DOS-Spiele für Rechner mit 286er- oder 386er-Prozessor im Real Mode laufen ohne Emulator grundsätzlich nicht auf neueren x86-CPUs, auch wenn ein DOS-Klon wie Free DOS oder virtuelle Maschinen zum Einsatz kommen sollten. Denn das Problem ist nicht nur die Grafikausgabe, die eine VGA-Karte aus dieser Ära erwartet, sowie ein oft vorausgesetzter Soundblaster-kompatibler Soundchip zur Klangausgabe: Der „Real Mode“, in dem die meisten DOS-Spiele laufen, ist unter modernen Betriebssystemen schlicht nicht mehr verfügbar. Und auch die um etliche Faktoren höhere Taktfrequenz der Ausführungszyklen aktueller CPUs lassen alte Spiele viel zu schnell ablaufen oder gleich abstürzen.
Aufwendige Lösungen über virtuelle Maschinen, Wine oder manuelle Aufbauten von DOS-Instanzen mit dem nicht ganz einfachen Emulator Qemu sind aber nicht nötig. Denn es gibt das Open-Source-Projekt Dosbox und damit einen DOS-Emulator speziell für alte Spiele.
In einfacheren Fällen verlangt Dosbox nicht mal eine Anpassung seiner Standardkonfiguration. Dosbox nutzt die Fähigkeiten der Multimedia-Bibliothek SDL (Simple Directmedia Layer), die sich um Grafik- und Soundausgabe sowie Eingabegeräte kümmert.
Übrigens gibt es DOS Box nicht nur für Linux, sondern auch für Windows und Mac-OS X. Ob ein bestimmtes DOS-Spiel im Emulator läuft, weiß eine alphabetische, durchsuchbare Übersicht unter https://dosbox.sourceforge.net/comp_list.php .
Ein Emulator meldet sich zurück
Um ein Haar wäre es um Dosbox geschehen gewesen, denn das Programm ist seinerseits kein neues Programm, sondern stammt aus der Zeit von Windows 2000, als Windows selbst nur noch einen DOS-Kompatibilitäts-Modus anbot, der für Spiele ungeeignet war. Ziemlich früh wurde das Programm dann auf Linux portiert, um dort Umsteiger zwischen Vim, Emacs und dem obligatorischen Kompilieren des Linux-Kernels mit Spieleklassikern bei Laune zu halten. Zwischenzeitlich kam die weitere Entwicklung von Dosbox aber zum Erliegen. Sieben Jahre tat sich nichts mehr und Dosbox geriet in Vergessenheit. Erst letztes Jahr erhielt die Pflege des Dosbox-Quellcodes durch neu entfachtes Interesse an Retrospielen wieder Auftrieb, das vor allem von Youtubern als Hobby entdeckt wurde. Die letzte Version von Dosbox ist die Ausgabe 0.74-3 und der Emulator ist in den Paketquellen nahezu aller aktuellen Linux-Distributionen verfügbar und über den jeweiligen Paketmanager schnell installiert. In Debian/Ubuntu holt der Befehl
sudo apt install dosbox
die Dosbox samt Standardkonfiguration auf das Linux-System.
Einrichtung und Start von Spielen

Der Aufruf von Dosbox öffnet ein Fenster, in dem der Emulator den altbekannten DOS-Prompt anzeigt, allerdings mit dem Laufwerkbuchstaben „Z:“ als Wurzelverzeichnis. Die Dosbox lädt zunächst nur ein US-Tastaturlayout und leidet mit deutschsprachigen Tastaturen unter dem „Kezboard-Syndrom“, das die Eingabe von
keyb gr
heilt. Es handelt sich um kein komplettes DOS, sondern um einen reduzierten Nachbau des Betriebssystems, wobei eingebaute Befehle wie „dir“, „cd“, „copy“, „ren“ und „type“ auch hier funktionieren. Die kleine DOS-Umgebung weiß erst mal nichts vom Dateisystem des Linux-Systems. Zum Einhängen eines Ordners mit DOS-Spielen gibt es deshalb innerhalb der Dosbox den Befehl „mount“:
mount C:/home/user/Games
Dieses macht den Inhalt des Ordners „/home/user/Games“ als Laufwerk „C:“ verfügbar. Mit den altbekannten DOS-Befehlen „c:“ und „cd [Verzeichnis]“ wechselt man dann in den Ordner des DOS-Spiels und startet die dort vorliegende EXE- oder COM-Datei mit der Eingabe des Namens.

Während Dosbox ein Spiel ausführt, bieten sich zwei Tastaturkürzel zur Optimierung der Ausgabe an: Alt-Return skaliert das Fenster auf ein Vollbild, Strg-F11 verlangsamt die Emulation und Strg-F12 beschleunigt sie. Für Spiele mit Mausteuerung ist Strg-F10 wichtig, das den Mauszeiger aus dem Dosbox-Fenster befreit.
Spiele im Real Mode funktionieren meist auf Anhieb mit der Standardkonfiguration, die unter „~/.dosbox/dosbox-0.7.4.conf“ liegt. Anspruchsvollere DOS-Spiele, die schon in den 90er-Jahren den neuen Protected Mode der 386-Prozessoren nutzen, laufen so erst mal nicht. Dazu zählen beispielsweise Ultima 7 und Duke Nukem 3D.
Es handelt sich aber nicht um hoffnungslose Fälle, denn mit der Anpassung der Konfiguration laufen auch diese Titel. Spielefans haben im Wiki von Dosbox eine Menge Beispielkonfigurationen für Spieletitel gesammelt, um solche Programm zum Laufen zu bekommen.
Siehe auch: 2.500 weitere MS-DOS-Spiele im Browser spielbar
Scumm VM: Speziell für Lucasfilm-Spiele
Unter dem Namen „Scumm“ entwickelte Lucasfilm im Jahre 1987 zunächst für das Adventure „Maniac Mansion“ eine eigene Engine, um Spiele dieser Art mit einer damals bahnbrechenden Point&Click-Oberfläche zu versehen. Selbst in späteren Spieleproduktionen wie „Flucht von Monkey Island“ stecken immer noch die Grundlagen dieser Engine. Eine treue Fangemeinde des cleveren Adventures hat dieses System in Form des Open-Source-Projekts Scumm VM nachgebaut. Diese Reimplementierung ist technisch betrachtet ein Interpreter für die Scumm-Ressourcen, die hinter jedem Adventure von Lucasfilm beziehungsweise Lucas Arts stehen. So lassen sich Klassiker wie „Zak McKracken“, „Monkey Island“ oder „Sam and Max“ auch auf Rechnern mit aktuellen Betriebssystemen spielen, obwohl die Originale ursprünglich für MS-DOS entstanden waren.
Scumm VM ist wie Dosbox als Paket mit dem Namen „scummvm“ in allen Linux-Distributionen vertreten und muss nicht kompiliert und manuell eingerichtet werden. Spiele enthält Scumm VM keine, die muss der Anwender schon selbst besitzen. Es gibt aber einige Titel wie „Beneath a Steel Sky“ und „Flight of the Amazon Queen“ als freie Downloads unter https://www.scummvm.org/games . Diese wurden interessierten Anwendern von den ursprünglichen Spielestudios mit freundlicher Genehmigung als Freeware überlassen.
Nach dem Download und Entpacken eines Spiels für Scumm VM muss es mit dem Spieleinterpreter bekanntgemacht werden. Dazu geht man in Scumm VM einfach auf „Spiel hinzufügen“ und wählt im Dateibrowser den Ordner mit den ausgepackten Spieldateien aus. Scumm VM lädt automatisch passende Einstellungen, die sich aber auch manuell ändern lassen. „Laden“ startet das ausgewählte Spiel aus der Bibliothek in einem skalierbaren Fenster.