AMD legt nach den AMD Radeon HD 7700 Grafikkarten ordentlich nach. Nachdem die Oberklasse und die Einsteigerklasse nun abgefertigt sind, kommen die Radeon HD 7870 und 7850 in den Handel, um die Mittelklasse abzudecken. AMD macht den Sack mit den beiden Pitcairne-Grafikkarten zu. Der Claim zum Grafikprozessor lautet “Serious Gaming Starts Here.” (zu deutsch: Ernsthaftes Spielen beginnt hier.) und lässt den Leser denken, dass es sich hierbei um besonders leistungsfähige Spiele-Grafikkarten handelt. Und AMD hat auch überwiegend recht damit, wie der Test zeigt.
Ausstattung der AMD Radeon HD 7870: Neuste Technik wohin das Auge blickt

Die AMD Radeon HD 7870 kommt wie die kleinere Radeon HD 7770 mit einem GPU-Takt von 1 GHz daher. Der Speichertakt beläuft sich dabei auf 1200 MHz (effektiv 4800 MHz) und braucht sich nicht vor der Konkurrenz zu verstecken, da keine andere Referenz-Grafikkarte einen derart hohen Grafikprozessor-Takt aufweisen kann (außer der eingangs erwähnten AMD Radeon HD 7770). Der DDR5-Grafikspeicher ist 2 GB groß und wird von einem 256 Bit großen Interface angesteuert. 1280 verbaute Stream-Prozessoren sollen für gutes Multithreading sorgen. Das sind erst einmal vielversprechende Werte für “ernsthaftes Spielen”. Multimedia-Freunde freuen sich dagegen auch über die zahlreichen Anschlüsse, um dank Eyefinity 2.0 bis zu sechs Monitore anzuschließen, die ihre Video- und Audiosignale parallel empfangen und senden können: zwei Mal Mini-Displayport, einmal DVI und HDMI.

Auf den Chips aus dem 28-Nanometer-Verfahren finden sich weniger Transistoren als noch bei der AMD Radeon HD 7970 : rund 2,8 Milliarden. Danke des neuen Fertigungsprozesses soll die Grafikkarte im typischen Betrieb nur etwa 175 Watt verbrauchen und mit der Zerocore-Technik bei Nicht-Gebrauch nur noch rund 3 Watt.

Wie für die gesamte AMD Radeon HD 7000-Reihe gehören auch zur 7800-Familie alle neuen Features wie Powertune, Zerocore, DirectX 11.1 und PCI-Express 3.0 zur Ausstattung der Mittelklasse-Karten. Mit Powertune lässt sich die AMD Radeon HD 7870 nach Herstellerangaben auf über 1200 MHz übertakten. Dass der höhere Speichertakt auch wirklich etwas bringt, zeigen die Benchmarks weiter unten. Interessant sind auch zwei Algorithmen, die AMD in die Grafikkarten implementiert hat. MLAA 2.0 (Morphological Anti-Aliasing Algorithm) ist eine verbesserte Kantenglättung, die Objekte nicht nur anhand ihrer Pixel glättet. Bei MLAA bestimmt das Pixelmuster an den Objektkanten die Art der Weichzeichnung. Bei Bedarf kann der Anwender die spezielle Kantenglättung nach Belieben ein- oder abschalten. Beispielsweise verwendet die Frostbite Engine 2 (Battlefield 3) die erste Version von MLAA.

Der zweite Algorithmus hört auf den Namen SSAA (Sparse Grid Supersample Anti-Aliasing) und ist schon länger bekannt. Doch AMD macht die spezielle Form der Kantenglättung (nicht nur einzelne Objekte werden geglättet, sondern das gesamte Bild) auch für DirectX 10 und 11 verfügbar – vorher war SSAA nur für DirectX 9 Effekte bestimmt.
Spiele-Leistung der AMD Radeon HD 7870: Dank Übertaktung an die Spitze
In den Spiele-Benchmarks soll sich der hohe Grundtakt des Grafikprozessors besonders gut beweisen können. Und siehe da, AMD behält recht! Unter Battlefield 3 (Ultra-Einstellungen, Full-HD) ergeben sich absolut ruckelfreie 41 Bilder pro Sekunde. Im internen Benchmark von Dirt 3 bescheinigt uns das Ergebnis einen ebenfalls sehr guten Wert von 71 Bilder pro Sekunde. Auch im Strategiespiel Anno 2070 schneidet die Grafikkarte mit flüssigen 60 Bildern in der Sekunde ähnlich beachtlich ab. Damit befindet sich die Karte in Puncto Spiele auf dem selben Leistungs-Niveau wie die Oberklasse-Grafikkarte AMD Radeon HD 7950 ! Ob sich damit AMD aber einen Gefallen getan hat bleibt erst einmal abzuwarten. Gamer dürften sich aber sehr über diese guten Werte freuen.

Überraschenderweise fällt der synthetische DirectX 11-Benchmark des 3D Mark 11 nicht so gut aus. Mit 2071 Punkten ist die Karte um rund 700 Punkte schlechter und unterliegt damit auch der Nvidia-Konkurrenz Geforce GTX 580. Nichtsdestotrotz liefern die Spiele ein gutes Ergebnis ab, aber spezielle DirectX 11-Effekte bekommen der AMD Radeon HD 7870 nicht so gut.
Multimedia-Leistung der AMD Radeon HD 7870: Solide und brauchbare Werte

Die AMD Radeon HD 7870 benötigt für das Transcodieren von einer Minute Full-HD-Material ins iPad-Format mit WMV-Dateien 31 Sekunden, mit H.264-Filmen 48 Sekunden. Damit ist die Grafikkarte kein Ausreißer, sondern leistet gute Arbeit. Die Prozessorauslastung beim Betrachten von 3D-Blu-rays in der Auflösung 1920 x 1080 Pixel hält sich mit nur 5 Prozent ebenfalls in Grenzen. Doch wir testen auch die OpenGL-Leistung mit Cinebench 11.5 und erhalten einen ordentlichen Wert von 78,51 Bilder pro Sekunde. Mit diesem Ergebnis ist die Radeon HD 7870 wieder etwas besser als die Radeon HD 7950.
Ergonomie der AMD Radeon HD 7870: Lauter Lüfter, aber sparsam im Verbrauch

Die Lärmmessungen ergeben kein erfreuliches Bild. Mit 3,4 Sone unter Last lärmt die AMD Radeon HD 7870 deutlich hörbar. Die 0,7 Sone im Leerlauf sind schon viel besser, aber auch keine Meisterleistung des Herstellers. Neues Kühldesign hin oder her, davon bemerken wir rein gar nichts im Test. So auch bei der Temperaturmessung : 36 Grad im Leerlauf sind noch vertretbar, aber 82 Grad unter Volllast sind eindeutig zu viel.

Anders dagegen der Stromverbrauch der Grafikkarte. Im Idle-Betrieb zeigt uns der Strommesser 81 Watt an, unter Last sind es 226 Watt. Da aber der Verbrauch der gesamten Testplattform in die Messung eingeht, ergibt sich eine angenehm sparsame Leistungsaufnahme – sehr schön!
Fazit zur AMD Radeon HD 7870: Sparsamer Rabauke im Turbo-Modus

AMD hat an den richtigen Stellschrauben gedreht und beschert eine gute Gaming-Grafikkarte. Der hohe Prozessortakt liefert eine konstant gute Spiele-Leistung und befindet sich damit auf gleicher Höhe mit der AMD Radeon HD 7950. Auch die Multimedia-Werte stimmen und geben keinen Grund zur Klage. Selbst die Leistungsaufnahme hat der Hersteller verbessert. Einzig die unbefriedigende Kühlleistung und die Lautstärke der laut röhrenden Lüfter stören das Gesamtbild der ansonsten guten Grafikkarte. Die unverbindliche Preisempfehlung von 349 Euro erweist sich aufgrund der hohen Energieeffizienz und der tadellosen Leistung als nicht allzu überteuert. Schließlich kaufen Sie mit einer 7870 auch brandneue Technik die bisher konkurrenzlos ist. Die AMD Radeon HD 7870 ist ab dem 19. März 2012 im Handel. Doch es ist sehr seltsam, dass AMD eine derart leistungsfähige Grafikkarte auf den Markt bringt, die der Radeon HD 7950 in vielen Belangen das Wasser reichen kann und sogar manchmal überbietet. Wieso sollte jemand zur weitaus teureren Oberklasse-Grafikkarte greifen, die mehr Strom verbraucht, aber nicht leistungsfähiger ist? Greifen Sie also lieber zur AMD Radeon HD 7870, wenn Sie Geld sparen wollen. Denn auf Ausstattungsmerkmale oder fehlende Features müssen Sie nicht verzichten.

Die AMD Radeon HD 7850 ist wohl das letzte Glied in der Kette und soll das Mittelklasse-Segment komplettieren. Der Test zeigt, ob der Hersteller sein Ziel erreicht. Und noch viel mehr: Gehört die Mittelklasse nun AMD? Die Radeon HD 7870 hat ihr Können schon unter Beweis gestellt und brilliert mit guter Spiele-Leistung.
Ausstattung der AMD Radeon HD 7850: AMD geht vom Gaspedal runter

Bei der AMD Radeon HD 7850 bleiben viele Dinge im Vergleich zum etwas größeren Bruder gleich. Beispielsweise der mit 1200 MHz getaktete 2 GB große DDR5-Videospeicher und das 256 Bit große Interface. Des Weiteren auch die Videoschnittstellen und die sechs anschließbaren Monitore. Der Hersteller hat stattdessen nur den Prozessortakt auf 860 MHz heruntergeschraubt. Auch bei den Stream-Prozessoren hat AMD Abstriche gemacht: anstatt 1280 sind es nur noch 1024. Aufgrund der geringeren Taktraten soll die Grafikkarte mit 130 Watt (Herstellerangabe) auch weniger Strom verbrauchen. Außerdem verfügt die AMD Radeon HD 7850 auch über alle neuen Techniken ihrer Geschwister.
Spiele- und Multimedia-Leistung der AMD Radeon HD 7850: Große Unterschiede, außer bei Multimedia


Eigentlich hat AMD ja nur den Prozessortakt verändert. Doch die Senkung der Taktrate hat rigorose Folgen. Unter Battlefield 3 ergeben sich nur noch 35 Bilder pro Sekunde, wo die Radeon HD 7870 41 Bilder pro Sekunde geleistet hat. Unter Dirt 3 ist der Abstand dramatischer: 55 anstatt 71 Bilder pro Sekunde. Anno 2070 bildet da keine Ausnahme. Die Radeon HD 7850 erreicht nur knapp ruckelige 34 Bilder pro Sekunde, der große Bruder beachtliche 60 Bilder in der Sekunde. Ähnlich schlecht fällt der Benchmark mit 3D Mark 11 aus: 1653 Punkte sind keine Glanzleistung für eine Mittelklasse-Grafikkarte. Die Multimedia-Leistung der AMD Radeon HD 7850 hingegen deckt sich im Transcodieren und der Prozessorauslastung mit der 7870. Nur im OpenGL-Benchmark von Cinebench 11.5 ergibt sich eine leicht höhere Bildwiederholrate von 78,74 Bilder pro Sekunde.
Ergonomie-Werte der AMD Radeon HD 7850: Laut aber genügsam

In der Lärmmessung muss sich die AMD Radeon HD 7850 die Blöße geben: 0,8 Sone im Leerlauf, laute 3,2 Sone unter Volllast. Damit ist sich erwartungsgemäß auch nicht viel leiser als die Radeon HD 7870. Die Hitzeentwicklung hat die 7850 aber besser im Griff. Unter Last erhitzt die Karte auf 67 Grad, womit sich ein Unterschied von ganzen 15 Grad ergibt. AMD sollte die Übertaktung und Kühlung seiner Referenz-Karten etwas besser anpacken, da der Unterschied doch recht groß ausfällt.

Die Stromaufnahme soll dank der 28-Nanometer-Fertigung genügsamer sein – und so ist es auch bei der AMD Radeon HD 7850. Im Idle-Betrieb saugt die Test-Plattform ebenfalls 81 Watt aus dem Netzteil, unter Last sind es erfreulich geringe 204 Watt. Die Grafikkarte ist damit sehr zurückhaltend, aber die Leistung ist auch nicht die selbe wie bei seinem großen Bruder. Und anstatt zwei 6poligen Anschlüssen begnügt sich die Radeon HD 7850 mit einem 6poligen Anschluss.
Fazit zur AMD Radeon HD 7850: Sparsam in Verbrauch, aber auch in der Leistung

Ein Leistungsmonster ist die AMD Radeon HD 7850 schon einmal nicht. Der geringere Prozessortakt verhindert bessere Ergebnisse in den Spiele-Benchmarks. Denn erst wenn Sie die Grafik-Einstellungen herunterfahren, bekommen Sie Ihr flüssiges Spielerlebnis. Dafür punktet die Grafikkarte mit einer sparsamen Leistungsaufnahme und bleibt auch unter Last cool. AMD setzt für die Radeon HD 7850 eine unverbindliche Preisempfehlung von 249 Euro an. 100 Euro weniger für eine schlechtere Leistung aber bessere Energieeffizienz reichen aber nicht aus. Die Mittelklasse kann AMD mit der 7870 für sich einnehmen, aber nicht mit der 7850.Die Grafikkarte ist ebenfalls ab 19. März 2012 auf dem Markt.