Wenn Ubuntu und Mint auf einigermaßen aktuelle Hardware treffen, sind diese Linux-Distributionen bereits nach der Standardinstallation überzeugend schnell. Mit den nachfolgenden Tipps gewinnen Sie aber optional noch ein spürbares Stück Leistung hinzu.
Ein Hinweis vorab: Einige hier beschriebenen Eingriffe in die „sysctl.conf“, in Systemdienste, Autostarts oder Dateisystemfunktionen bedeuten immer ein gewisses Risiko. Daher sollten Sie hier stets nur eine Maßnahme ausführen und ausreichende Zeit testen. Bei eventuellen Problemen können Sie die Systemänderung im Falle des Falles wieder gezielt rückgängig machen.
Schnelle Spiegelserver einstellen
Sämtliche Systemupdates und Softwareinstallationen verwenden den voreingestellten Spiegelserver, der die Ubuntu-Paketquellen bereitstellt. Je schneller Ihre Internetverbindung ist, desto mehr profitieren Sie von einem richtig schnellen Spiegelserver. Ubuntu & Co. können den geeignetsten deutschen Server selbst ermitteln: Dazu gehen Sie zu „Anwendungen & Aktualisierungen“ (Ubuntu) oder „Anwendungspaketquellen“ (Mint). Die dort vorangestellten Server können Sie anklicken, wonach automatisch die Suche nach einem deutschen Server beginnt, die auch gleich nach Downloadleistung sortiert. Wählen Sie den schnellsten Server (den ersten in der Liste). Beachten Sie aber, dass der Leistungstest eine Momentaufnahme ist, die gelegentliche Kontrolle verdient.
Optimale Treiber finden
Insbesondere bei Grafikkarten und WLAN-Chips können die mitgelieferten Open-Source-Treiber mit Herstellertreibern nicht mithalten. Ubuntu & Co. machen es aber recht einfach, Treiber zu finden und nachzuinstallieren. In den Systemeinstellungen finden Sie einen Punkt „Treiber“ oder „Treiberverwaltung“. Wenn Sie dieses Applet starten, beginnt automatisch eine Treibersuche. Wird ein passender Treiber gefunden, können Sie diesen nachinstallieren. Üblicherweise ist danach ein Neustart notwendig, damit der neue Treiber verwendet wird.
Schnellere Desktopalternativen
Oberflächen wie Gnome oder Budgie sind für ältere Hardware eine erhebliche Last. Größte Speicherersparnis erzielen Sie daher, wenn Sie einen sparsameren Desktop nachinstallieren. Einen guten Kompromiss zwischen Benutzerkomfort und Ressourcenökonomie bietet XFCE. Die Installation der Oberfläche können Sie über das Softwarecenter oder in der Konsole ausführen:
sudo apt install xfce4
Beachten Sie, dass es sich bei diesem Metapaket nur um die Oberfläche handelt, während das größere Metapaket „xubuntu- desktop“ auch das typische Zubehör mitinstalliert. Auf diesen Unterschied ist auch bei anderen Desktops zu achten: „lxqt“ installiert nur die Oberfläche, „ lubuntu- qt-core“ hingegen die komplette LXQT-Umgebung mit Zubehör. Nach erfolgreichem Download melden Sie sich von der gewohnten Umgebung ab. Auf dem Anmeldebildschirm klicken Sie auf das Symbol neben Ihrem Benutzernamen und wählen „Xfce-Sitzung”.

Grafische Effekte reduzieren: Wem der Ersatz der gewohnten Oberfläche zu weit geht, kann die Effekte seines Desktops reduzieren. Die meisten Desktops unterstützen dies: So zeigt etwa Cinnamon (Mint) in den Systemeinstellungen den Punkt „Effekte“, KDE (Kubuntu) unter „Anzeige und Monitor“ den Punkt „Composer“. Hier lassen sich Effekte ganz oder teilweise deaktivieren. Die Ubuntu-Hauptedition mit Gnome lässt sich hingegen nur mit dem Zusatztool Gnome-Tweaks („Allgemein –› Animationen“) reduzieren, und das auch nur pauschal. Wer gezieltere Effektanpassung will, muss das weitere Tool CCSM (Compiz-Config-Settings-Manager) installieren.
Siehe auch: Die 30 besten Tipps für Ubuntu und Linux Mint
Swapping abschalten oder anpassen
Swapping, also das Auslagern länger ungenutzter Speicherseiten vom Arbeitsspeicher auf die Festplatte, ist ein Verfahren, das in die 90er-Jahre zurückgeht, als Speicher notorisch knapp war. Dieser Ansatz ist sinnvoll, solange RAM wertvoll ist: Der frei gewordene schnelle Arbeitsspeicher steht dann wieder für Programme und für den Festplattencache zur Verfügung.
Heute zeigt die Beobachtung der Swapaktivität im Taskmanager oder mit Kommandozeilentools (top, htop, free) meistens, dass keine Auslagerung stattfindet. Bei Rechnern mit acht und 16 GB ist das praktisch der Dauerzustand. Folglich können Sie dort die Swapdatei komplett abschalten. Das ist mit wenigen Handgriffen erledigt: Im laufenden System beenden die Terminalbefehle
sudo swapoff /swapfile
sudo rm /swapfile
die Auslagerung und löschen die Auslagerungsdatei. Zuletzt deaktivieren Sie in der Datei „/etc/fstab“ die Zeile
/swapfile …
durch das Kommentarzeichen „#“. Beachten Sie, dass der Ruhezustand „Bereitschaft“ (Suspend to Ram) weiterhin funktioniert. „Hibernation“ (Suspend to Disk) ist derzeit in den aktuellen Ubuntu-Varianten ohnehin nicht mehr vorgesehen, seit Ubuntu von der Swappartition auf die Swapdatei umgestellt hat.
Ihr System swappt? Wenn der Taskmanager auf älterer Hardware gelegentlich oder gar häufig die Anspruchnahme der Swapdatei anzeigt, sollten Sie dem Kernel das Swapping weiterhin zugestehen. Auch dann gibt es aber Optimierungschancen. Wie aktiv der Kernel auslagert, steuert der Parameter „Swappiness“, dessen aktuellen Wert Sie mittels
cat /proc/sys/vm/swappiness
ermitteln. Unter Ubuntu & Co. voreingestellt ist „60“, der Wert darf aber zwischen 0 und 100 liegen. Je höher der Wert, desto schneller schreibt der Kernel Speicherseiten aus dem RAM in die Swapdatei. Bei niedrigem Wert reagiert der Kernel erst bei ernster Speicherknappheit.

Dennoch lohnt sich die Swappiness-Anpassung nur in extremen Hardwaresituationen: Viel RAM bei langsamer mechanischer Festplatte legen es nahe, das Swappen zu reduzieren – etwa auf „10“. Bei wenig RAM, aber schneller SSD empfiehlt sich hingegen ein hoher Wert –etwa „90“. Um den Wert in der aktuellen Sitzung temporär zu erhöhen und zu testen, verwenden Sie dieses Terminalkommando:
sudo sysctl vm.swappiness=90
Dauerhaft gilt der Swappiness-Wert, wenn Sie die Konfigurationsdatei „sysctl.conf“ mit root-Recht bearbeiten:
sudo nano /etc/sysctl.conf
Vermutlich fehlt der Eintrag „vm.swappiness“ noch – dann fügen Sie folgende Zeile einfach am Ende hinzu:
vm.swappiness=90
Das Systemverhalten lässt auf dem gleichen Weg jederzeit neu einstellen.
Komprimierte Auslagerung mit Zram

Wenn Sie bei guter RAM-Ausstattung das Swapping nicht komplett abschalten wollen, ist Zram eine interessante Alternative zum Swapping. Das Kernel-Modul reserviert einen Teil des Arbeitsspeichers, um dort mehrere RAM-Disks anzulegen, die als komprimierter Auslagerungsspeicher bei Engpässen dienen. Standardmäßig reserviert Zram die Hälfte des Arbeitsspeichers, teilt diesen durch die Anzahl der CPU-Kerne und richtet pro Kern ein Blockgerät ein. Bei einer CPU mit vier Kernen entstehen also vier Swapgeräte „/dev/zram0“, /“dev/ zram1“ et cetera. Der Speicher wird dynamisch vergeben: Solange nichts auszulagern ist, nimmt Zram nichts in Anspruch. Erst wenn Auslagerung nötig wird, geht RAM nach Bedarf vom physikalisch vorhandenen RAM ab. Zram lässt sich mit minimalen Aufwand einrichten:
sudo apt install zram-config
Damit ist das Modul sofort aktiv, wie Sie mit
swapon -s
leicht kontrollieren können. Wir empfehlen Zram als Ersatz für die Auslagerungsdatei auf Rechnern mit guter RAM-Ausstattung. Zram soll aber auch auf Rechnern mit geringem Speicher (Raspberry & Co.) Vorteile bringen. Zram lässt sich durch Deinstallieren des Pakets „zram-config“ wieder abschalten.
Ramdisk als Zwischendepot

16 GB RAM sind auf heutigen Rechnern keine Ausnahme. Für den typischen Einsatz mit Office, Mediaplayer, Bildbearbeitung ist das purer Luxus, mit dem sich aber Sinnvolles anfangen lässt. Wenn Sie einen zentralen Ordner, über den Sie den Datenaustausch inklusive Downloads abwickeln, in eine schnelle Ramdisk verlegen, entstehen mehrere Vorteile: mehr Leistung, Entsorgung beim Herunterfahren, Schonung von SSD/Festplatte, Nutzung des brachliegenden Speichers. Eine Ramdisk ist im Handumdrehen erstellt. Idealerweise liegt dieser Speicher zentral, etwa im Home-Verzeichnis oder gleich am Desktop:
sudo mount -t tmpfs -o size=2000M ramdisk ~/Schreibtisch/Ramdisk
Dieser Befehl genügt, um im Ordner „Ramdisk“ (der existieren muss), Platz für maximal zwei GB Daten zu schaffen. Die angegebene Kapazität wird dynamisch abgezweigt – je nach Bedarf bis zum angegebenen Maximum. Die Ramdisk verbraucht also nur den Speicher, den die enthaltenen Dateien tatsächlich verursachen. Dauerhaft ist eine Ramdisk über die Datei „fstab“ einzurichten:
sudo nano /etc/fstab
Hier fügen Sie die weitere Zeile (Beispiel)
tmpfs /home/ha/Schreibtisch/Ramdisk tmpfs defaults,size=40%,mode=1777 0 0
hinzu (der Mountpfad darf keine Variablen enthalten). Nach dem Speichern starten Sie Linux neu.
Achtung: Der Umgang mit Ramdisk-Daten erfordert kompetente und disziplinierte Nutzer, weil die Daten beim Shutdown gelöscht werden.
Tipp: WLAN-Geschwindigkeit steigern – so geht´s
Festplattenaktivität auf Ext4 reduzieren

Das Dateisystem Ext4 (ähnlich Ext3) bietet für Partitionen und Festplatten viele Detailoptionen über den Befehl tune2fs, die zum Teil mit eingehängten, zum Teil nur mit ausgehängten Datenträgern funktionieren. Eine Übersicht für eine Festplatte erhalten Sie mit diesem Befehl (Beispiel):
sudo tune2fs -l /dev/sda
Root-Recht ist für tune2fs grundsätzlich erforderlich.
Checks reduzieren: Ein erstes Beispiel, das die Automatismen von Ext4 steuert, reduziert die Datenträgerchecks:
sudo tune2fs -i60 -c100 /dev/sda
Eine Festplattencheck wird danach nur noch alle 60 Tage („-i60“) oder nach 100 eboots („-c100“) erfolgen – je nachdem, welches Ereignis früher erfüllt ist.
Journaling abschalten: Ein weiteres Beispiel ist das Abschalten der Journalingfunktion. Das Journaling dient zur Wiederherstellung von Dateien nach Abstürzen oder Stromausfällen und ist auf der Systempartition wünschenswert. Auf externen USB-Datenträgern oder reinen Datenpartitionen ist diese Funktion nicht ideal, da sie erheblichen Schreibaufwand verursacht:
sudo umount /dev/sdd?
sudo tune2fs -O ^has_journal /dev/sdd
Der erste Schritt ist „umount“, weil das Dateisystem bei dieser Änderung nicht eingehängt sein darf. Der zweite Befehl schaltet das Journaling für das Gerät „/dev/sdd“ ab, wovon Sie sich mit
sudo tune2fs -l /dev/sdd
in der Zeile „Filesystem features“ überzeugen können. Umgekehrt lässt sich das Journaling mit diesem Befehl
sudo tune2fs -O has_journal /dev/sdd
aktivieren.
Journalingmodus ändern: Auch bei Verwendung der Ext-Journaling-Funktion verbleiben mehrere Abstufungen mit hoher bis niedriger Festplattenaktivität: Der Journalmodus schreibt nicht nur die Metadaten, sondern auch die Dateiinhalte. Diese aufwendigste Variante ist nicht Standard, aber mit (Beispiel)
sudo tune2fs -o journal_data /dev/sda
zu erzwingen. Standard ist „journal_data_ ordered“, das nur Metadaten ins Journal aufnimmt. Der schnellste Modus „journal_data_writeback“ wartet erst gar nicht auf vorherige Journalsicherung, sondern schreibt Dateien sofort ins Dateisystem. Dieser Modus lässt sich mit (Beispiel)
sudo tune2fs -o journal_data_writeback /dev/sda
erzwingen. Solche Änderungen gelten ab dem nächsten Neustart.
Dateisystemoption „noatime“: Ext4-formatierte Partitionen speichern bei jeder Datei mehrere Zeitangaben. Erstelldatum und Änderungsdatum werden immer eingetragen (ctime und mtime: Creation und Modification). Optional ist hingegen das Erfassen des letzten Dateizugriffs (atime: Access). Diese Information ist nur dann relevant, wenn Sie mit „find -atime“ nach Zugriffszeiten von Dateiobjekten suchen. Wenn Sie das nie tun, kann die Festplattenaktivität reduziert werden. Es muss für die jeweilige Festplatte nur die Option „relatime“ oder „noatime“ in der „/etc/fstab“ gesetzt werden:
UUID=[…] / ext4 noatime 0 2
In aktuellen Ubuntu-Versionen ist die Option „relatime“ Standard. „relatime“ speichert die letzte Zugriffszeit nur dann, wenn dieser Zugriff vor der letzten Änderung der Datei erfolgte (mtime). Mit „noatime“ speichert das Dateisystem die Zugriffszeit (atime) generell nicht mehr.
Der Vollständigkeit halber: Es gibt auch noch die Option „nodiratime“, die bei Verzeichnissen darauf verzichtet, die Zugriffszeit zu vermerken. Wenn Sie die Aktivität der Festplatte reduzieren möchten, ist „noatime“ aber die weitreichendere Maßnahme.
Systemdienste abschalten

Jedes Linux lädt zahlreiche Systemdienste, die nicht jeder benötigt. Allerdings ist das Abschalten von Systemdiensten eine Wissenschaft für sich. Einblick in die aktiven Dienste auf einem System mit systemd-Daemon (Ubuntu, Mint) erhalten Sie so:
systemctl -a
Die Übersicht zeigt – unter anderem – die aktiven und inaktiven Dienste an. Dass Systemdienste in der Regel keine große Bootbremse darstellen, können Sie auf Ubuntu und Mint mit dem Befehl
systemd-analyze blame
kontrollieren, der die Ladezeiten absteigend (längste bis kürzeste) auflistet. Trotzdem können Sie Dienste abschalten, um Speicher einzusparen:
sudo systemctl stop avahi-daemon.service
sudo systemctl disable avahidaemon.service
Diese Befehle stoppen den angegebenen Dienst und deaktivieren ihn dauerhaft. Mit den Parametern „enable“ und „start“ ist er bei Bedarf wieder zu aktivieren.
Autostarts ausmisten
Desktops wie Gnome, KDE oder Cinnamon laden zahlreiche Programme bei der Desktopanmeldung. Das Abschalten solcher Autostarts spart Speicher und beschleunigt den Desktopstart. Über das Tool „Startprogramme“ können Sie bestehende Autostarts reduzieren. Besonders umfangreich fällt die Funktionalität unter KDE aus, das in den „Systemeinstellungen“ im Bereich „Starten und Beenden“ eine Reihe spezieller Optionen vorhält: So ist der Standard unter „Arbeitsflächen-Sitzung“, der alle Programme der letzten KDE-Nutzung automatisch wiederherstellt, in der Regel überflüssig und durch die Option „Mit leerer Sitzung starten“ zu ersetzen.
Wer rigoros ausmisten will, muss wissen, dass das Tool „Startprogramme“ die meisten systemnahen Komponenten ausblendet. Dafür sorgt die Anweisungszeile „NoDisplay=true“ in der jeweiligen Desktopdatei. Mittels
cd /etc/xdg/autostart/
sudo sed --in-place 's/ NoDisplay=true/ NoDisplay=false/g' *.desktop
können Sie die Anweisung in allen Startern abschalten. Damit werden unter „Startprogramme“ alle Autostarts sichtbar und können deaktiviert oder komplett entfernt werden (die Programme selbst bleiben aber auf dem System). Theoretisch können Sie außer D-Bus, X-Settings-Plugin, Automount und den Sicherheitsdienst alles abschalten.
Protokoll IPv6 abschalten
Das Protokoll IPv6 spielt im Heimnetz in der Regel keine Rolle. Da ältere Router und andere Netzwerkhardware für IPv6-Pakete oft schlechterem Datendurchsatz bieten, kann man IPv6 auch abschalten. Bei Ubuntu & Co. lässt sich IPv6 über Kernel-Parameter steuern, also interaktiv über das Tool sysctl
sudo sysctl net.ipv6.conf.all.disable_ipv6=1
oder dauerhaft über die Konfigurationsdatei „/etc/sysctl.conf“, indem Sie dort mit sudo-Recht die zusätzliche Zeile
net.ipv6.conf.all.disable_ipv6=1
eintragen. Nach einem Neustart ist die Änderung aktiv.
Noch ein Tipp für Systembastler: Der Befehl listet zahlreiche Parameter auf, die man mit dem Tool sysctl oder in der Systemdatei „/etc/sysctl.conf“ manipulieren kann. Unsere Tipps nennen zwei Beispiele – ipv6 an dieser Stelle und den Swappiness-Wert an früherer Stelle.