EuroNCAP hat den Mercedes Citan Kombi (Modell ab 2013) einem Crashtest unterzogen. Der Citan ist ein Hochdachkombi beziehungsweise Kastenwagen – je nach Ausführung (der Crashtest wurde mit dem Hochdachkombi durchgeführt). Technisch basiert er auf dem Renault Kangoo. Der Citan konkurriert als geräumiger Kleintransporter unter anderem mit dem VW Caddy und ist deshalb besonders bei Handwerkern, Lieferanten und Familien beliebt. Also bei Zielgruppen, die viel Stauraum für relativ wenig Geld brauchen (und sich eine teure Alternative wie einen VW Bus/T5 nicht leisten können oder wollen). Insbesondere wenn der Citan Kombi als Familienwagen benutzt wird, spielt die Crashsicherheit eine wichtige Rolle. Umso deprimierender ist das Ergebnis des Crashtestes.
Drei von fünf möglichen Sternen
Denn der Citan erreichte im EuroNCAP-Crashtest gerade einmal drei Sterne von maximal fünf möglichen. Das ist deutlich unter dem Durchschnitt, die Masse der modernen Fahrzeuge schafft fünf Sterne, wie man an den bisherigen Ergebnissen des Jahres 2013 sieht. Mit vier Sternen ist ein Auto schon nicht mehr top, mit drei ist es unterirdisch. In der Regel erzielen nur offensichtliche Billigwagen wie beispielsweise die in Rumänien produzierten Fahrzeuge der Renault-Tochter Dacia 3-Sterne-Wertungen. Doch beim Citan handelt es sich immerhin um einen Mercedes (auch wenn er auf einem Renault basiert), der zu einem Grundpreis ab knapp über 15.000 Euro erhältlich ist.
Der Kangoo hatte nach dem alten NCAP-Crashtestschema vier Sterne erzielt , was aber nicht bedeutet, dass er sicherer als der Citan ist. Denn seitdem hat EuroNCAP die Kriterien verschärft und ein neues Testverfahren eingeführt. Der getestete Citan wiegt 1,46 Tonnen – seine drei Sterne-Wertung kann also nur mit ähnlich schweren Fahrzeugen verglichen werden (+/- 150 kg), wie EuroNCAP betont.
Wie sollte man das Ergebnis interpretieren?
Die 3-Sterne-Wertung von EuroNCAP muss man aber genauer betrachten. Denn sie zeigt nicht einfach nur die Crasheigenschaften eines Fahrzeuges an, sondern bewertet auch moderne Fahrerassistenzsysteme (aktive Sicherheit). Das ist grundsätzlich zwar zu begrüßen, weil Fahrerassistenzsysteme Unfälle verhindern oder zumindest abschwächen können. Doch auf die passive Sicherheit, also auf das Verhalten des Fahrzeuges bei einem Unfall (Verformung der Fahrgastzelle, Energieaufnahme der Knautschzone) haben diese Systeme keinen Einfluss. Ein Gurtwarner oder ein Spurwechselassistent retten keine Leben, wenn es bereits kracht. Deshalb stellte sich die Frage, ob der Citan nicht einfach nur über wenig Sicherheitsassistenten verfügt und deshalb so schlecht bewertet wurde, er aber eigentlich ganz passable Crasheigenschaften besitzen würde.

©EuroNCAP
Schwächen beim Aufprall Schaut man sich diesbezüglich das Testergebnis an, dann sieht man, dass die Fahrgastzelle zumindest stabil bleibt, der Überlebensraum also gewahrt bleibt. Im Brustbereich sowie an den Füßen erreicht der Fahrer jedoch hohe Belastungswerte – schlecht. Harte Strukturen im Armaturenbrett bedrohen den Fahrer und Beifahrer im Brustbereich. Beim Beifahrer sieht das Ergebnis etwas besser aus.
Beim Seitenaufprall mit einem simulierten Auto schlägt sich der Citan wacker, nur beim seitlichen Pfahlaufprall zeigt er im Brust- und Bauchbereich erhebliche Schwächen. Probleme gab es da mit dem seitlichen Kopfairbag. Die Halswirbelsäule ist bei einem Heckaufprall mäßig gut geschützt. Beim Kinderschutz zeigte sich der Citan insgesamt gut. Der Schutz für Fußgänger, die vom Citan angefahren werden, ist weniger gut.
Aktive Sicherheit – hier hapert es Richtig schlecht ist der Citan bei der aktiven Sicherheit, unter anderem wird er kritisiert, weil es nur für den Fahrersitz einen Gurtwarner gibt. Für die Crashsicherheit spielt das nun wirklich keine Rolle. Schon ärgerlicher ist es, dass der Geschwindigkeitsbegrenzer nicht die Anforderungen erfüllt. Aber auch das spielt im Falle eines Crashes keine Rolle mehr (sondern vorher). Alles in allem kann man sagen, dass der Citan bei der passiven Sicherheit nicht gerade spitze ist. Es ist aber auch nicht so, dass er bei einem Frontalzusammenstoß „auseinander fällt“. Wäre der Citan noch nach den alten Testkriterien getestet worden, hätte er vermutlich noch vier Sterne bekommen. Und stünde dann nicht ganz so schlecht da (zum Vergleich: Der Toyota Aygo hat nach dem alten Testverfahren vier Sterne erreicht, nach dem neuen nur noch drei).
Über die plakative Einschätzung des ADAC “Mercedes Citan fällt beim Crashtest durch” kann man unseres Erachtens durchaus diskutieren. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass für ein modernes Auto, insbesondere bei einem Familienwagen fünf Sterne Pflicht sind.