Karte des Tomtom GO 6000 ist über 5 GB groß. Bei solchen Datenmengen ist eine Übertragung via SIM-Karte weder zeitlich noch wirtschaftlich sinnvoll. Bei MapShare-Korrekturen, bei denen die Datenpakete wesentlich kleiner sind, stellt sich das anders dar. Nutzer der iOS Navigations-App können sich auf Wunsch schon heute die MapShare Korrekturen für Ihre Karte via WLAN oder über die SIM-Karte in Ihrem iPhone senden lassen. Bei den tragbaren Navigationsgeräten und Festeinbauten im Fahrzeug müssen Nutzer nach wie vor den Umweg über einen mit dem Internet verbundenen Rechner und MyDrive nehmen.

PC-WELT: Bietet Tomtom seinen Kunden bereits die Möglichkeit, dynamische Daten wie wechselnde Geschwindigkeitsbeschränkungen auf die PNDs mit SIM-Karte bzw. auf die Smartphone-App zu übertragen? Wenn nicht, gibt es so etwas bereits in anderen Ländern oder unter Umständen als Modellversuch?
Fisch: Im Bereich Verkehrsmeldungen (Stau und andere Behinderungen) arbeitet Tomtom bereits nach diesem Prinzip. Der entsprechende Service nennt sich Tomtom Traffic. Viele Tomtom-Navigationssysteme – sowohl portable Systeme, als auch Festeinbauten – sind über eine eigene SIM-Karte unserem Verkehrs-Server verbunden und bauen eine 2-Wege-Kommunikation auf. Andere unserer Navigationssysteme erlauben den Zugriff auf den Verkehrs-Server über die Datenpakete eines per Bluetooth verbundenen Handys.
Die Navigationslösung empfängt alle zwei Minuten Informationen zur Verkehrssituation in der Umgebung. Im Gegenzug sendet das Gerät alle 30 Sekunden Informationen darüber, wie es sich aktuell im Verkehr bewegt. Wichtig ist auch, dass Tomtom Traffic nicht nur Autobahnen und Bundesstraßen abdeckt, sondern auch Verkehrsbehinderungen im Sekundärnetz. So weiß ein Autofahrer zuverlässig, ob es sinnvolle Alternativ-Routen gibt oder ob die lokale Umgebung ebenfalls verstopft ist.

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