Zwar ist die Zahl der Autodiebstähle gegenüber der Zeit, als PKWs noch ohne Wegfahrsperre ausgeliefert wurden, erheblich zurückgegangen. Dennoch sind jährlich ca. 20.000 Komplettdiebstähle von PKW und rund 300.000 Autoaufbrüche keine Kleinigkeit. Wie jedes Wettrüsten ist auch das zwischen Autodieben und Autotechnikern ein dynamischer Prozess, in dem auf jede Waffe eine Abwehrwaffe folgt. Im Arsenal der Gegner finden sich sowohl Low-Tech- als auch High-Tech-Waffen, die sich in die beiden Kategorien mechanische und elektronische Techniken einordnen lassen.

©iStockphoto/Henrik5000
“Polenschlüssel” ist weit verbreitet Gelegenheitsdiebe sind nach wie vor mit mechanischen Werkzeugen unterwegs. Das verbreitetste und erfolgversprechendste davon ist der Kfz-Kraftschlüssel, politisch unkorrekt auch „Polenschlüssel“ genannt. Dabei handelt es sich um eine aus gehärtetem Stahl geformte Schlüsselimitation, die eigentlich dazu dient, Schlösser nach dem Verlust eines Schlüssels zu öffnen. Der gegen große Kräfte unempfindliche Rohling lässt sich ins Schloss stecken und mittels eines Hebels drehen. Professionelle Exemplare des Brachialinstruments hinterlassen kaum äußerlich sichtbare Spuren oder Beschädigungen. Fernbedienung für die Zentralverriegelung und Wegfahrsperre sind grundsätzlich war sicher und heute in fast allen Fahrzeug zu finden. Für die Profis unter den Autodieben stellen Zentralverriegelung und Wegfahrsperre aber kein unüberwindbares Hindernis dar. Mit immer raffinierteren Methoden sind Auto-Knacker in der Lage, die Schutzmechanismen zu umgehen oder außer Kraft zu setzen.

©iStockphoto.com/Leaf
Klonen des Autoschlüssels Da ist zunächst das Klonen des Autoschlüssels, womit das Herstellen einer perfekten elektronischen Kopie durch Diebstahl und Anpassung des fahrzeugeigenen Schlüsseldatensatzes gemeint ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Originalschlüssel kurz in die Hände der Gauner gerät, sei es durch Nachlässigkeit des Besitzers oder indem die Ganoven ein Fahrzeug bei einer Autovermietung mieten. Manfred Göth, bundesweit bekannter Spezialist für Autokriminalität, macht deutlich, dass diese Methode keineswegs eine exotische Möglichkeit darstellt: „Fast jeder Autoschlüssel kann geklont werden.“ Doch Göth ist noch mit einer Reihe weiterer Tricks der Fahrzeugdiebe vertraut: „Gelingt es dem Dieb, in das Auto zu gelangen und den Strom für die Elektronik frei zu schalten, kann er die Wegfahrsperre deaktivieren: Per Notebook und legaler Werkstattsoftware lässt sich der Bordcomputer beziehungsweise die Diagnoseelektronik auslesen, wodurch der Deaktivierungscode geknackt ist. Mit den Daten kann jeder beliebige Autoschlüssel über seinen Ersatztransponder auf den speziellen Wagen umprogrammiert werden – und der fröhlichen Überlandfahrt steht kein Hindernis mehr im Weg.“

©iStockphoto.com/Geber86
Jammer blockiert die Verriegelung Beliebt ist auch die Lahmlegung des Schließmechanismus per Störsignal. Manfred Göth: „Wenn ein Autofahrer die Türen per Fernbedienung verschließen will, aktiviert der in der Nähe stehende Dieb einen Jammer, der das GSM-Signal der Fernbedienung blockiert, so dass das Fahrzeug den Code nicht erkennt. Die Tür bleibt offen.“ Reicht es denn dann nicht, auf das Blinksignal des Schlosses zu achten, bevor man sich vom Fahrzeug entfernt? Göth hat hierzu schlechte Nachrichten: „Es gibt längst Jammer, die das Blinksignal zulassen, das Schließen der Türen aber verhindern.“ Hier bleibt als Abhilfe nur der prüfende Blick des Fahrers auf die Türverriegelungs-Bolzen innen an der Türverkleidung beziehungsweise ein kurzes Rütteln an den Türgriffen, um sich zu vergewissern, dass die Türen auch tatsächlich verschlossen sind. Auch schlüssellose Systeme kann man knacken Auch schlüssellose Abschließsysteme (Keyless-Go) bieten laut Manfred Göth keine absolute Sicherheit. Um sie zu knacken arbeiten zwei Diebe zusammen: Sie benutzen zwei entsprechend ausgerüstete Aktenkoffer, wovon einer eine Antenne enthält. Ein Dieb nähert sich dem Besitzer der Zugangskarte für das System und die Kofferelektronik überträgt die relevanten Daten per Handy an den Träger des zweiten Koffers. Dieser steht neben dem Auto, dessen Türen durch die übertragenen Daten automatisch geöffnet werden. Letztes Mittel der Kfz-Diebe ist schließlich der Abtransport des Autos (als Ganzes oder zerlegt) mit dem Lkw. Aufgrund der häufigen Fehlalarme von Alarmanlagen in Autos reagieren viele Menschen gar nicht erst, wenn so eine Alarmanlage in ihrer Nähe loslegt. Das soll schon dazu geführt haben, dass Diebe mit dem Abschlepp-LKW ein Auto samt lärmender Alarmanlage huckepack genommen haben und damit davon gefahren sind. Ungestört. So schützen Sie sich vor Auto-Dieben

©Waeco
Alarmanlagen nachrüsten In Verbindung mit der obligatorischen Wegfahrsperre lassen sich moderne Fahrzeuge ohne allzu große Investition mit elektronischen Alarmanlagen nachrüsten, die es in der einfachsten Form bereits ab 50 Euro zu kaufen gibt. Dabei werden verschiedene neuralgische Punkte wie etwa Türen, Heckklappe, Motorhaube, Zündung oder Batterie, aber auch Neigung und Bewegungen des Fahrzeugs mittels Sensoren überwacht, die bei Auffälligkeiten optische und akustische Warnsignale auslösen: gleichmäßige Huptöne sowie regelmäßige Blinksignale der Scheinwerfer und Blinkleuchten.
Pfiffiges IT- und Technikzubehör für Autos Aufwändigere Alarmanlagen verwenden Ultraschallsensoren, die den Fahrzeuginnenraum überwachen oder sogar über einen SMS-Alarmservice verfügen, der verdächtige Vorgänge per Handy an den Besitzer und/oder entsprechende Vertragsorganisationen meldet, die Sofortmaßnahmen einleiten können. Die Nachrüstung mit solch komplexen Alarmanlagen kann Kosten von um die 500 Euro verursachen. Stromversorgung unterbrechen Eine weitere Option sind Systeme, die auf der Basis der Sensorsignale die Stromversorgung des Fahrzeugs lahm legen. Sie sind mit der Batterie verbunden und werden per Fernbedienung oder Handschalter aktiviert. Die meist zwischen Batterie und Kabel integrierten Geräte sind mit Sicherheitsschrauben an der Batterie befestigt, so dass sie sich nicht ohne fatale Konsequenzen für die Batterie entfernen lassen. Investition: mindestens 100 Euro.
Gratis-PC-WELT-Newsletter Auto & Technik abonnieren Nicht nur die Strom-, auch die Benzinversorgung lässt sich unterbrechen. Dazu gibt es recht einfache Vorrichtungen, etwa ein Relais, das in die Stromleitung zur Benzinpumpe integriert und über einen versteckten Schalter aktiviert wird. Die Luft rauslassen Einen gewissen Hämefaktor gegenüber dem Dieb bietet der „Ventilwächter“, der direkt auf das Radventil aufgesetzt wird. Die Vorrichtung für ca. 40 Euro lässt die Luft aus dem Reifen, sobald sich das Auto in Bewegung setzt. Nach rund einem halben Kilometer ist der Dieb zwar nicht am Ziel, aber am Ende seiner Reise angekommen. Allerdings darf der Besitzer nach Rückkehr zum PKW nicht vergessen, den Wächter wieder zu entfernen… Autoglas-Schutzfolien Da es Diebe häufig auf Gegenstände im Auto abgesehen haben und dazu die Fenster einschlagen, bieten einige Hersteller Autoglas-Schutzfolien an (je nach Größe ab zirka 20 Euro), die an Seiten- und Heckscheiben angebracht werden können. Sie verzögern zumindest den Einbruch und können so manchen Gelegenheitsdieb zum Abbruch seiner Bemühungen bringen.

Lenkradkralle Zu den mechanischen Diebstahlsicherungen gehört vor allem die so genannte Lenkradkralle, eine Strebe, die so angebracht wird, dass sich das Lenkrad nicht mehr drehen lässt, etwa weil es gegen die Seitentür stößt oder weil es eine feste Verbindung mit dem Bremspedal eingeht. Zwar sind dafür nur zwischen 20 und 50 Euro zu berappen, allerdings lassen sich die Krallen mit entsprechenden Werkzeugen (Bolzenschneider etc.) überwinden, so dass eine Verbindung mit einer Alarmanlage ratsam ist. Parkkralle Rund doppelt so teurer ist die „Parkkralle“, die aus Streben besteht, die an der Felge des Fahrzeugs (mit einem Schloss gesichert) angebracht werden. Sie blockiert die Räder und fungiert so als mechanische Wegfahrsperre. Mechanische Schaltsperren Daneben gibt es abschließbare mechanische Schaltsperren für den Gangschaltungs- oder Automatikhebel, oft auch als Bear-Lock bezeichnet. Sie sind für 300 bis 400 Euro zu haben. Manfred Göth sieht die Menge an mechanischen Sperren vor allem bei Fahrten ins Ausland als sinnvoll an: „In Ländern mit vielen Gelegenheitsdieben entfalten sie eine Abschreckungswirkung. In Deutschland würde ich allerdings nicht mehrere hundert Euro für eine Sperre der Gangschaltung ausgeben. Ausnahme sind Oldtimer, die kaum über Elektronik verfügen. Da können mechanische Sperren Sinn machen.“ Speziell einen Oldtimer kann man mitunter aber auch mit wenigen Handgriffen fahruntürchtig machen – ohne dass ein Dieb sofort den Grund entdeckt. Indem man beispielsweise nach dem Abstellen des Fahrzeugs den Verteilerfinger ausbaut und mitnimmt. Und den Verteilerdeckel danach natürlich wieder korrekt befestigt und die Motorhaube abschließt. Ist das Fahrzeug tatsächlich erfolgreich geknackt und der Dieb flott unterwegs, helfen zahlreiche auch nachrüstbare GPS-basierte Ortungssysteme (GPS-Tracker), die es in fest installierten und mobilen Varianten gibt. Über einen Empfänger im Fahrzeug kann der jeweilige Standort ermittelt und an den Besitzer oder eine Alarmzentrale weitergeleitet werden. Entsprechende Service-Anbieter arbeiten teilweise bereits europaweit mit den Polizeibehörden zusammen und bieten unterschiedliche Dienstelevel an. Allerdings ist das Ganze nicht gerade billig: Die Investitionen für das Gerät liegen um die 1000 Euro, hinzu kommen monatliche Gebühren, die bei den Providern unterschiedlich gestaffelt sind, wobei zirka 10 Euro eine Richtgröße für den Basisdienst darstellt. Verschiedene Ortungssysteme verfügen auch über eine Funktion zur Fernabschaltung des Fahrzeugs beim nächsten Stopp oder eine SMS-gesteuerte Anlasserunterbrechung per Relais. Auch immer mehr Smartphones verfügen über Apps für ein GPS-Tracking. So enthält etwa das iPhone GPS-Empfänger und Neigungssensor und eignet sich daher – versteckt im Auto angebracht – als Ortungssystem. In gewissen einstellbaren Intervallen sendet das Handy die Position per SMS an eine vorgegebene Nummer.
Sinn und Unsinn von GPS-Trackern
Die Frage ist allerdings, ob Sie Ihr gestohlenes Fahrzeug mit Hilfe eines GPS-Trackers wirklich wieder zurückbekommen. In Internetforen wird heftig über den Nutzen von GPS-Trackern diskutiert. Denn der GPS-Empfänger muss die Signale des GPS-Satelliten zuverlässig empfangen können, er darf also nicht zu versteckt eingebaut sein. Erfahrene Auto-Diebe dürften den Tracker also schnell aufspüren und zerstören können. Zweitens muss der GPS-Tracker stets mit Strom versorgt werden. Drittens können clevere Auto-Diebe mit einem Störsender/Jammer sowohl das GPS- als auch das GSM-Signal unterbrechen, ohne dass sie konkret wissen müssen, wo genau sich der GPS-Sender befindet. Und viertens reicht das bloße Aufspüren eines gestohlenen PKWs auf einer Karte im Browser ja noch nicht aus: Sie müssen der Polizei diese Informationen auch noch schnell genug zukommen lassen. Geraten begehrte Luxusautos in die Hände professioneller Diebesbanden, so kann alle Liebsmüh’ vergeblich sein: Wer das Auto in einem Transporter mit Aluaufbau abtransportiert, hat zunächst wenig zu befürchten. Daher raten erfahrene Fachleute, etwa der ADAC, statt zu einem Sammelsurium von Einzelnachrüstungen viel eher dazu, das Parkverhalten der Bedrohung anzupassen:
* Bewachte Parkplätze und Tiefgaragen sind großen, unübersichtlichen Parkplätzen vorzuziehen, am besten ist die sichere Einzelgarage. * Wertgegenstände nicht sichtbar im Auto liegen lassen. Denn bei Diebstahlschutz ist Köpfchen oft wichtiger als Mechanik und Elektronik.