Vierzehn. So viele Tomb-Raider-Spiele gibt es laut Wikipedia bereits für PC und Konsolen. In allen Tomb Raiders spielen Sie die knallharte und schöne Archäologin Lara Croft, die es als waffenbewehrte Actionheldin auch auf die Kino-Leinwand geschafft hat. Tomb Raider ist eine Art weiblicher Indiana Jones mit waghalsigen Kletter-Partien, antiken Rätseln in staubigen Gruften und Schießereien gegen die wilde Fauna und skrupellose Grabräuber – der Spieler schaut Lara Croft dabei aus der Third-Person-Perspektive über die Schulter. Doch im am 5. März erschienenen Spiel Nr. 14, schlicht “Tomb Raider” genannt, bricht der Entwickler mit einer Tradition – zumindest zu Beginn. Lara erschießt Kriminelle und menschenfressende Tiger nicht mehr im Dutzend locker aus der Hüfte. Lara humpelt stattdessen schreiend vor nur einem einzigen bärtigen Bösewicht davon. Sie stürzt, verletzt sich schwer und keucht vor Schmerz. Mehr als einmal entgeht sie nur mit Glück dem Tod. Dabei geht es mitunter ganz schön blutig und unappetitlich zu. So ist das aktuelle Tomb Raider übrigens das erste mit einer USK-18-Freigabe.








Die neue Lara Croft ist 21 Jahre jung und auf dem Expeditionsschiff “Endurance” unterwegs zu ihrem ersten Abenteuer: Das sagenumwobene erste Königreich Japans zu finden – Yamatai. Ein schwerer Sturm wirft die kleine Mannschaft aber auf ein nur scheinbar unbewohntes Eiland. Alles scheint gut, Lara rappelt sich am Strand auf. Sie hört die Stimmen ihrer Freunde und will zu ihnen gehen. Da trifft sie eine Faust brutal ins Gesicht. Die junge Frau kommt übel zugerichtet und mit dem Kopf nach unten von der Decke baumelnd zu sich. Neben ihr schaukeln gefesselte Leichen im muffigen Wind der zugigen Grotte. Panik! Lara schreit vor Angst. Bei der alten Lara Croft wäre das undenkbar gewesen. Doch die Gefühlsregungen sind stets nachvollziehbar. Und sie machen die junge Archäologin menschlicher und interessanter.
Im Laufe des Spiels entwickelt sich Lara von der verängstigten Schiffbrüchigen zur entschlossenen Abenteurerin. Der Wandel vollzieht sich stetig und glaubwürdig. Er spiegelt sich auch in Laras Ausrüstung wieder. Zu Anfang muss ein einfacher Bogen herhalten, um sich Wölfe vom hübschen Hals zu halten. Später findet sich ein Maschinengewehr, das Sie sogar mit einem Granatwerfer aufrüsten dürfen. Tomb-Raider-Veteranen mag die neue Lara vor allem im späteren Spielverlauf etwas zu actionlastig sein. Dann erinnert Tomb Raider mehr als einmal an die Uncharted-Reihe. Der Entwickler Crystal Dynamics wirkt dem Action-Überhang aber gekonnt entgegen, indem er immer wieder sogenannte “Tombs” am Wegesrand einstreut. Diese optionalen Gräber sind gegnerfrei und bestehen aus abwechslungsreichen Rätsel- und Kletterpartien. Am Ende wartet eine gut gefüllte Schatzkiste auf die staunende Lara.
Apropos Ende. Nach einigen harten Kämpfen zwischendurch hatten wir mit einem härteren Brocken im Endkampf gerechnet. Der Bossgegner war dann aber keine große Herausforderung. Erzählerisch ist das Ende durchaus zufriedenstellend. Vom zu leichten Endkampf abgesehen klappt die Spielbalance aber in Tomb Raider sehr gut. Wir waren nur selten unterfordert und mussten nur ganz wenige Stellen mehr als zwei- oder dreimal angehen.
Zu Anfang klagten übrigens einige PC-Spieler mit Geforce-Grafikkarte über Abstürze und häufige Ruckler. Mittlerweile steht ein Patch bereit. Bei unserem Test mit einer Geforce GTX 560 Ti gab es, von zwei Programmabstürzen abgesehen, aber auch ohne Patch keine Probleme.
Fazit: Der Bruch mit der alten Lara ist gelungen. Crystal Dynamics schafft den Spagat einerseits nicht mit einer weinerlichen Hauptfigur zu nerven und andererseits eine menschlichere Lara zu präsentieren. Grafisch reißt Tomb Raider zwar keine Mammutbäume aus, überzeugt aber mit stimmigen Insellandschaften und eindrucksvollen Orten – wie dem Schiffsfriedhof. Dort dürfen Sie gleich neben dem Wrack einer portugiesischen Galeere einen gestrandeten Zerstörer der Dreadnought-Klasse erkunden.