Von Jens Wacker Das Scharfzeichnen eines Fotos macht Details sichtbar, die dem Betrachter so vorher nicht ins Auge gestochen sind. Die Schärfewirkung beim Betrachter entsteht durch eine Kontrastanhebung von bereits kontrastreichen Bildregionen. Wie viel oder wie wenig Schärfe ein Foto benötigt, bis es detailreich wirkt, hängt von der jeweiligen Aufnahme ab. Dies alleine schon deshalb, weil die Ausgangsbilder unterschiedlich unscharf beziehungsweise defokussiert sein können.
So funktioniert Schärfe Den Unterschied zwischen scharf und unscharf beurteilt das menschliche Auge anhand des Aufnahmeinhalts. Ein Bild ist nach physikalischen Gesetzen scharf, wenn ein kleiner Punkt der realen Welt auch in der Bilddatei scharf abgebildet wird. Als scharf empfindet ein Betrachter eine Fotoaufnahme allerdings nur dann, wenn es seinen normalen Sehgewohnheiten entspricht und geometrische Bildmerkmale wie Linien und Kanten klare Grenzen haben. Je deutlicher der Unterschied an den Kanten im Foto hervortritt, desto schärfer wirkt das Bild.
Mehr Schärfe Durch Scharfzeichnen wirken Fotos oft frischer und detailreicher. Bei Bildern mit kaum scharfen Kanten oder geringer Durchzeichnung sind Unterschiede zum nicht geschärften Original allerdings weniger stark. Das Schärfen gehört zu den wichtigsten Techniken in der Bildbearbeitung. Photoshop und andere Bildkorrekturprogramme stellen gleich mehrere Schärfeverfahren zur Verfügung: „Konture scharfzeichnen“, „Scharfzeichnen“, „Stark scharfzeichnen“ und „Unscharf maskieren (USM)“. Von den vier Filtern arbeiten drei als Instant-Filter ohne Dialogfenster, über das Sie das Ergebnis beeinflussen könnten. Keiner dieser Filter liefert qualitativ gute Resultate.
Richtig schärfen Empfehlenswertes ist ausschließlich der Filter „Unscharf maskieren“. Nur diese Korrekturfunktion bietet Ihnen die Möglichkeit, gezielt Parameter für den Schärfungsprozess anzugeben, um jedes Bild individuell zu behandeln. Aufgrund seiner übersichtlichen Optionen ist er für die meisten Fotos gut geeignet. Wie intensiv Sie ein Bild schärfen müssen, hängt stark von der visuellen Beurteilung der Bilddatei durch den Fotografen ab.
Das Verbessern der Bildschärfe steht als letzter Schritt bei der Nachbearbeitung an. Ausnahme: Das Grundschärfen mit Camera Raw. Wechseln Sie stets zur 100- Prozent-Ansicht. So sehen Sie einen Bildpunkt exakt auf einem Monitorpixel. Nur die 1:1-Zoomstufe erlaubt eine verlässliche Beurteilung des Qualitätsergebnisses beim Nachschärfen. Und: Suchen Sie sich einen Bereich im Bild aus, an dem Sie die Wirkung der Aktion gut erkennen, etwa Haare oder die Augenpartie.
Mehr Schärfe kann Fotos verschlechtern, wenn Bildfehler deutlich sichtbar werden, die ohne Nachschärfen nicht so stark hervortreten. Die Grenze, ab der es zu einer wahrnehmbaren Verschlechterung der Bildqualität kommt, hängt dabei von den individuellen Bildmerkmalen ab.
Farbverschiebungen: Beim Schärfen kann es entlang der Motivkanten zu Farbverschiebungen kommen. Ursache dafür ist, dass Photoshop die drei Farbkanälen getrennt schärft. Die Resultate aus dem Rot-, Blau- und Grünkanal setzt es wieder zusammen. Abhängig vom Schwellenwert kann es passieren, dass eine Kante etwa im Rot- und Grünkanal nicht geschärft wird, wohl aber im Blaukanal.
Bildrauschen: Schärfen betont das Bildrauschen. Ursächlich ist das Hervorheben der Kanten der verrauschten Pixel. Je größer der beim Schärfen eingestellte Radius ist, desto mehr werden auch Bildfehler durch Rauschen betont. Verhindern können Sie negative Auswirkungen mit dem Schwellenwert des Schärfefilters, der kleine Helligkeitsunterschiede unter einem gewissen Wert ignoriert.
Lichtsaum (Halo): Durch Überschärfen können helle Lichtsäume um die Kanten herum entstehen, die sich nur schwer wegretuschieren lassen. Die Lichtsäume wirken für das menschliche Auge wie Umrandungen und ziehen den Blick des Betrachters magisch an. Treten Halos auf, reduzieren Sie den Radius und die Stärke.

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Grundschärfe herstellen Wenn Sie RAW-Fotos angefertigt haben, legen Sie in Camera Raw zunächst die Grundschärfe der Aufnahme fest. Die Schärfungs-Funktionen des RAW-Moduls stellen eine gute Alternative zu Photoshops „Unscharf maskieren“ dar. Sie steuern die Bildschärfung über die Parameter „Betrag“ und „Radius“: Je schärfer die RAW-Aufnahme von Haus aus ist, umso kleiner kann der Radius ausfallen. Auf die normale Schärfung setzt der Regler „Detail“ auf, der Kontraste in den Bilddetails weiter anhebt. Sein Gegenregler trägt den Namen „Maskieren“ und schützt glattere Bildstellen vor der Detailschärfung. Richtig kombiniert, erzielen diese Regelungen eine sehr gute Bildschärfung ohne Überzeichnung und Artefaktbildung.

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Unscharf maskieren Die besten Schärfungsresultate erzielen Sie in der Regel mit „Filter, Scharfzeichnungsfilter, Unscharf maskieren“. Ziehen Sie den Regler für „Stärke“ in Richtung Mitte. Die Einstellung legt fest, um welchen Tonwert die Kontrastkanten im Foto angehoben werden. Geben Sie zuerst einen niedrigen „Schwellenwert“ an. Damit steuern Sie, wie hoch der Kontrast zweier benachbarter Pixel sein muss, damit sie scharfgezeichnet werden. Bei einem kleinen Wert lösen bereits relativ kleine Kontrastunterschiede eine Scharfzeichnung aus. Falls dabei Bildstörungen verstärkt werden, heben Sie den Wert an. Mit einem höheren Wert schärft Photoshop nur relativ kontrastreiche Konturverläufe. Den „Radius“ setzen Sie zunächst auf einen niedrigen Wert und erhöhen ihn schrittweise. Der Radius legt fest, wie groß der Bereich ist, in dem Photoshop nach Kontrastabweichungen sucht.

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Sind die Bildfarben nach dem unscharf maskieren zu stark gesättigt, wandeln Sie das Bild in den „Lab“-Modus um („Bild, Modus, Lab-Farbe“). In der Kanälepalette erscheinen daraufhin die Kanäle „Helligkeit“, „a“ und „b“. Klicken Sie den Kanal „Helligkeit“ an, und rufen Sie den Filter „Unscharf maskieren“ auf. In diesem Kanal fasst Photoshop die Helligkeitsinfos der Bilddatei zusammen. Wenn Sie in der Kanälepalette das Augen-Symbol vor den einzelnen Kanälen aktivieren, können Sie die Gesamtwirkung kontrollieren. Optimale Werte für Stärke, Radius und Schwellenwert finden Sie durch Ausprobieren heraus. Nachdem Sie das Foto geschärft haben, wechseln Sie über „Bild, Modus, RGB-Farbe“ wieder zurück zum RGB-Modus.

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Selektiv schärfen I Zum Schärfen von Fotos eignet sich auch der Filter „Leuchtende Konturen“. Hierfür rufen Sie in der Kanälepalette den Rot-, Grün- oder Blaukanal auf, je nachdem, welcher davon den größten Kontrast aufweist. Erzeugen Sie eine Kopie des Kanals, indem Sie das Kanal- Icon auf das Symbol „Neuen Kanal erstellen“ ziehen. Klicken Sie die Kopie an, und wählen Sie „Filter, Stilisierungsfilter, Leuchtende Konturen“. Passen Sie die Parameter „Kantenbreite“, „Kantenhelligkeit“ und „Glättung“ an. Bestätigen Sie mit „OK“. Rufen Sie „Bild, Korrekturen, Tontrennung“ auf. Als Anzahl der Stufen geben Sie „5“ ein und klicken auf „OK“. Um harte Übergänge zu vermeiden, wenden Sie den Gaußschen Weichzeichner über „Filter, Weichzeichnungsfilter, Gaußscher Weichzeichner“ mit einer Stärke zwischen „3“ und „10“ Pixeln an. Klicken Sie in der Kanälepalette erst auf den RGB-Kanal und dann mit gedrückter [Strg]-Taste auf den kopierten Kanal. Dadurch übernehmen Sie die Auswahl. Dann schärfen Sie wie gewohnt mit dem Filter „Unscharf maskieren“.
Selektiv schärfen II Ein weiterer Photoshop-Filter lässt sich zum Schärfen von Bildern verwenden. Statt des Filters „Leuchtende Konturen“ wenden Sie diesmal „Filter, Stilisierungsfilter, Konturen finden“ zum Einsatz. Anschließend rufen Sie „Bild, Korrekturen, Tontrennung“ auf und geben als Anzahl an Stufen den Wert „16“ ein. Klicken Sie mit gedrückter [Strg]- Taste auf den kopierten Kanal, und gehen Sie auf „Auswahl, Auswahl umkehren“. Anschließend klicken Sie in der Kanalansicht auf „RGB“. Zum Abschluss schärfen Sie das Bild über „Unscharf maskieren“.
Mit Hochpassfilter schärfen Beim Nachschärfen erzielen Sie auch mit dem Hochpassfilter beachtliche Resultate. Die Schärfewirkung überzeugt vor allem bei Porträts und Makroaufnahmen. Zunächst erstellen Sie mit dem Befehl „Ebene, Ebene duplizieren“ eine Kopie der Hintergrundebene. Anschließend erzeugen Sie eine neue Bildebene und wählen sie aus.
Rufen Sie „Filter, Sonstige Filter, Hochpass“ aus. Ziehen Sie den Schieberegler im Dialogfenster so weit nach links, bis die Farben des Fotos nahezu komplett völlig verblasst sind. Wichtig ist, dass die Konturen deutlich hervortreten. Nach einem Klick auf „OK“ stellen Sie in der Ebenenpalette als Füllmethode für die Ebene „Hartes Licht“ ein. Um die Wirkung der Konturschärfung zu steuern, verringern Sie die Deckkraft der Ebene.